Leserbriefe zu Billy Six und zur Jungpolitiker-Glosse
Die Beiträge “Der Fall des Journalisten Billy Six – Ein Vorgang mit vielen Fragezeichen” und “Sind so kleine Hirne – Greise, gefangen in den Körpern von Jungpolitikern” wurden von zahlreichen Lesern kommentiert und zum Fall Billy Six mit weiteren Links versehen. Wegen der Unübersichtlichkeit dieses Vorgangs ist hier wahrscheinlich besondere Skepsis gegenüber aller Berichterstattung geboten. Nicht zu vergessen auch, dass mit Julian Assange ein weiterer Journalist immer noch in London in der Falle sitzt und fast die gesamte Medienlandschaft schweigt zum Schicksal dieses mutigen Kollegen. Interessant, was die behandelten Jungpolitiker hierzu zu sagen hätten oder vielleicht auch nicht… Vielen Dank an die Leser. Zusammengestellt von Moritz Müller.
1. Leserbrief
Hallo Herr Riegel,
ich denke der Grund, warum die vermeintliche Steilvorlage nicht genutzt wurde, ist recht einfach: Glaubwürdigkeit.
In der Realität ist der Mainstream eine Blase, der über die Hälfte der Bevölkerung misstrauen und genau aus diesem Grund ist in den letzte zwei Jahrzehnten eine Gegenöffentlichkeit zu beachtlicher Größe angewachsen. Während sich die Verantwortlichen im Mainstream dieser Tatsache genauestens bewusst sind, tun sie nach außen hin alles Erdenkliche, um sie zu verschleiern. Ziel ist es die restliche Glaubwürdigkeit zu verteidigen und die verbliebenen Schäfchen im Trockenen zu halten. Das ist der Grund, warum Selbstkritik im Mainstream quasi nicht vorkommt und auch Portale wie die NDS, KenFM oder andere quasi nie erwähnt werden und wenn doch dann nur um sie anzugreifen. Die Botschaft, die implizit wie explizit verbreitet wird, lautet: Wir sind super-seriös, wir sind keine Blase, sondern die große, weite Welt und wir sind eine Insel der Vernunft, um uns herum befindet sich ein Meer voller Unvernunft, Fake News und Verschwörungstheorien.
Wenn mit Dennis Yücel ein Kollege in der Türkei zu Unrecht inhaftiert ist, reagieren die Mainstream Journalisten nachvollziehbar: Sie fahren eine Kampagne um politischen Druck zu erzeugen, der helfen könnte, den Kollegen frei zu bekommen. Das hat ja dann auch funktioniert und ist der Grund warum Yücel so viel bekannter ist, als andere zu Unrecht in der Türkei inhaftierte Personen.
Billy Six (ich bin mit ihm weder verwandt noch verschwägert) dürfte von den Damen und Herren Mainstream wohl kaum als Kollege wahrgenommen werden. Ihn trotzdem als Steilvorlage zu verwenden, würde bedeuten, Six zu nationaler Bekanntheit zu verhelfen. Es würde auch bedeuten, die Existenz der Gegenöffentlichkeit permanent erwähnen zu müssen. Ein landesweit bekannter Journalist der für die Junge Freiheit und RT schreibt und etwas ganz anderes zu erzählen hat als der Mainstream? Nein danke. Maduro gibt schon von alleine genug Steilvorlagen für Propaganda, da kann man es sich leisten, eine davon liegen zu lassen.
Viele Grüße
Götz Six
PS: Ich kommentiere häufig bei Zeit Online und kann das Verhalten der Moderatoren dort beobachten. Glauben Sie mir, die eigenen Glaubwürdigkeit steht dort sehr weit oben auf der Agenda.
2. Leserbrief
Hallo Herr Riegel,
ich könnte mir gut vorstellen, warum Herr Six nicht im Zusammenhang mit Venezuela instrumentalisiert wurde. Man muss ja in so einem Fall die Person als Ganzes sehen. Letztendlich weiß man nicht, ob ein Engagement zu seinen Gunsten nicht möglicherweise zu einem Eigentor führt.
Ich selbst kenne von Herrn Six eigentlich nur einen Beitrag und der ist m.E. nicht rechtspopulistisch, ganz im Gegenteil. Six setzt sich darin mit den Recherchen von Correctiv zum Thema “mh17” auseinander und zwar in einer Weise, die dem Narrativ des Westens so gänzlich widerspricht. Das zeigt, wie er denkt und bringt ihn in die Nähe der sogenannten Verschwörungstheoretiker. Das Thema an sich ist letztendlich so brisant wie die Vorgänge um 09/11, wenn auch ein paar Nummern kleiner. Damit reiht sich Six in die Reihe derer ein, die öffentlich keine Bühne mehr geboten bekommen. Könnte es nicht sein, dass hier die Ursache für die Zurückhaltung der Bundesregierung zu suchen ist? Auch bei Psiram ist er ja aus diesem Grund kein unbeschriebenes Blatt.
