Die totale Manipulation und Verblödung ist wirklich möglich.
Gestern suchte ich zur gewohnten Zeit nach dem Heute journal, das anzuschauen manchmal dann ein Vergnügen bereitet, wenn Marietta Slomka ironisch moderiert. Die Sendezeit war belegt vom Mainzer Karneval, von einer Sitzung vor dem Mainzer Dom. So wurde ich zufällig Zeuge einer Büttenrede, im konkreten Fall des Kulturdezernenten der Stadt Mainz. Er zog so über Andrea Ypsilanti her und hob ihre vier Widersacher/innen in den demokratischen Himmel, wie wir das seit den Wahlen Anfang des Jahres 2008 tausendfach gewohnt sind. Ohne jede Differenzierung und menschenverachtend zugleich. Albrecht Müller
Ich komme darauf nicht zurück, um diese hessische Tragödie in den NDS neu aufleben zu lassen, obwohl man ja entschieden der Meinung sein könnte, es sei an der Zeit Andrea Ypsilanti in Ruhe zulassen und nicht weiter durch den Dreck zu ziehen. Im konkreten Fall wäre das doppelt vonnöten gewesen, weil die menschenverachtenden Tiraden des Mainzer Kulturdezernenten durch den unmittelbar darauf folgenden Auftritt des Mainzer Kardinals Lehmann und die Einblendung des ZDF-Intendanten Schächter geadelt und bestätigt wurden.
An diesem neuerlichen Vorgang interessiert die Erfahrung, dass offenbar die totale Manipulation möglich ist. Im konkreten Fall hatte wie in allen vorangegangenen Fällen die Fertigmache fast nichts mit der Realität zu tun. Es war die Wiederholung einer kampagnenmäßig geplanten und verbreiteten Botschaft. Diese Botschaft sitzt offenbar so fest, dass der Absender nicht das Risiko läuft, widersprochen oder gar ausgelacht zu werden.
Es gibt noch einige andere Fälle, die zeigen, wie total die Meinungsmache und Beeinflussung des Denkens und Fühlens der Adressaten möglich ist. Ich nenne solche Beispiel und komme dann auf die vergleichbaren Grundlage dieser totalen Manipulation zu sprechen.
Eine vergleichbar weit gehende Manipulation kann man zum Beispiel bei folgenden Botschaften und Kampagnen feststellen:
- Wir hatten einen Reformstau
- Wir haben ein demographisches Problem, der Generationenvertrag trägt nicht mehr, jetzt hilft nur noch Privatvorsorge.
- Norbert Blüm und sein „Die Rente ist sicher“ – Dass dies falsch sei, wird kollektiv geglaubt, einschließlich der gleichzeitig vermittelten Häme.
- Staatsschulden sind in jedem Fall schlecht.
- Die Siebzigerjahre sind schuld an vielen Schwierigkeiten von heute.
- Konjunkturprogramme sind Strohfeuer.
Die totale Manipulation war in den konkreten Fällen deshalb vermutlich möglich, weil aus allen Ecken der Politik und Gesellschaft die gleiche Botschaft in Variation ausgesandt wurde. Es gab in den genannten Fällen kein von einer größeren Gruppe getragener Widerstand. Über Blüm haben sich zum Beispiel Christdemokraten und Sozialdemokraten her gemacht, und die Privatvorsorgelobby sowieso. – Über Staatsschulden klagen nahezu alle Parteien außer der Linken. – Die Siebzigerjahre durften in den Augen der Christdemokraten nicht erfolgreich gewesen sein, für Linke außerhalb der SPD aber auch nicht und selbst die SPD hat sich von ihren eigenen Erfolgen gelöst. – Dasselbe gilt für Konjunkturprogramme. – Im Falle Ypsilanti haben wir die gleiche Konstellation. CDU, FDP, die Bundes-SPD, die rechte SPD im Bund und in Hessen und Teile der Grünen standen gegen sie. Die Meinungsbildung funktionierte entsprechend.
Am Beispiel „f. Konjunkturprogramme sind Strohfeuer“ wird sichtbar, dass sich solche totalen Manipulationsmöglichkeiten auflösen können, wenn die Parolen allzu sehr der sachlichen Notwendigkeit widersprechen, die gemeinsam agierenden Lager sich spalten und das aktuell sichtbar wird. Wenn in den USA oder in Großbritannien, in Frankreich oder in China entsprechende Programme aufgelegt werden, dann lässt sich die Parole vom Strohfeuer nicht mehr rassenrein durchhalten.