Hinweise des Tages

Jens Berger
Ein Artikel von:

Heute unter anderem zu folgenden Themen: Atomkatastrophe in Japan; Teure Bürgschaft; Paul Krugman – Bildung ist nicht alles; Empört Euch!; Die Armut verschiebt sich an den Rand; Konjunkturboom: Schwarz-Gelb will Rentenbeitrag 2012 kappen; Vorsorge: Riester oder Rürup? Geförderte Altersvorsorge im Vergleich; Rentenpolitik: Experte fordert Umkehr; Millionendeal mit Maschmeyer – Grüne fordern Auskunft von Gerhard Schröder; Deutschland verdoppelt Waffenexport; Ethanol in Brasilien: Subvention von Sklavenarbeit; Hamburg: Schlecht gewirtschaftet; Dissertation von Dr. Saif al-Islam Gaddafi: Seiner Exzellenz Initiative; Arabische Nachbarn marschieren in Bahrain ein (KR/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Atomkatastrophe in Japan
  2. Teure Bürgschaft
  3. Paul Krugman – Bildung ist nicht alles
  4. Empört Euch!
  5. Die Armut verschiebt sich an den Rand
  6. Konjunkturboom: Schwarz-Gelb will Rentenbeitrag 2012 kappen
  7. Vorsorge: Riester oder Rürup? Geförderte Altersvorsorge im Vergleich
  8. Rentenpolitik: Experte fordert Umkehr
  9. Millionendeal mit Maschmeyer – Grüne fordern Auskunft von Gerhard Schröder
  10. Deutschland verdoppelt Waffenexport
  11. Ethanol in Brasilien: Subvention von Sklavenarbeit
  12. Hamburg: Schlecht gewirtschaftet
  13. Dissertation von Dr. Saif al-Islam Gaddafi: Seiner Exzellenz Initiative
  14. Arabische Nachbarn marschieren in Bahrain ein

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Atomkatastrophe in Japan
    1. Merkels Versuch einer Regierungszeitverlängerung
      Die Kanzlerin vollzieht aus Sorge um Verlust ihrer Wähler eine urplötzliche Wende in der Atompolitik. Dahinter steckt blanker Populismus – und Selbstbetrug.
      Wenn die Kanzlerin daher nur vier Tage nach dem Erdbeben in Japan die Laufzeitverlängerung deutscher Atomkraftwerke vorläufig stoppt, ist das ein klares Signal: Die Lage ist dramatisch, nicht nur in Japan, sondern auch beim deutschen Wahlvolk, die Bundesregierung fürchtet die Angst ihrer Wähler vor der Atomkatastrophe.
      Die Hauruckaktion eines Atom-Moratoriums allerdings ist blanker Populismus und in sich unlogisch. Entweder waren die deutschen Atomanlagen schon bisher so sicher, wie die Bundesregierung immer behauptet hat, dann gibt es auch keine Veranlassung, jetzt den Kurs zu ändern. Oder die Standards waren schon vorher nicht auf extreme Ereignisse ausgelegt, und Schwarz-Gelb hat diese Tatsache vor nicht einmal sechs Monaten, als es die Laufzeitverlängerung beschloss, mutwillig ignoriert. Dann ist es eine schlechte Regierung. So oder so: Politisch ist das Moratorium keine Lösung, sondern ein Placebo, um zu verhindern, dass die Atomdebatte die wichtige Landtagswahl in Baden-Württemberg vergiftet.
      Quelle: FTD
    2. Können wir von Japan lernen?
      Nach dem Krisentreffen hielt die Kanzlerin eine Ansprache. Es lohnt sich, die Worte „Sicherheit“ und „Unsicherheit“ darin zu zählen. Die Behauptung, dass es bei der Sicherheit keine Kompromisse gebe, war falsch.
      Ob in einem der Atomkraftwerke in Japan eine Kernschmelze eingetreten ist oder nicht, ob sie noch droht oder nicht – angesichts der dramatischen und traurigen Ereignisse in Japan ist es Zeit für eine nüchterne Betrachtung dazu, wie das Risiko eingeschätzt werden muss und wie wir damit umgehen. Überlegungen, die es Wert sind, in die bevorstehenden heftigen Debatten um die Nutzung der Atomkraft Eingang zu finden.
      Quelle: FAZ

