Hinweise des Tages II

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  1. Italien hat gewählt – wen trifft die Schuld?
  2. Gaspreisdeckel zur Entlastung von Privathaushalten kostet je nach Modell zwischen gut 15 und knapp 37 Milliarden Euro
  3. Für immer zerstört? Betreiber widerspricht: Pipeline-Lecks grundsätzlich reparabel
  4. Windanlagenbauer: Siemens Gamesa will tausende Stellen streichen
  5. Globaler Süden will sich in den Stellvertreterkrieg der NATO gegen Russland nicht hineinziehen lassen: „Dialog und Verhandlungen“
  6. Territoriales Führungskommando – Vorbereitung auf einen Krieg mit Russland?
  7. Erstmals in Legislaturperiode: Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien genehmigt
  8. Deutsches Verhältnis zum Iran: Mit Samthandschuhen
  9. Linke-Politiker Pellmann: „Russland-Sanktionen machen den Osten kaputt“
  10. Linkenpolitikerin übers Wohnen: „Neubau wird die Not nicht lösen“
  11. Macrons Generalangriff
  12. Vergeblich, teuer und blamabel
  13. Dokumenten-Leak der Bundesregierung: Es gibt ihn doch, den großen Plan
  14. Menschenkette zur Befreiung von Julian Assange

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Italien hat gewählt – wen trifft die Schuld?
    Italien hat vergangenen Sonntag in einer Art und Weise gewählt, die alle diejenigen tief erschrecken müsste, die noch einen Hauch von Verantwortung für Europa in sich spüren. Aber nichts dergleichen kann man in der deutschen Politik oder der Öffentlichkeit beobachten. Man sieht lediglich die eigenen Vorurteile bestätigt und mahnt die italienische Politik reflexartig, endlich auf den von Deutschland schon lange vorgezeichneten Pfad der Tugend einzuschwenken. Dass dieser Wahl in Italien ein langer Prozess von Enttäuschung und Frustration über das Verhalten der wichtigsten europäischen Nachbarn vorausgegangen ist, wird einfach ausgeblendet.
    Italien, das glaubt in Deutschland jeder zu wissen, der schon einmal die Alpen überschritten hat, ist ein schönes Land mit verrotteten Institutionen, beherrscht von der Mafia, durchdrungen von Korruption und ausgestattet mit einem politischen System, bei dem die Verweildauer von Regierung in Monaten und nicht in Jahren gemessen wird. Wirtschaftlich, so geht die Geschichte weiter, ist das Land lange auf dem absteigenden Ast, weil es zu wenig spart und investiert und deswegen an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den erfolgreichen nördlichen Ländern verloren hat. Der Euro, so die immer wieder gern erzählte Schauergeschichte, ist zu stark für die Italiener und zu schwach für die Deutschen, aber Italien liebt die europäische Union, weil sie dem Land immer wieder – nach Corona ganz besonders – unter die Arme greift und ihm damit aus der selbst verschuldeten Patsche hilft.
    Das Schöne an solchen Geschichten ist, dass sie nicht nur das eigene Ego befriedigen, sondern auch die eigene Rolle nur im besten Licht erscheinen lassen. Dass es negative Rückwirkungen des eigenen Tuns auf die Nachbarn geben könnte, kann man getrost ausschließen, wenn von vorneherein feststeht, dass der Nachbar einfach unfähig ist, seine eigenen Verhältnisse in angemessener Weise in Ordnung zu bringen.
    Quelle: Relevante Ökonomik
  2. Gaspreisdeckel zur Entlastung von Privathaushalten kostet je nach Modell zwischen gut 15 und knapp 37 Milliarden Euro
    Ein Gaspreisdeckel für den Grundverbrauch der deutschen Privathaushalte kostet den Staat je nach Ausgestaltung zwischen 15,6 Milliarden Euro und 36,5 Milliarden Euro für das Jahr 2023. Am günstigsten wäre ein Gaspreisdeckel, bei dem ein subventionierter Grundverbrauch abhängig von der Zahl der Personen im Haushalt gewährt wird. Bei diesem Modell würde die Entlastung faktisch relativ stark fokussiert auf Haushalte mit kleinen Wohnungen und/oder niedrigem Gasverbrauch im Verhältnis zur Personenzahl und entsprechend niedrigeren Heizkosten. Ab einer mittleren Wohnungsfläche pro Person fiele der Anteil an der aktuell drastischen Gaspreissteigerung, den die staatliche Subventionierung abfängt, entsprechend geringer aus. Knapp doppelt so teuer wäre ein Gaspreisdeckel, der als Referenz den Vorjahresverbrauch (beispielsweise 80 Prozent davon) benutzt. In diesem Modell wäre die Entlastungswirkung dann aber absolut und entsprechend auch für Haushalte mit mittleren und größeren Wohnungsflächen und damit hohem Gasverbrauch pro Person deutlich größer. Das ergibt eine neue Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung.
    Quelle: Hans Böckler Stiftung

