Der einzige Schutz gegen Kampagnenjournalismus: ihn sichtbar machen und beim Namen nennen.
Sprachlos steht man am Rande des Geschehens. Maßgebliche Medien, nicht nur die Bild-Zeitung, auch der Spiegel, die Zeit, das ZDF, die ARD und die kommerziellen Rundfunksender lassen sich in Kampagnen der Indoktrination einspannen. Es kommen immer die gleichen Argumente, die Opfer sind in der Regel die Gegner der neoliberalen Bewegung. Siehe die Hinweise auf die Asymmetrie hier und hier. Heute dokumentieren wir die Kommentare einer Leserin der NachDenkSeiten zu einem Interview des Spiegel mit Gysi zum Sommer Interview mit Lafontaine im ZDF. Sie haben die Wahl zwischen einer Langfassung [PDF – 224 KB] und einer Kurzfassung [PDF – 148 KB]. Albrecht Müller
Wir dokumentieren diese Arbeit, weil wir Pluralität und Liberalität in den Medien für eine existenzielle Bedingung demokratischen Zusammenlebens halten. Davon sind wir leider weit entfernt. Wenn wir die demokratischen Elemente unserer politischen Ordnung retten wollen, dann müssen wir die Indoktrination offen legen. Deshalb die herzliche Bitte, eine solche Dokumentation weiterzugeben und auch von sich aus andere Menschen anzusprechen, wenn Ihnen ähnliche „Medienereignisse“ auffallen. Leider gibt es keinen Mangel daran.
Nun zunächst die Mail unserer Leserin und vorweg sagen wir danke vielmals für die Arbeit.
Dr. S.M. schreibt:
… Ich bin bereits seit geraumer Zeit treue Leserin der NachDenkSeiten und der Ansicht, dass Ihr Projekt gerade heute von größter Bedeutung ist.
Es ist erschreckend, mit anzusehen, wie eine kleine Gruppe mächtiger Akteure, überwiegend beseelt von neoliberalem Gedankengut, die große Mehrheit ins Unglück stürzt – in Deutschland wie in vielen anderen Staaten. Noch schlimmer ist es aber zu erleben, dass deren medial massiv propagierte Heilslehre von so vielen Millionen Menschen weitgehend unkritisch “nachgeplappert” wird. Menschen, die eigentlich selbst unter der neoliberalen Ideologie zu leiden haben, jedoch nicht in der Lage sind, diesen Zusammenhang zu verstehen (wie man ja auch an den Wahlergebnissen – zuletzt bei der Europawahl und wahrscheinlich auch wieder bei der Bundestagswahl im Herbst – ablesen konnte bzw. können wird).
Die Mehrheit der sog. “unabhängigen” Medien spielt eine sehr perfide Rolle in diesem Spiel – wie man nahezu täglich feststellen muss. Ich habe mir zwei aktuelle Fälle von Kampagnenjournalismus einmal näher angesehen. Zum einen ein Interview mit Gregor Gysi im SPIEGEL vom 6.7.09, zum anderen jenes unsägliche “ZDF-Sommerinterview” mit Oskar Lafontaine und Peter Frey (12.07.09). … Ich habe jeweils kommentiert, wo ich es für angebracht gehalten habe. Unabhängig davon, wie man zu den “Linken”, Gysi oder Lafontaine im Einzelnen steht, finde ich es wichtig, die Menschen auf die tendenziöse, manipulative Haltung nahezu aller dt. Massenmedien aufmerksam zu machen. Vielleicht könnten Sie diese Analyse ja in das “Kritische Tagebuch” aufnehmen, um sie den anderen Lesern zugänglich zu machen. Selbstverständlich können Sie meine Ansichten auch entsprechend kritisch kommentieren – ich bin schließlich nicht im Alleinbesitz der Wahrheit.Im Anhang finden Sie eine vollständige Fassung der Interviews und eine auf die Kernpunkte gekürzte Fassung. … Diese enthält zwangsläufig weniger Kommentare und ist etwas “holpriger” zu lesen (da nur Teile der Interviews behandelt werden), … .
Ergänzung AM:
Die Asymmetrie der Medien zu Gunsten neoliberaler Indoktrination muss ein Thema der öffentlichen Debatte werden. Es ist wichtig, möglichst viele gegen die tägliche Manipulation zu immunisieren. Dabei müssten eigentlich die besser ausgebildeten Zeitgenossen und die so genannten Intellektuellen eine aktive Rolle spielen. Leider haben jedoch neben den Medien auch weite Teile des einmal kritisches Bürgertum genannten Spektrums den kritischen Verstand in irgendeine Kiste gepackt, jedenfalls verloren. Auch in diesen Kreisen wird geglaubt, was in den Kampagnen erzählt wird. Sicher hat dies viel damit zu tun, dass Leitmedien für dieses Mulitplikatoren-Publikum wie die Zeit, der Spiegel und der Stern sich über weite Strecken haben gleichrichten lassen und als kritische Medien ausfallen.
Von Kritik will ich ausdrücklich jene mutigen Journalistinnen und Journalisten ausnehmen, die immer noch versuchen, aufklärend zu wirken. Diese Journalisten gibt es immer noch. Sie wollen wir keinesfalls schmähen, wenn wir die Dokumentation von Kampagnenjournalismus fortsetzen und notfalls intensivieren.
Vermutlich wird dies zum Beispiel beim Wahlkampf in Schleswig-Holstein in besonderer Weise nötig werden. Die Asymmetrie in der medialen Behandlung von Carstensen bzw. CDU und Stegner bzw. SPD war schon in den letzten Tagen offenbar geworden. Sie wird noch schlimmer werden.