      Leser P.H. schickte uns dazu diese Mitteilung:
      „Ich rege an, folgenden Monitor-Beitrag vom 09.09.2010 noch einmal ins Gedächtnis zu rufen:
      Etikettenschwindel Laufzeitverlängerung. Weniger Sicherheit für Altreaktoren
      Quelle: WDR

      Inhalt:
      Als sicherheitsrelevante Nachrüstmaßnahmen für Altreaktoren, die auf “die lange Bank geschoben werden” werden genannt (ab ca. min 4:48):

      • Vergrößerung der Flutbehälter
      • Trennung redundanter Sicherheitseinrichtungen
      • Austausch von Rohrleitungen

      Zwei Zitate aus dem Beitrag von Wolgang Renneberg (ehemaliger Abteilungsleiter für Reaktorsicherheit im Bundesumweltministerium):

      “Sie [die Rohrleitungen] müssen aus dem bestmöglichen und stabilsten Stahl aufgebaut sein. Das sind sie bei den alten Anlagen aber nicht.”

      “Die alten Anlagen werden weiter betrieben so wie bisher, ganz wesentlich so wie bisher ohne dass die wesentlichen Nachrüstungen durchgeführt werden.”

    3. Studie Fraunhofer: Erneuerbare können Atomkraft ersetzen
      So geht das: Eine aktuelle Studie des Fraunhofer-Institut sagt, dass für Baden-Württemberg Atomkraft durch Erneuerbare Energien ersetzt werden kann. Politik ist nun gefordert.
      Das Land Baden-Württemberg benötigt für die Zukunft einen Energiemix basierend auf Erneuerbaren Energien. Wie dieser aussehen kann, hat nun das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg erarbeitet. “In einem Konzeptpapier für die Landesregierung haben wir einen Energieentwicklungspfad skizziert”, sagt Prof. Dr. Eicke R. Weber, Leiter des Fraunhofer ISE. “Dabei zeigt sich, dass ein starker Ausbau der Erneuerbaren Energien in Baden- Württemberg technisch möglich und wirtschaftlich durchführbar ist”, so Weber.
      Quelle: Glocalist
    4. Japan: Kachelmann twittert Atom-Wetter
      Abseits des monatelangen Prozessierens überrascht Jörg Kachelmann via Twitter mit einer Atom-Wettervorhersage für Japan – einer Prognose auf Basis der meteorologischen Bedingungen im Falle eines Super-GAUs. […]
      So seien die Strahlenwerte rund um das gefährdete Atomkraftwerk Fukushima noch “under survey”. Kachelmann schließt daraus: “‘Under survey’ heißt wohl in diesem Fall: Die Daten sind so, dass wir sie euch nicht zeigen, weil wir nichts mit Eurer Panik anfangen können.” Seine Meinung: Die Regierung zensiert gezielt. Dabei bezieht er sich auf die Daten des Nuclear Safety Technology Centers in Japan.
      Quelle: Meedia

      Anmerkung Jens Berger: Kachelmanns Aussagen zur „Regierungszensur“ sind durchaus brisant. Parallel dazu stellte gestern die Wissenschaftszeitschrift Nature fest, dass es sehr präzise Daten aus dem umfassenden Radioaktivitätsmessungsnetz der Organisation des Vertrags über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBTO) gibt. Diese Daten, die allen Mitgliedsstaaten zur Verfügung stehen, werden allerdings gehütet wie Staatsgeheimnisse.