    dazu: ECHT GERECHT – solidarisch durch die Krise!
    Die Preise steigen und steigen. Als Reaktion hat der Bund bereits einige Entlastungen beschlossen – neu ist die Ankündigung einer Gas- und Strompreisbremse. Dafür haben sich vor allem die Gewerkschaften eingesetzt. Es braucht allerdings noch weitere flankierende Maßnahmen auf allen Ebenen. Das #schlaglicht 32/2022 aus Niedersachsen präsentiert konkrete Vorschläge. […]
    Wichtigster Punkt ist ein Energiepreisdeckel, der bisher nur in Teilen in Aussicht gestellt wurde. Nun greift die Bundesregierung diesen Vorschlag auf und will neben einer Strom- auch eine Gaspreisbremse zeitnah einführen. Zusammen sind für beide Instrumente bis zu 200 Mrd. Euro veranschlagt. Ein sehr gutes Signal. Die Umsetzung muss schnellstens erfolgen, jeder Tag zählt! Inzwischen sollte eine zweite Energiepreispauschale von 500 Euro pro Erwachsenen (+100 Euro je Kind) als erste Hilfe auf den Weg gebracht werden.
    Gleichzeitig ist eine faire Lastenverteilung geboten. Das Steuersystem ist in Teilen nicht gerecht, weil es hohe Einkommen, Unternehmensgewinne und Vermögen begünstigt. Um die Einnahmen für Investitionen zu steigern, die Krisenkosten zu kompensieren und um für mehr Gerechtigkeit zu sorgen, muss die Vermögenssteuer wieder eingeführt werden. Auch eine Übergewinnsteuer und eine einmalige Vermögensabgabe für Superreiche dürfen kein Tabu mehr sein.
    Quelle: DGB Niedersachsen #schlaglicht

  3. Für immer zerstört? Betreiber widerspricht: Pipeline-Lecks grundsätzlich reparabel
    Nach den mutmaßlichen Anschlägen auf Nord Stream 1 und Nord Stream 2 seien die Gasleitungen „für immer zerstört“, heißt es in einem Medienbericht. Ist das wahr oder eher politisch gewollt?
    Die vier Lecks an den Gasleitungen Nord Stream 1 und Nord Stream 2 nahe der dänischen Insel Bornholm dominieren die Medienlandschaft. Die EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen stellt Sanktionen gegen die Schuldigen in Aussicht, und selbst der Nato-Chef Jens Stoltenberg zeigte sich besorgt über den „vorsätzlichen, rücksichtslosen und unverantwortlichen Sabotageakt“.
    Die Spekulationen nehmen kein Ende. Der Tagesspiegel berichtete etwa unter Verweis auf Regierungskreise, dass die beschädigten Stränge bald für immer unbrauchbar werden. Wenn eine große Menge Salzwasser in die Pipelines einläuft, würde das zum Korrodieren der Pipelines führen und die betroffenen Stränge der durch die Ostsee verlaufenden Gasleitungen wären damit „für immer zerstört“. Eine zu vorschnelle Prognose?
    Quelle: Berliner Zeitung
  4. Windanlagenbauer: Siemens Gamesa will tausende Stellen streichen
    Weil das Geschäft schwächelt, will Siemens Gamesa 2900 Arbeitsplätze abbauen. Auch Stellen in Deutschland sind betroffen. […]
    Gamesa ächzt unter hohen Kosten, Materialengpässen und Problemen mit seinen Landturbinen und erwartet für das laufende Geschäftsjahr 2021/22 (per Ende September) Verluste. Dabei hatte der Konzern bereits mehrfach seine Prognose senken müssen.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Wie kann das sein, wo doch der Aufbau erneuerbarer Energieerzeugung so dringend ist, insbesondere in Deutschland bei einer teilweise grünen Regierung?

