Die vom Steuerzahler gerettete Wallstreet bestimmt, was politisch zu ihrer Kontrolle geschehen soll. (Finanzkrise XXIX)
In den NachDenkSeiten konnten Sie schon des Öfteren lesen, dass die Finanzwirtschaft wichtige politische Entscheidungen bestimmt – so gestern zum Beispiel oder hier. Es wäre zu verstehen, wenn manche unserer Leser die Feststellung, die Politik sei weitgehend in den Fängen der Finanzwirtschaft, für übertrieben halten. Sie ist es leider nicht, wie ein Bericht von Marc Pitzke aus den USA wieder einmal belegt. Albrecht Müller
SPIEGEL Online berichtet, dass die US-Banken Obamas Finanzreformen zur Kontrolle der Finanzwirtschaft mithilfe von Millionen Dollar und einer gewaltigen Armee von Lobbyisten sabotieren. Sie organisieren den Widerstand bei den Abgeordneten. Sie haben 25 mal so viele Lobbyisten mobilisiert wie ihre Gegner von den Verbraucherverbänden. Sie unterfüttern ihrer Lobbyarbeit mit Spenden an wichtige Abgeordnete. An der Lobbyarbeit beteiligt sich sogar die Citigroup, die nicht nur wie andere vom amerikanischen Staat gerettet wurde, sondern ihm zu 34 % gehört und noch 45 Milliarden $ an Rückzahlungen schuldet. Allein diese Bank hat 46 Lobbyisten beauftragt, die Gesetzgebung ihres Großaktionärs zu beeinflussen. Grotesk, aber erfolgreich. Obamas Finanzreform sei tot, meinen Beobachter. „Die Banken regieren diesen Ort“, resigniert der demokratische Abgeordnete Peterson.
Die Lektüre des Artikels von Marc Pitzke ist empfehlenswert, wenn man seine letzten Illusionen loswerden will. Übrigens auch über die „Vorbilddemokratie“ USA, falls man diese Illusion noch hat.
Hochmut allerdings ist unangebracht, denn bei uns sind die Verhältnisse nicht grundsätzlich anders. Auch bei uns hat die Tatsache, dass die Herren und Damen der Finanzwirtschaft nur mithilfe von uns Steuerzahlern gerettet wurden, keinerlei Bedeutung für ihr Auftreten und ihren Einfluss. Sie gehen nicht in Sack und Asche. Bankrotteure treten wie Helden auf und reklamieren immer nach das Sagen über das Geschehen.