    5. Atomstaat Japan: Der blinde Glaube an die Technik
      Japan ist das einzige Land, das jemals Angriffe durch Atombomben erlitten hat. Doch trotz dieses nuklearen Traumas hat es dort nie eine Debatte über die Risiken der Kernkraft gegeben. Der blinde Glaube an die Technik aus der Nachkriegszeit hat sich bis heute erhalten – ungebrochen. Bis jetzt.
      Quelle: Süddeutsche Zeitung
  2. Teure Bürgschaft
    Die Euro-Finanzminister haben über die Finanzierung des Rettungsschirms gesprochen – und über den Anteil, den Deutschland beisteuern soll. Die Hilfskredite an Sorgenkinder in Euroland könnten Deutschland 200 Milliarden kosten.
    Quelle: Frankfurter Rundschau
  3. Paul Krugman – Bildung ist nicht alles
    Ein guter Schulabschluss, heißt es, garantiere einen guten Job. Das ist falsch. Der Fortschritt gefährdet auch den Mittelstand.
    Wenn wir eine Gesellschaft mit einer breiten Wohlstandsverteilung wollen, dann ist Bildung nicht die Antwort. Diese Gesellschaft müssen wir direkt aufbauen. Die Verhandlungsposition der Gewerkschaften, die in den vergangenen dreißig Jahren verloren gegangen ist, muss wieder gestärkt werden. So können auch Normalverdiener für gute Löhne kämpfen. Wir müssen jedem Bürger essenzielle Dinge garantieren, vor allem eine Krankenversicherung. Was wir nicht machen können, ist, Arbeitern einfach Studienabschlüsse zu geben. Womöglich sind das nur Papiere für Jobs, die nicht existieren oder schlecht bezahlt werden.
    Quelle: Frankfurter Rundschau
  4. Empört Euch!
    Der Banker und Jurist Dietrich Hoppenstedt fordert bei den Dresdner Reden die Abschaffung der Finanzindustrie.
    Hoppenstedt geriert sich nicht zum Systemkritiker, sondern zum Kritiker der freien Finanzindustrie, die kein Geld mehr zahlt für erbrachte Leistung, sondern es sich leistet, mit Geld zu handeln, beziehungsweise mit Krediten oder nur noch Wetten darauf abschließt, wer sie bedienen kann und wer nicht. Er geißelt die Abkopplung der Finanzindustrie von der realen Wirtschaft. Er widerspricht der These des einstigen BDI-Präsidenten Olaf Henkel, der in seinem Buch „Die Ethik des Erfolgs“ behauptet, eine auf Solidarität und Bindung zu Gemeinwesen zurückgehende Ethik behindere den unternehmerischen Freiheitsdrang.
    Quelle: Sächsische Zeitung
  5. Die Armut verschiebt sich an den Rand
    Soziologe Hartmut Häußermann über das Verschieben der Probleme von Deutschlands Problemkiez Nummer eins zu den “sozialen Ghettos” rund um Berlin.
    Quelle: Der Standard
  6. Konjunkturboom: Schwarz-Gelb will Rentenbeitrag 2012 kappen
    Der Aufschwung hat die Rentenkasse gefüllt, nach SPIEGEL-Informationen können Beitragszahler jetzt auf Entlastung hoffen. Sollte die Wirtschaft weiter boomen, könnte die Abgabenlast weiter sinken.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung des NDS-Lesers J.A.: Statt die in der Tabelle aufgelisteten Armutsrenten endlich auf ein vernünftiges Niveau anzuheben, sollen zugunsten der Unternehmen noch einmal die Sozialanteile der Löhne gesenkt werden. Völlig verrückt, oder eben völlig korrupt.
    Und der SPIEGEL klatscht Beifall, natürlich. Schließlich haben die Arbeitnehmer dann die Möglichkeit, mit noch größeren Anteilen ihres Nettogehalts “privat” vorzusorgen.