NuoViso.TV – MH17 – Die Billy Six Story (KOMPLETTER FILM)
Mit freundlichen Grüßen
Björn Ehrlich
3. Leserbrief
Sehr geehrter Tobias Riegel,
als Herr Six inhaftiert wurde und Wochen verstrichen ohne, dass Medien oder die Bundesregierung sich dazuäußerten wunderte ich mich nicht.
Billi Six hat im Fall MH17 Ecken beleuchtet und Decken weggezogen, wie es unserer Regierung (und dem transatlantischen Bündnis) unerwünschter nicht hätte sein können.
Billi Six war in dieser Sache äußerst hartnäckig und hat immer wieder Ungereimtheiten aufgedeckt und deutlich gemacht in welch krimineller Weise da von den (westlichen) Beteiligten vorgegangen wurde!
Billi Six ist somit die andere Seite der Medaillie, denn die eine wurde mit Preisen überhäuft: eine im Comicstil aufgemachte Reportage von Correctiv “die Suche nach der Wahrheit” (Grimme Online Award) die das transatlantische Narrativ bediente und dabei (wie schon gewohnt) wichtige Fakten einfach wegließ oder Fakten verdrehte, oder Zeugenaussagen fälschte. All dies war nicht wichtig, so lange man nur das transatlantische Narrativ bediente.
Billi Six tat das nicht.
Er setzte sich auf die Fährte und wirbelte bei Ungereimtheiten (unerwünschten) Staub auf, er fuhr selbst direkt vor Ort in die Ukraine, fragte nach, entlarvte den einen und den anderen “Fakt” als glatte Lüge und machte sich im Westen – zum Paria.
Ein Putinversteher, einer der auf der falschen Seite steht…
Im Interview sagte Billi übrigens, dass sich keiner in der Regierung für ihn einsetzte außer manche in der Afd.
Das was Hunko da behauptet ist reine Schutzbehauptung. Ja, es haben sich sehr wohl einige Abgeordnete für Billi Six “eingesetzt” aber eben in der Form dass sie KEINE Protestnote schickten geschweige denn seine sofortige Freilassung forderten, sondern lediglich um konsularische Betreuung baten!
Genau in der Form, wie in dem Brief von Außenminister Maas, an Herrn Six, den Vater von Billi, in der er lediglich pro Forma konsularische Betreuung forderte.
Wie das Deutsche Konsulat mit Billi Six in Venezuela umging ist schon kriminell! Eines Rechtsstaates nicht würdig!
Aber natürlich haben die im Konsulat schon Acht gegeben, dass man da nichts nachweisen kann, so steht Aussage gegen Aussage.
Nur eines; ich habe Billi immer als hoch integeren Menschen gekannt, ein Mensch der keine Geschichten erzählt, ein Mensch dem die Wahrheit heilig ist, ein Anliegen! Das treibt ihn in seiner journalistischen Arbeit an!
Journalisten von diesem Format gibt es nicht mehr viele!
Kein Wunder… die Repressionen die einen dann erwarten… dem sind augenscheinlich keinerlei Grenzen mehr gesetzt…
Wir haben es mit Kräften zu tun (in der Politik) die man nicht mehr anders als kriminell bezeichnen kann.
Sehen Sie sich das Interview nach Billi´s Freilassung an. Das ist die Wahrheit! Davon können Sie ausgehen!
Auch wenn es erschreckend ist.
Mich persönlich allerdings, erschreckt in dieser Beziehung nichts mehr.
Ich habe mich von der Illusion befreit, dass das Regime was wir hier haben noch irgend etwas ertferntes mit dem Rechtsstaat zu tun hat wie man ihn noch aus den 80ern oder 90ern kennt.
Mit freundlichen Grüßen
E. Schliemanns
4. Leserbrief
Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Riegel,
zunächst vielen Dank, für die vielen hervorragenden Beiträge auf den NachDenkSeiten!
Auch den o.g. Artikel bzgl. Billy Six habe ich mit großem Interesse gelesen.
Sie stellen sich in ihrem Artikel die berechtigte Frage, „warum die großen Medien und die Bundesregierung die Steilvorlage des Falls Six nicht ergriffen“ hätten.