  5. Globaler Süden will sich in den Stellvertreterkrieg der NATO gegen Russland nicht hineinziehen lassen: „Dialog und Verhandlungen“
    Im Unterschied zum NATO-Westen findet der Appell von UN-Generalsekretär António Guterres im Globalen Süden breites Gehör. Chinas Außenminister Wang Yi rief Russland und die Ukraine vor dem UN-Sicherheitsrat zur Aufnahme von Friedensgesprächen ohne Vorbedingungen auf. „Dialog und Verhandlungen“ seien der einzige Weg, den Konflikt zu beenden, mahnte Wang in der vergangenen Woche im UN-Sicherheitsrat. „Alle Anstrengungen, die zur Lösung der Krise beitragen könnten, sollten unterstützt werden.“ Jede Form von „heißem Krieg oder neuem Kalten Krieg“ müsse verhindert werden. Er forderte alle Beteiligten zur „Zurückhaltung“ auf. Chinas Maxime, die territoriale Integrität aller Länder und die Prinzipien der UN-Charta müssten eingehalten werden, könnte und müsste eigentlich Grundlage sein für die Unterstützung durch eine Außenpolitik, die sich wie die deutsche „wertebasiert“ nennt. Allein, Annalena Baerbock meint weiter, man dürfe mit Russland nicht verhandeln, sondern müsse es „ruinieren“.
    Wie die Volksrepublik China hat auch Indien zu einer Rückkehr an den Verhandlungstisch aufgerufen. Die Auswirkungen des Konflikts in der Ukraine seien auch in entfernten Regionen der Welt zu spüren, betonte Außenminister Subrahmanyam Jaishankar im UN-Sicherheitsrat. Die Nuklearfrage bereite in einer globalisierten Welt dabei besondere Sorgen, warnte er mit Blick auf den Beschuss des AKW Saporischja. Von den Folgen steigender Kosten für Nahrungsmittel, Getreide, Düngemittel, Gas und Öl sowie drohender Knappheiten sei besonders der Globale Süden betroffen. Indiens Spitzendiplomat forderte denn auch nachdrücklich die sofortige Einstellung aller Feindseligkeiten und eine Rückkehr zu Dialog und Diplomatie. Für die Verletzung der Menschenrechte oder des Völkerrechts gebe es keine Rechtfertigung. Wenn es dazu komme, müsse es objektiv und unabhängig untersucht werden. (…)
    Quelle: unsere zeit
  6. Territoriales Führungskommando – Vorbereitung auf einen Krieg mit Russland?
    Mit der Aufstellung des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr am 1. Oktober will Deutschland seine Verteidigungsfähigkeit wieder herstellen. Zentrale Begründung für den Schritt ist der Ukraine-Krieg. Bereitet sich die Bundeswehr auf eine militärische Auseinandersetzung mit Russland vor?
    Am 13. Juni hatte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) zusammen mit Generalinspekteur Eberhard Zorn im sogenannten Tagesbefehl die Aufstellung des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr (TerrFüKdoBw) zum 1. Oktober 2022 angekündigt. Mit dem Pendant zum Einsatzführungskommando werde die nationale Führungsfähigkeit über das gesamte Spektrum „Frieden, Krise, Krieg“ hergestellt, hieß es. Der russische Einmarsch in der Ukraine habe die Notwendigkeit unterstrichen, die Führungsorganisation der Streitkräfte verstärkt auf die Anforderungen der Landes- und Bündnisverteidigung auszurichten. Neben anderen Aufgaben im Inneren werde das TerrFüKdoBw die Aufgaben als „Aufmarsch führendes Kommando“ für nationale Verlegungen gemäß den Planungen der NATO im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung wahrnehmen und verantworte auch den Host Nation Support. Die in der Streitkräftebasis zusammengefassten Enabler, zu denen u.a. mobile logistische Truppen, ABC-Abwehrkräfte und Feldjäger gehören, würden um insgesamt 1900 Dienstposten verstärkt werden.
    Befehlshaber des TerrFüKdoBw für das Inland soll General Carsten Breuer werden. Dieser hatte zuvor den Corona-Krisenstab im Kanzleramt unter Olaf Scholz geleitet. Die zentrale Befehlsstelle in der Berliner Julius-Leber-Kaserne mit ihren 800 Mitarbeitern soll rund um die Uhr besetzt sein. „Sie bewertet offene Quellen, wertet aber auch Informationen aus, die militärisch eingestuft sind, und führt das Ganze in einem territorialen Lagebild zusammen“, erklärte Breuer.
    Quelle: Hintergrund