  7. Vorsorge: Riester oder Rürup? Geförderte Altersvorsorge im Vergleich
    Wer für das Alter vorsorgen will und einen Berater einschaltet, bekommt oft als Lösung den Abschluss einer Riester- oder Rürup-Rente nahegelegt. Aber wie funktionieren die beiden Modelle eigentlich?
    Quelle: Ihre Vorsorge

    Anmerkung Martin Betzwieser: Autor Oliver Mest ist für die Nachdenkseiten kein Unbekannter. Früher betrieb er die Medienagentur Mest-Media und nun betreibt er das Vorsorgeportal „Optimal absichern“ mit den KooperationspartnernVNR Verlag für die Deutsche Wirtschaft“ und „FinanzHorizonte“. Aufgrund dieser Kooperationen und der zahlreichen Webefenster zu kommerziellen Altersvorsorgeprodukten aller Art könnte man zu der Auffassung kommen, dass es sich hier um eine PR-Plattform zu Gunsten von kommerzieller Altersvorsorge handelt – man muss nicht zu der Auffassung kommen, aber man könnte.

  8. Rentenpolitik: Experte fordert Umkehr
    Für die Rückkehr zu einer Rentenpolitik, bei der die gesetzliche Rente im Alter allein wieder den Lohnersatz sichert, hat sich der Wirtschaftswissenschaftler und Rentenexperte Winfried Schmähl ausgesprochen. Die Behauptung, zu dem im Jahr 2001 eingeleiteten “Paradigmenwechsel” bei der Alterssicherungspolitik gebe es keine Alternative, sei “falsch”, schreibt Schmähl in der kürzlich erschienenen Neuausgabe des “Handbuch der gesetzlichen Rentenversicherung”. Schmähl ist neben dem Präsidenten der Deutschen Rentenversicherung Bund, Herbert Rische (Foto), und dem Jenaer Sozialrechtler Eberhard Eichenhöfer einer der Herausgeber des Handbuchs. Obwohl die meisten Experten den Erhalt der Lohnersatzfunktion durch die gesetzliche Rente seinerzeit als nicht mehr “diskussionswürdig” bezeichnet hätten, sei dieses Ziel auch heute noch “unter realistischen Annahmen weitgehend mit den postulierten Obergrenzen für den Beitragssatz” zu erreichen, behauptet der langjährige Vorsitzende des Sozialbeirats der Bundesregierung. Allerdings müsse zu diesem Zweck die Hinterbliebenenversorgung künftig “aus dem Steueraufkommen und nicht aus den Beitragseinnahmen” bezahlt werden.
    Quelle: Ihre Vorsorge
  9. Millionendeal mit Maschmeyer – Grüne fordern Auskunft von Gerhard Schröder
    Ex-Kanzler Schröder hat dem Finanzindustriellen Maschmeyer die Rechte an seinen Memoiren verkauft – für rund eine Million Euro. Nun verlangen die Grünen Aufklärung: “Das ist keine Privatangelegenheit, sondern von öffentlichem Interesse.”
    Hamburg – Die Zahlung von rund einer Million Euro durch Carsten Maschmeyer an Gerhard Schröder, über die der SPIEGEL vor einer Woche berichtete, sorgt erneut für Empörung. Der finanzpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Gerhard Schick, fordert den Ex-Kanzler auf, die Öffentlichkeit über die Hintergründe dieser Zahlung zu informieren.
    Bisher hatte Schröder über sein Büro lediglich ausrichten lassen, “dass er zu Privatangelegenheiten keine Auskunft gibt”. Dazu sagt nun Schick im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE: “Das ist keine Privatangelegenheit. Wenn ein Bundeskanzler kurz nach dem Ende seiner Amtszeit vom Chef eines Finanzvertriebs eine Million Euro kassiert, dann ist das eine öffentliche Angelegenheit.” Schröder müsse sich dazu erklären. “Der AWD wurde etwa durch die Riesterrente der Regierung Schröder massiv begünstigt, deshalb muss Schröder klar machen, wofür genau er die Million bekommen hat.”
    Es sei nicht recht nachvollziehbar, wieso der Kanzler seine Memoiren nicht direkt an einen Verlag verkauft habe, sondern an seinen Freund Carsten Maschmeyer, sagt der Grünen-Politiker. […]
    Der frühere Leiter der Planungsabteilung im Kanzleramt, Albrecht Müller, fordert in seinem Blog “Nachdenkseiten.de” unterdessen dazu auf, Briefe an Bundespräsident und Maschmeyer-Freund Christian Wulff (CDU) zu schreiben und ihn zu fragen, ob er bereit sei, “seinen Einfluss zu nutzen, damit Maschmeyer mit den vielen 100 Millionen Euro, die er verdient hat”, die Anleger entschädigt.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung AM: Der Link auf unseren letzten Beitrag hier.