Auch ich kann diese Frage natürlich nicht sicher beantworten – ich hege allerdings einen Verdacht. Ich vermute, dass verhindert werden soll/sollte, das gesamte Œuvre von Herrn Six ins öffentliche Rampenlicht zu ziehen.
Ich habe bislang lediglich wenige Arbeiten von Herrn Six ausführlich konsumiert und seine Beiträge in „rechtskonservativen“ Medien kenne ich noch gar nicht.
Speziell ein von Ihm gefertigter Film könnte aber meiner Meinung nach bereits genügend Anlass dafür sein, dass die „großen Medien“ und die Bundesregierung am liebsten einen großen Bogen um die Person Six machen würden.
Sein Film „MH-17 – Die Billy Six Story“ (28.09.2016) und ein weiterer Beitrag von Six (13.10.2016), entsprechen nicht der transatlantischen Mainstreamberichterstattung. Im Gegenteil, sie unterstützt die „Russische Propaganda“ bzgl. der Frage nach der Absturzursache von MH-17 in der Ukraine. Dies könnte unter Umständen vielleicht sogar das mögliche Engagement Lawrows bei seiner Freilassung erklären?
Seinerzeit unterfütterten unter anderem die Recherchen von „correct¡v“ und „bell¿ngcat“ die „westliche“ Sicht der Dinge. Zumindest bei Bellingcat, ließ sich bei „kritischen“ Themen bereits mehrfach die politische Position klar ausmachen (Weißhelme, Giftgas in Syrien, MH-17, Skripal, …). Ungewollt (oder doch beabsichtigt?), stellt sich Correctiv mit seiner Verwendung eines Satzzeichens im Eigennamen, zumindest in dieser Hinsicht an die Seite Bellingcats…
Unter meiner E-Mail an Sie, füge ich Ihnen jedenfalls eine ältere E-Mail an, die ich vor ca. einem Jahr an einen Freund schrieb.
Darin finden sich meine damaligen Gedanken über mögliche Zusammenhänge zwischen (1) Correctiv, (2) „Manipulationen“ in der Wikipedia und (3) „Zensur“ von Fake-News im Sozialen Medium „facebook“.
Damals stand die Arbeit Markus Fiedlers (und inzwischen auch Dirk Pohlmanns) über die Wikipedia noch vergleichsweise am Anfang. Mittlerweile ist der Öffentlichkeit durch die beiden noch einiges an Erkenntnis zugänglich geworden.
- [Kommentar Pohlmann: Wikipedia-Manipulationen: Feliks darf nach Gerichtsurteil wieder mit Klarnamen genannt werden]
- [derzeit zwanzig Folgen von „Geschichten aus Wikihausen“ – auf dem YouTube Kanal der Gruppe42]
Da ich selbst sehr wenig auf Facebook unterwegs bin, ist mir noch immer etwas unklar, in wie weit sich Correctiv tatsächlich in die dortigen Bemühungen bzgl. „fake news“ einmischt bzw. verdient macht. Sollten die damaligen Recherchen von Billy Six nicht nur reine Erfindung sein, so wäre jedenfalls zu hoffen, dass Correctiv inzwischen etwas sorgfältiger arbeitet.
Viele Grüße,
Ich bitte darum, auf eine öffentliche Nennung meines Namens zu verzichten!
Leserbriefe zu den 3 Jungpolitikern
5. Leserbrief
Hallo Herr Berger,
ich habe gerade Ihren Artikel über die jungen Politiker gelesen und möchte gerne einige eigene Erfahrungen schildern im Umgang mit der Generation der um die 30jährigen. Natürlich sind nicht alle so, aber die Tendenz ist eindeutig.
Ich, ältere Generation, arbeite als Lehrerin an einer recht neu gegründeten Gesamtschule. Ein großer Teil des Kollegiums ist um die 30 Jahre. Häufig sind wir älteren KollegInnen ratlos angesichts des Verhaltens der jungen KollegInnen.
Vor dem Wechsel an die Schule wäre ich nie auf den Gedanken gekommen, wieder Folgendes zu erleben:
Lehrkräfte, die von den jungen SchülerInnen verlangen sich auf dem Hof alphabetisch aufzustellen
Kleiderordnungen, die von der SV (unter „Anleitung“ von jungen Lehrkräften) aufgestellt werden mit Androhung, dass man nach Hause geschickt wird , wenn man dagegen verstößt
Neun- und Zehntklässler die das Ruhezeichen (Hand hoch und einen Finger an den Mund) machen müssen, damit sie ruhig werden.