    dazu: Bundeswehr im Inland: Das neue „Territoriale Führungskommando“
    Quelle: NachDenkSeiten

  7. Erstmals in Legislaturperiode: Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien genehmigt
    Deutsche Rüstungslieferungen nach Saudi-Arabien sind schon länger weitgehend ausgesetzt. Erstmals seit Amtsantritt macht die regierende Ampelkoalition nun von einer Ausnahmeregel Gebrauch – und stimmt dem Export von Ausrüstung und Munition für Kampfjets zu.
    Die Bundesregierung hat trotz eines weitgehenden Exportstopps die Lieferung von Ausrüstung und Munition für Kampfflugzeuge an Saudi-Arabien bewilligt. Das geht aus einem Schreiben von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck an den Wirtschaftsausschuss im Bundestag hervor, wie mehrere Nachrichtenagenturen übereinstimmend berichten. Die Exportgenehmigungen geschehen demnach im Rahmen eines gemeinschaftlichen Programms mit Italien, Spanien und Großbritannien.
    Die regierende Ampelkoalition von SPD, Grünen und FDP macht damit erstmals seit Beginn ihrer Amtszeit Gebrauch von einer Ausnahmeregelung für den Exportstopp an den höchst umstrittenen Kunden Saudi-Arabien. Die Ausrüstung und Munition für Eurofighter und Tornado hat einen Wert von 36 Millionen Euro. Im Rahmen eines europäischen Kooperationsprojekts würden außerdem Ersatzteile für den Airbus A330 MRTT im Wert von 2,8 Millionen Euro geliefert.
    Quelle: tagesschau