  10. Deutschland verdoppelt Waffenexport
    EU-Länder überholen die USA beim Export von Rüstungsgütern. Die meisten Waffen gehen nach Indien. Kriegsschiffe sind der Verkaufsschlager aus Deutschland.
    Die deutschen Rüstungsfirmen machen glänzende Geschäfte mit dem Waffenhandel. Laut einer am Montag veröffentlichten Studie des schwedischen Friedensforschungsinstituts Sipri stieg der Umsatz im internationalen Waffenhandel im Zeitraum 2006 bis 2010 gegenüber dem vorangegangenen Fünfjahreszeitraum um 24 Prozent. Der deutsche Waffenexport allein dagegen sogar um 96 Prozent – also fast eine Verdoppelung. Der Anteil Deutschlands am globalen Waffenmarkt kletterte im fraglichen Zeitraum deshalb auch von 7 auf 11 Prozent.
    Quelle 1: taz
    Quelle 2: SIPRI
  11. Ethanol in Brasilien: Subvention von Sklavenarbeit
    Sklavenähnliche Arbeitsverhältnisse, Verdrängung von Kleinbauern und Ureinwohnern von ihrem Land, Zerstörung wertvoller Ökosysteme durch Monokulturen, Bedrohung von Quellgebieten: Diese und andere Folgen des Ethanolbooms in Brasilien werden von einheimischen Aktivisten, NGOs und Regierungsfunktionären seit vielen Jahren angeprangert. Doch Verbesserungen gibt es kaum, denn die Agrarlobby beherrscht Regierung, Parlament und Medien.
    Quelle: taz

    Anmerkung Orlando Pascheit: Manche mögen einwenden, was geht uns das an. Aber selbst wenn wir wie zurzeit in der EU hohe Zölle auf brasilianischen Agrosprit erheben, beeinflusst der Preis des brasilianischen Agrosprits den Weltmarktpreis, d.h. dass wir sowohl beim Import wie auch beim Export von denen brasilianischen Verhältnissen beeinflusst werden. Grundsätzlich gilt für den gesamten globalen Warenhandel, dass wir keine Konkurrenz zulassen dürfen, die von Dumpinglöhnen, niedrigen Umwelt- und Arbeitsstandards profitieren. Leider knickt die die EU bei den meisten Verhandlungen zu diesem Thema ein, um ihre Waren in diesen Ländern absetzen zu können. Unser Exportkapital interessiert es wenig, dass wir dabei unseren inländischen Produzenten bzw. Arbeitnehmern das Wasser abgraben und uns tendenziell Ländern mit Niedriglöhnen, geringen Umweltstandards und kaum ausgeprägten Arbeiterrechten (Gewerkschaften) anpassen.