„Verhaltensampeln“, die noch in Klasse 10 hängen und die mit einem Strafenkatalog verbunden sind…
Jede Äußerung, die sich kritisch mit den Zuständen im Schulsystem oder in der Gesellschaft befasst, wird von den jungen LehrerInnen mit eisigem Schweigen beantwortet und übergangen. Auch noch so unsinnige Anordnungen werden befolgt, weil man das ja tun muss. Ist eben so, dann schnell abhaken. Die Devise ist: effizient und schnell. Nachdenken und Reflektieren geht dabei gar nicht, will man auch nicht.
Verantwortungsvolle Aufgaben wie z.B. die Beratung von Eltern und SchülerInnen, Berufsberatung usw. liegen in den Händen von 30jährigen ohne Bewusstsein dafür, dass das vielleicht schwierig sein könnte wegen mangelnder eigener Erfahrung.
Sie können alles, bestärken sich gegenseitig darin und haben eine stillschweigende Übereinkunft getroffen, sich gegenseitig nichts zu tun, nicht zu kritisieren. Alle sind super effektiv, engagiert und super freundlich zueinander. Eine Folge ist, dass mit der größten Selbstverständlichkeit auch vor Publikum schon mal Unsinn erzählt, ohne zu merken, dass vielleicht etwas nicht stimmt.
Der passenden Leitspruch dazu: „Alles gut!“
Mit freundlichen Grüßen
xy
6. Leserbrief
Vielen Dank für den nach meinem Empfinden sehr gut geschriebenen Artikel! Auch ich habe Ähnliches gedacht, empfunden und konnte vor Erstaunen, wie so etwas möglich sein kann, meinen Mund nur schwer schließen.
Freundliche Grüße
Renate Stuhr
7. Leserbrief
Sehr geehrtes Team der NDS, sehr geehrter Herr Berger,
wer, der im Vollbesitz seiner kognitiven Kräfte, Träger eines nicht allzu löcherigen Erinnerungsvermögens und Herr über einen mehr oder minder gut funktionierenden analytischen Verstand ist, kann sich noch darüber wundern, welches Personal der – von verkürzter Schul- und Studienzeit, von Wissens- und Persönlichkeitsfragmentierung, von China und Rußland, von Profitmaximierung und Eigenverantwortungsminimierung, von Framing, Shopping und dergleichen verheerte – Zeitgeist mit Befugnissen und Applaus versieht?
Ich werfe also einen kurzen Blick auf das Wirken der drei von Ihnen genannten (und mir bis dato völlig unbekannten, weil in Parteien agierenden) Anwerber auf Mitspracherecht beim Organisieren des globalen Kindergeburtstages, um mich auf dem Laufenden zu halten. Halt… am Ende tue ich das wahrscheinlich nur, um meine Meinung zu unterfüttern, beim stetig nachwachsenden politischen Humankapital handele es sich seit vielen, viel zu vielen Jahren um strahlende Beamtenseelen, deren große und einzige Bestrebung die Armierung und Abwicklung des Systems ist; das – Herr Venske hat es unlängst bei Ihnen trefflich beschrieben – keinen weiteren nennenswerten Gehalt hat als Gezanke im Sandkasten der Superreichen, welches von den Medien und Politikern als hehres Ringen um Moral und humanistische Wertvorstellungen verkauft wird.
Was soll ich sagen? Ich erlebe beim Verfolgen weniger Minuten Bundestags- und Parteitagsreden der kleinen Zukunfts-Kanzler einen emotionalen Cocktail aus Erschütterung, Verzweiflung, Mitleid, Abscheu – und streckenweise Belustigung, die aber eher den Charakter von Schadenfreude hat. Oder hat sie etwas mit Galgenhumor zu tun?
Galgenhumor könnte es schon deshalb sein, weil es auf der Hand liegt, wohin die Reise geht – nämlich hin zur Bedarfszüchtung, ob in Politik, in Retortenmusik oder Nahrungsmittelindustrie, ob mit oder ohne Gentechnik. Wenn auf dem Markt Bedarf an jungen Menschen ohne Haltung, Charakter und Lebenserfahrung, dafür aber mit einer schwammartigen Aufnahmekapazität für die Lehren der zankenden Oligarchien besteht (und daran besteht überall, vor allem in zeitgenössischen Parteien, ein immenser, schwindelerregender Bedarf), dann wird eine entsprechende Lieferung und das Werbeblendwerk dazu nicht lange auf sich warten lassen.