    dazu: Passendes Fundstück

    dazu auch: Zu deutschen Waffenexporten in Krisengebiete: Habecks Werte
    „Keine Waffen in Krisengebiete“ – das gehört erklärtermaßen zum Grundverständnis der Bundesrepublik. „Was für ein Unsinn“, meinen Waffenproduzenten und Waffenhändler: „Wohin, wenn nicht in Krisengebiete, sollen Waffen denn sonst geliefert werden?“
    Die Bundesregierung hat schon lange ein Einsehen. Unterm Tisch und entgegen den offiziellen Erklärungen werden Waffenlieferungen immer wieder genehmigt. Zuletzt wurde das publik, als die Regierung eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen („Die Linke“) beantwortete. (…)
    „Keine Waffenlieferungen in Krisengebiete“, einst eine Bastion grüner Rhetorik, muss geschleift werden. Und wer wäre besser geeignet als der Grüne-Politiker Robert Habeck. Keine Waffen in Krisengebiete zu liefern sei falsch, erklärt er uns. Krieg hin oder her – es komme drauf an, an wen wir liefern, es gehe schließlich um „unsere Werte“. Tatsächlich liefern die VAE und Saudi-Arabien Habecks Vision von „unseren Werten“: Diesel und Gas. Vorerst konnte Bundeskanzler Olaf Scholz bei seinem Besuch in Nahost nur kleine Mengen davon sichern, haben doch andere Staaten schon länger Lieferverträge mit diesen Ländern. Aber mit Waffen im Tausch für Gas und Öl, da lässt sich bestimmt was machen. Menschenrechte, Friedensinitiativen oder – Gott behüte! – „Keine Waffen in Krisengebiete“: das klingt wie aus dem letzten Jahrhundert. Heute, im globalen Machtkampf, gilt Realpolitik statt Diplomatie. Wir kaufen Öl und liefern Waffen auch an die Despoten am Golf. Solange sie unsere Despoten sind.
    Quelle: unsere zeit

  8. Deutsches Verhältnis zum Iran: Mit Samthandschuhen
    Außenministerin Annalena Baerbock reagiert auffallend zurückhaltend auf den Tod Mahsa Aminis. Das sendet eine fatale Botschaft an den Iran.
    Es ist die erste feministische Protestbewegung in der iranischen Geschichte. Diese Bewegung wird nun zur Bewährungsprobe für die Außenpolitik von Annalena Baerbock, die sie ausdrücklich auch „feministisch“ nennt. Und die Bewährungsprobe legt offen, was für eine Strategie die Bundesregierung gegenüber dem iranischen Regime gewählt hat. Spoiler: keine gute. […]
    Von der feministischen Außenministerin kam vier lange Tage nach Mahsa Aminis Tod: nichts. Schließlich äußerte sich Baerbock am Rande der UN-Vollversammlung: Sie erklärte, dass die iranischen Frauen „gehört“ werden müssten, und dass sie nur Rechte einforderten, „die allen Menschen zustehen“.
    Das ist richtig. Und doch, mehr als moralisch wertvoll klingende Sätze zum Thema Frauenrechte waren bei Baerbocks Statement nicht dabei. Die einzige Kritik, die sie gegenüber dem Regime äußerte: „Diese Botschaft muss endlich bei allen Verantwortlichen ankommen.“ Dass eine solche laue Botschaft bei einem Regime ankommt, das Femizide staatlich verordnet, ist fraglich. Baerbock verkündete außerdem, dass sie den Fall Mahsa Amini vor den UN-Menschenrechtsrat bringen möchte. Auch das ist nicht mehr als Symbolik. Das Gremium hat weder Sanktionierungsrechte, noch besitzt es eine nennenswerte Autorität.
    Die Bundesregierung ließ verlauten, dass sie „eine rasche und umgehende Untersuchung“ des Tods Mahsa Aminis fordere – was unweigerlich zu der Frage führt: Gibt es in der Bundesregierung eigentlich Menschen, die sich mit dem Iran auskennen? Aufklärung von einem Regime wie dem iranischen zu erwarten, erfordert entweder ein gehöriges Maß an Naivität oder schlicht Unwissen.
    Quelle: taz

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Ernsthaft, jetzt erst fällt der taz auf, dass unsere grüne Außenministerin ihr Handeln keineswegs an Moral, Feminismus oder Völkerrecht orientiert, sondern am blanken Opportunismus, weil Deutschland dringend Öl- und Gaslieferungen aus dem Iran wünscht, nachdem es aus angebliche moralischen und in Wahrheit geostrategischen/transatlantischen Gründen sinnlos und unsinnig Russland sanktioniert hat?