    dazu: Biosprit E10: FAO warnt vor Lebensmittelkrise
    Die Welternährungsorganisation FAO fordert die Industriestaaten angesichts einer drohenden Lebensmittelkrise dazu auf, ihre Pläne zu Bio-Kraftstoffen zu überdenken. Länder in Nordafrika und dem nahen Osten decken sich derweil mit großen Mengen Getreide ein.
    Quelle: FR

  12. Hamburg: Schlecht gewirtschaftet
    Der Hamburger Rechnungshof hat dem abgewählten CDU-Senat ein denkbar schlechtes Zeugnis ausgestellt. In einem Sonderbericht zur Haushaltslage stellten die Buchprüfer fest, daß das städtische Vermögen »massiv« abgenommen habe, die Verschuldung »jährlich neue Höchststände« erreiche und Zinsen für »nicht mehr vorhandene Investitionen« gezahlt würden. Der Senat habe die öffentliche Infrastrukur »auf Verschleiß gefahren«. So sei die Sanierung der Straßen »unvermeidbar«, und die Schulen müßten in einem »finanziellen Kraftakt mit Milliardenaufwand« modernisiert werden. Für die Hochschulen zeichne sich Ähnliches ab, befand der Rechungshof in seiner Studie. Um keine laufenden Verluste mehr zu erzeugen, müsse Hamburg sein Budget bis 2014 auf unter zehn Milliarden Euro verringern, lautet der Appell des Sonderberichts. Heute umfaßt der Etat elf Milliarden Euro.
    Grundsätzliche Kritik an der herrschenden Haushaltspolitik kommt im Parlament nur von seiten der Linksfraktion. Deren Finanzexperte Joachim Bischoff hält die Kritik des Rechnungshof an der Budgetführung der vergangenen Jahre für berechtigt. Doch er lehnt die angemahnten Konsequenzen ab. Es gehe nicht darum, den Regeln zur Schuldenbremse nachzukommen und die städtische Kreditaufnahme bis 2020 auf Null zurückzufahren, wie die staatlichen Prüfer es einfordern. Vielmehr sei die Haushaltsmisere auf den gesetzlich verursachten Steuerrückgang durch den Bund und auf teure Prestigeprojekte an der Elbe zurückzuführen, konstatierte Bischoff. Hamburg müsse deshalb im Bundesrat auf höhrere Unternehmenssteuern dringen.
    Quelle: Junge Welt

    Anmerkung Orlando Pascheit: Man darf gespannt sein, was Olaf Scholz aus der reichsten Stadt des Kontinents macht. Ob er den “Kraft”-Akt wagt?

  13. Dissertation von Dr. Saif al-Islam Gaddafi: Seiner Exzellenz Initiative
    Der Reputationsverlust, den der Fall Guttenberg der Universität Bayreuth zufügt, ist minimal im Vergleich mit dem Skandal, in den die internationale Wissenschaftsszene durch den Fall Saif al-Islam Gaddafi geraten ist. Ein erheblich größeres Problem hat die London School of Economics (LSE) mit ihrem Absolventen Saif al-Islam Gaddafi. Und das nicht nur, weil auch in Saif al-Islams Dissertation Plagiate zu finden sind und er, statt an Rücktritt zu denken, derzeit lieber, wie er im Fernsehen ankündigte, »Flüsse voller Blut« durch Libyen fließen lässt. Denn den Gaddafis war es an der LSE offenbar möglich, viel mehr als nur einen Titel einzukaufen. Der Diktatorensohn, der über die »Rolle der Zivilgesellschaft bei der Demokratisierung globaler Regierungsorganisationen« promovierte, stiftete über die »Gaddafi International Charity and Development Foundation« der LSE ein 1,5 Millionen Pfund schweres Forschungsprogramm.
    Dem Guardian zufolge sollte es die »künftigen Herausforderungen Libyens« im »Kontext der Region« zum Thema haben – eine politikwissenschaftliche Expertise, die dem Regime offenbar recht nützlich erschien. Am Projekt beteiligt war der Geografieprofessor George Joffe (University of Cambridge), der daraufhin, wie der Zufall spielt, Saif al-Islam prophetisch zum künftigen Heilsbringer für Demokratie und Menschenrechte in Libyen erklärte. Ungeachtet der Tatsache, dass er mit dieser Einschätzung, die auch etliche andere Wissenschaftler der LSE verbreiteten, etwas daneben lag, wird Joffe derzeit von internationalen Medien gern als Libyen-Experte zitiert.
    Quelle: Jungle World