Daß die jungen Kunden auf dem Politmarkt, die das auswendig gelernte, euphemistische Referat über die Geschäftspolitik der global player lieber von Leuten ihres (körperlichen) Alters hören als von Mumien, nicht existieren, wie sie andeuten (“Junge Wähler oder besser junge Nichtwähler wissen, dass dies beides eine Lüge ist”), werte ich als Wunschdenken. Es gibt inzwischen so viele junge Leute, die jeden Unsinn kaufen und alles mit sich machen lassen, daß es weh tut. Wer am lautesten schreit (also die penetrantesten Werbeschleifen schaltet; altes Erfolgsrezept des Kapitalismus), der gewinnt ihre Aufmerksamkeit.
Für eine Anstrengung wie z.B. simples grundsätzliches Dagegensein, ob das nun produktiv ist oder nicht, bleibt den meisten neben Stromlinienstudium und Arbeit gar keine Zeit, und gesellschaftlich geächtet ist Veränderungswille wie in den 50ern.
Warum das so sein könnte? Ich tippe unter anderem auf Resonanzen und – wohlwollend – auf eine gehörige Portion Resignation angesichts der vielen Millionen junger, ungehörter Petitions- und (Nicht-)Wählerstimmen zu unzähligen Themen in den letzten ein oder zwei Jahrzehnten, und als Fundament für die konsequente Selbstverleugnung der Massen, ob jung oder alt, dienen auch warm gehaltene Schuldkomplexe, die tradierten, wenig flexiblen Bürgerwerte des Kaiserreichs und ein unterirdisches Unterhaltungsprogramm.
Kunst und Bildung – die beiden Gegengifte bei akuter Gefühllosigkeit – blühten in der Vergangenheit schon einmal voller.
Die drei jungen Herren werden an der flächendeckenden Deprivation garantiert nichts ändern wollen. Heute nicht, weil sie sie nicht verstehen, und in Zukunft nicht, weil sie dann Karriere gemacht haben werden.
Ich nehme an: Thomas Bernhard hätte bei einer solchen Gemengelage eindeutig geschossen, und Roger Willemsen wäre vielleicht für immer auf Tonga geblieben?
Jetzt wird geerntet, meine Damen und Herren, was gesät wurde: Deutschland hat seine Rebellen, Querdenker, Aufklärer, Lehrer und Menschenfreunde in den letzten achtzig Jahren zuerst entweder vertrieben, eingesperrt oder umgebracht, weil sich mit ihnen keine optimalen Profitmaximierungsbedingungen haben herstellen lassen, und danach bespitzelt, klein gehalten und lächerlich gemacht (weil man vielleicht ein schlechtes Gewissen hatte; oder weil der braune Sumpf in Amt und Würden mitnichten trockengelegt worden ist). Übrig geblieben, als Schaumblasen auf dem Sumpf, ist ein gesellschaftliches Sentiment, das Bohlen und Bushido Künstler nennt, ohne rot zu werden, und eben Sachzwang-Akolythen wie Kühnert, Amthor und Kuban als Politiker feiert.
Aus der Perspektive eines jungen Menschen (dazu zähle ich mich gerade noch): Paßt alles sehr gut zusammen; vor allem die ins Auge fallende Dreistigkeit, mit der die Kindkönige – ganz millenial- und neweconomymäßig, der Mode entsprechend – ihre naturgemäße Ignoranz vermarkten, greift mit Markt und Meinungsmache ineinander wie ein gut geöltes, faschistoides Getriebegewerk, hat aber mit mir und meinem Anspruch an zukunftsfähiges und verantwortungsvolles “illusionieren” überhaupt nichts zu tun, und ich bete und hoffe, daß man mich von der großen Dummheit abhält, in diesem Leben einer Partei beizutreten, sollte es jemals so weit kommen.
Mit freundlichen Grüßen und großer Wertschätzung für Ihre Arbeit
Johannes Bichler
8. Leserbrief
Danke für diese vortreffliche Glosse.
Manches ist nur mit Satire oder Galgenhumor zu ertragen.
Jürgen Scherer
9. Leserbrief
sehr guter artikel herr berger
was sollen wir mit solchen leuten, und da gibt es ja noch hunderte von sogenannten politikern, anfangen? nie richtig gearbeitet, nie über den tellerrand hinausgeschaut. haben wir keine kleine unbewohnte insel, wohin man sie auslagern könnte?
ja, fridays for future gibt hoffnung und natürlich auch die gelbwesten bewegung in frankreich. wir müssen auf die straße und notfalls auch mit gewalt.
mfg
reinhard wiecha
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