  9. Linke-Politiker Pellmann: „Russland-Sanktionen machen den Osten kaputt“
    Sören Pellmann kritisiert die Politik der Regierung scharf. Er fordert einen „mächtigen Schutzschirm gegen Inflation und Verarmung und eine Korrektur der Sanktionen“. Der Ostbeauftragte der Linksfraktion im Bundestag, Sören Pellmann, hat den Ostbeauftragten der Bundesregierung scharf kritisiert. Der Bericht des Bundesbeauftragten sei „mehr Werbebroschüre als Lagebericht mit harten Fakten“. Wie der Sender n-tv berichtet, kritisierte Pellmann auch die Russland-Sanktionen der Bundesregierung scharf. „Die Energiepreise und die Folgen der Russland-Sanktionen machen den Osten kaputt“, so der Linke-Politiker. Die Ostbilanz der Ampel ein Jahr nach der Wahl sei enttäuschend. Die Ampel-Politik sei zudem ein „Anschlag auf die Fortschritte von 32 Jahren Einheit“. Pellmann fordert einen „mächtigen Schutzschirm gegen Inflation und Verarmung und eine Korrektur der Sanktionen“. Die aktuellen Maßnahmen würden Ostdeutschland mehr schaden als dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Der Bericht des Ostbeauftragten der Bundesregierung, Carsten Schneider, ergab zudem, dass nur noch 39 Prozent der befragten Ostdeutschen zufrieden mit der Demokratie in Deutschland seien. Vor zwei Jahren waren es noch 48 Prozent. Nur 32 Prozent der Befragten im Osten sind der Auffassung, dass Politikerinnen und Politikern „das Wohl unseres Landes wichtig“ sei.
    Quelle: Berliner Zeitung
  10. Linkenpolitikerin übers Wohnen: „Neubau wird die Not nicht lösen“
    Geldwäsche, Steuerprivilegien und ein vergesslicher Staat: Der deutsche Wohnungsmarkt hat einige Probleme. Caren Lay hat Lösungsvorschläge. […]
    Das wünsche ich mir auch für unseren Wohnungsmarkt: Wir brauchen mehr Gemeinwohl statt Profitgier. Die heutige Situation ist einer reichen Gesellschaft überhaupt nicht angemessen. Es betrifft ja nicht nur Obdachlose und Geringverdiener. Selbst Leute aus der Mittelschicht haben heute Angst, aus ihren Wohnungen zu fliegen.
    In Ihrer Analyse der deutschen Wohnungspolitik schreiben Sie an einer Stelle, man könnte Konrad Adenauer heute fast als Sozialisten bezeichnen. Wieso das?
    Das war auch für mich überraschend! Der Wohnungsmarkt war in den 1950er bis in die 1960er Jahre sehr stark reguliert. Und in ausgewählten Städten, in Hamburg bis in die 70er, in Westberlin bis in die Achtzigerjahre, gab es eigentlich das, was die Bewegung heute fordert: einen Mietenstopp oder Deckel für Altbauten. Wenn das heute jemand will, wird das gleich als linksradikal abgetan. Aber: Das ist kein sozialistisches Hexenwerk, das hat es alles schon mal gegeben.
    Warum konnte Immobilienspekulation zu so einem großen Problem werden?
    Seit Mitte der 1960er Jahre wurde der Wohnungsmarkt peu à peu dem Markt überlassen. Das war ein schwerer politischer Fehler. Dazu kam die Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit, was im Interesse der privaten Wohnungswirtschaft erfolgte und auch den Rückgang im sozialen Wohnungsbau zur Folge hatte. Was aber viele nicht auf dem Schirm haben, sind die Steuerreformen unter Gerhard Schröder. Die haben erst dazu geführt, dass große internationale Fonds den deutschen Wohnungsmarkt geentert und in großem Maßstab Wohnungen der Kommunen aufgekauft haben.
    Dass Investoren in den deutschen Wohnungsmarkt drängten, geht auf das Konto von Schröder. Der Verkauf der landeseigenen GSW in Berlin ist unter Rot-Rot passiert – ausgerechnet Parteien des linken Spektrums.
    Genau. Eine rot-grüne Regierung hat die großen Konzerne auf den deutschen Immobilienmarkt eingeladen. Und die spektakulärsten Privatisierungen der Republik, in Dresden war es damals die Gagfah, in Berlin die GSW, sind mit Zustimmung der PDS passiert. Bei der Privatisierung der GSW hat die PDS damals geschlossen die Hand gehoben. Es gab keinen Widerstand im Parlament.
    Quelle: taz