    Anmerkung Orlando Pascheit: Wer mag, kann hier [PDF – 1.8 MB] Gadaffis jnr. ebenfalls über 400 Seiten starke Doktorarbeit nach lesen und hier verfolgen, ob dieser auch Gutenbergs Plagiatsrekord brechen kann.

  14. Arabische Nachbarn marschieren in Bahrain ein
    Die Nachbarländer des Königreiches Bahrain wollen der schiitischen Revolte nicht länger zuschauen. Soldaten des Golf-Kooperationsrates sollen vor Ort die Herrschaft des sunnitischen Monarchen sichern. Daran sind vor allem die Saudis interessiert.
    Saudi-Arabien und andere Golfstaaten eilen dem von einem Schiiten-Aufstand bedrängten Herrscher von Bahrain zur Hilfe. Etwa 1000 saudi-arabische Soldaten marschierten im Nachbarland eingesetzt. Sie sollen zu einer schnellen Eingreiftruppe des Golf-Kooperationsrats gehören. Zum Golf-Kooperationsrat gehören Bahrain, Saudi-Arabien, Kuwait, Katar, Oman und die Vereinigten Arabischen Emirate.
    Quelle: FTD
  15. Nachtrag zu Fluchtpunkt Griechenland
    Die Regierung Papandreou hat den Konflikt mit der Gruppe von Migranten gelöst, die 44 Tage lang im Hungerstreik waren, um eine Verlängerunung ihrer Aufenthaltserlaubnis zu erzwingen. Am letzten Freitag wurde allen Mitgliedern der fast 300-köpfigen Gruppe eine Aufenthaltsgenehmigung für weitere sechs Monate ausgestellt. Zudem beschloss die Regierung, die Bedingungen für eine Verlängerung generell zu mildern, was den Nachweis von “versicherten” Arbeitstagen betrifft. Angesichts der Tatsache, dass es für Migrantenünftig schwieriger geworden ist, einen legalen Arbeitgeber zu finden, sollen künftiger weniger Tage ausreichen, um den Anspruch auf einen legalen Aufenthalt zu begründen. Die Hungerstreikenden hatten zum Teil schon sechs bis acht Jahre in Kreta gearbeitet, ehe die griechischen Behörden entschieden hatten, sie wegen Verlust ihrer versicherten Arbeit auszuweisen. Am heutigen Montag will die ganze Gruppe – bis auf fünf Männer, die noch zu geschwächt sind – mit dem Schiff nach Kreta zurück fahren.
    Derweil wurde die Regierung von der rechten Opposition scharf kritisiert, weil sie sich als zu “nachgiebig”gezeigt habe. Ein Abgeordneter der rechtsradikalen Partei Laos hatte Papandreou und dem Innenminister Papoutsis am Donnerstag im Parlament vorgeworfen, sich “von 300 Kriminellen erpressen zu lassen”. Die Laos hat nach den neusten Umfragen innerhalb des letzten Monats ihre Zustimmungsquote bei den Wähler von 6 auf 9 Prozent erhöhen können. Und der Laos-Vorstizende Giorgos Karatzaferis hat in der Rangliste der beliebtesten Politiker erstmals alle seine Konkurrenten überholt. Er liegt mit einer Zustimmungsquote von 38 Prozent inzwischen vor Regierungschef Papandreou (34 Prozent) und Oppositionsführer Antonis Samaras von der ND (22 Prozent).

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