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Schöner Abriss der Geschichte der zunehmenden Vermarktung des Wohnens, von Kohl über Schröder zu Merkel, und auch die schlimme Rolle der PDS beim Verkauf der kommunalen Wohnungen in Berlin und Dresden wird nicht unter den Teppich gekehrt.

  11. Macrons Generalangriff
    Frankreichs Präsident will »Rentenreform« durchboxen. Gewerkschaften reagieren mit landesweiten Streiks.
    Frankreich steht ein »heißer Herbst« bevor. Denn Präsident Emmanuel Macron holt zum Generalangriff gegen die Interessen der Lohnabhängigen aus. Höchste Priorität hat für ihn dabei, die »Rentenreform« durchzusetzen, die er während seines ersten Mandats (2017–2022) aufgrund des Drucks von der Straße noch aufgegeben hatte. Gegen Macrons Vorhaben fand nun am Donnerstag ein landesweiter Streiktag statt, zu dem die Gewerkschaften CGT, FSU und Solidaires aufgerufen hatten. Auch die Schüler- und Studentenorganisationen UNEF, FIDL, MNL, Voix lycéenne beteiligten sich an den Protesten. In mehr als 200 Städten fanden Demonstrationen statt, in Paris beteiligten sich mehrere tausend Menschen an der zentralen Kundgebung. »Wir rufen zur Mobilisierung und zu Demonstrationen auf, um zu sagen, dass wir höhere Löhne und nicht ein höheres Renteneintrittsalter wollen«, sagte Boris Plazzi am Donnerstag gegenüber jW. Der CGT-Gewerkschaftssekretär erklärte, die sozialen Ungleichheiten im Land würden immer größer. »Die Inflation betrug im vergangenen Jahr 6,8 Prozent und könnte bis Ende des Jahres auf zehn Prozent ansteigen«, so Plazzi. Laut Zahlen des Arbeitsministeriums habe das je nach Berufsgruppe zu Reallohnverlusten zwischen zwei und vier Prozent geführt. »Während die Preise in die Höhe schnellen und Beschäftigte, Rentner und Erwerbslose verarmen, explodieren die Vermögen der Reichsten«, bemerkte er weiter an. Tatsächlich sind in Frankreich die an Aktionäre gezahlten Dividenden innerhalb eines Jahres um 32,7 Prozent gestiegen, und die Gewinne der 40 größten börsennotierten Unternehmen belaufen sich im ersten Halbjahr 2022 auf 72,8 Milliarden Euro – 53 Prozent mehr als noch im ersten Halbjahr 2019. Steuererhöhungen für Reiche lehnt Macron trotzdem entschlossen ab. Um öffentliche Ausgaben in den kommenden Jahren zu finanzieren, zählt der Präsident tatsächlich auf die »Rentenreform«. Diese dient laut Regierung nämlich neuerdings nicht mehr dazu – wie noch vor wenigen Monaten propagiert wurde –, ein Defizit in der Rentenkasse zu begleichen. Denn laut Jahresbericht des von der Regierung eingesetzten »Rentenorientierungsrats« hat das Rentensystem im Jahr 2021 zum ersten Mal seit der Krise 2008 einen Überschuss von 900 Millionen Euro erzielt, in diesem Jahr wird demnach sogar ein Plus von 3,2 Milliarden Euro erwartet.
    Quelle: junge Welt
  12. Vergeblich, teuer und blamabel
    Das BVerfG beantwortete Fragen einer Bild-Journalistin nicht. Die klagte daraufhin erfolgreich. Statt sich vor Gericht selbst zu vertreten, mandatierte das BVerfG teure Anwälte zulasten des Steuerzahlers und zulasten der Pressefreiheit.
    “Ich verweise auf die bisherige Korrespondenz” musste BILD-Reporterin Lydia Rosenfelder vom Pressesprecher des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) immer wieder lesen, als sie Fragen zu Hintergründen des gemeinsamen Abendessens von Verfassungsrichtern mit Angela Merkel und Ministern stellte. Dabei wurden ihre Fragen in der vorherigen Korrespondenz gar nicht beantwortetet. Schließlich klagte sie vor dem Verwaltungsgericht (VG) Karlsruhe – und plötzlich wurden die Fragen beantwortet, so dass der Rechtsstreit erledigt war. Doch in der Kostenentscheidung hielt das VG fest, dass das BVerfG, dessen Verwaltungsleitung letztlich vom Gerichtspräsidenten Stephan Harbarth verantwortet wird, Rosenfelder zu Unrecht die presserechtliche Auskunft verwehrt hatte.
    Jetzt wurde durch einen Bericht der FAZ öffentlich, was das BVerfG für seine Rechtsverteidigung in diesem Fall ausgegeben hat, nämlich 33.528,26 Euro. Herausgekommen ist die Summe durch eine Antwort des BVerfG auf eine Bürgeranfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG). Gegenüber der FAZ begründet das BVerfG die Höhe der Summe mit der “herausragenden Expertise” der Kanzlei und der “Eilbedürftigkeit einer Reaktion”.
    Quelle: LTO
  13. Dokumenten-Leak der Bundesregierung: Es gibt ihn doch, den großen Plan
    Ein von einem Whistleblower den “NachDenkSeiten” zugespieltes Dokument der Bundesregierung zeigt in erschreckendem Maße, wie planvoll diese bei der Erzeugung von Meinungsmache vorgeht. Die Frage, ob Politik und Medien aus reiner Überzeugung in gleicher Weise agieren, oder ob es sich um gezielte Propaganda handelt, ist damit beantwortet.
    Das Papier mit dem griffigen Titel “Laufende Aktivitäten der Ressorts und Behörden gegen Desinformation im Zusammenhang mit RUS Krieg gegen UKR” müsste ein Skandal sein, der die Daseinsberechtigung der gesamten Bundesregierung infrage stellen könnte. Denn es offenbart, dass nicht einfach nur auf eine üble Weise Stimmung gegen Russland gemacht werden soll. Vielmehr geht es um eine konzertierte Aktion, die bereits bei der Einflussnahme bei Kindern beginnt und irgendwo mitten in der Gesellschaft endet. Es gibt also faktisch niemanden, der sich der Propaganda entziehen kann.
    Mit dem Wissen über dieses Papier ergibt die – im wahrsten Sinne – gleichgeschaltete Medienberichterstattung einen weiter gefassten Sinn, als bisher bekannt war. Denn es sind nicht mehr nur die Entscheidungen der Chefredaktionen, die zur eklatant eingefärbten Publikation von Berichten mit Russland-Bashing und Russophobie führen. Es ist vielmehr eine Art staatlicher Auftrag, der von den Auftragnehmern brav ausgeführt wird.
    Quelle: Tom J. Wellbrock auf RT DE

    dazu: Dokumenten-Leak: Wie die Bundesregierung an einer „Narrativ-Gleichschaltung“ zum Ukraine-Krieg arbeitet – Teil 1
    Quelle: NachDenkSeiten

  14. Menschenkette zur Befreiung von Julian Assange
    Dem Herausgeber und Verleger von WikiLeaks, Julian Assange, drohen 175 Jahre Haft für die Veröffentlichung wahrheitsgemässer Informationen im öffentlichen Interesse. Nun hat seine Frau Stella Assange in einem Video einen Aufruf gestartet: Am 8. Oktober sollen sich Demonstranten zusammenfinden, einander an den Händen fassen und so das britische Parlament umstellen. Damit sollen sie signalisieren, dass sie sich für eine Befreiung des Whistleblowers einsetzen.
    Quelle: Free the Words

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