Hinweise des Tages
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Sahra Wagenknecht: “Halte nichts davon, AfD zu Referenzpunkt der Politik zu machen”
- Bremst Wagenknecht Rot-Rot-Grün aus?
- Das Gespenst des Populismus
- Der Gefährder, das Phantom im Rechtsstaat
- “Vorbereitung eines Angriffskriegs” wurde in “Verbrechen der Aggression” umgewandelt
- Konjunktur 2016: Glückliche Triebkräfte lassen nach, doch das interessiert kaum jemanden
- Körzell: “Schäuble verspielt unsere Zukunft”
- Neue Daten zur Vermögensungleichheit in Europa
- DIHK: Höhere Investitionen und Exporte nötig
- Immer mehr Menschen “Multijobber”
- Trotz Einkommen obdachlos
- Hartz IV Jobcenter-Mitarbeiterin rebelliert
- Real Game of Thrones
- Polizist am Abgrund
- Bundesregierung weiß um Eskalationsdynamik durch NATO-Trupenverlegung
- SPD
- Truth and Politics
- netzpolitik.org klagt vor Verfassungsgericht gegen Einschränkung der Pressefreiheit
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Sahra Wagenknecht: “Halte nichts davon, AfD zu Referenzpunkt der Politik zu machen”
FOCUS: Frau Wagenknecht, manche Ihrer Äußerungen zur Flüchtlingsfrage haben Ähnlichkeit mit Forderungen der AfD. Betreiben Sie noch linke Politik?
Sahra Wagenknecht: Selbstverständlich. Wenn ich kritisiere, dass man 2015 über mehrere Monate in Deutschland Flüchtlinge noch nicht einmal mehr registriert hat und damit noch nicht einmal mehr wusste, wer ins Land gekommen war, dann hat das nichts mit plumpen Ausländer-raus-Parolen der AfD oder dem Schüren von Ressentiments gegen Flüchtlinge zu tun. Im Gegensatz zur AfD und den anderen im Bundestag vertretenen Parteien habe ich Merkels Mitverantwortung für den Terroranschlag in Berlin vor allem auf ihre Außenpolitik, ihre Beteiligung an den Öl- und Gaskriegen der USA im Nahen und Mittleren Osten, zurückgeführt. Diese sogenannten Anti-Terror-Kriege mit ihren Hunderttausenden zivilen Toten haben in Wahrheit den islamistischen Terror immer stärker gemacht. Seit Deutschland im September 2015 in den Syrienkrieg eingetreten ist, sind wir verstärkt Zielscheibe von Terroranschlägen geworden. Auch die kaputtgesparte Polizei hat die Sicherheit im Land natürlich nicht erhöht.
FOCUS: Inwieweit sind Ihre Positionen abgestimmt mit Ihrer Partei?
Wagenknecht: Dass Terrorismus und Fluchtbewegungen vor allem die Folge völkerrechtswidriger Kriege sind, sieht die große Mehrheit der Partei so. Manche meiner innerparteilichen Kritiker haben offensichtlich nicht gelesen, was ich gesagt habe, sondern legen mir irgendwelche abstrusen Sachen in den Mund, gegen die sie dann polemisieren. Das ist schlechter Stil. Ich kritisiere das Versagen in der Flüchtlings- und Integrationspolitik. Selbstverständlich müssen wir Schutzsuchenden helfen und politisch Verfolgten Asyl gewähren. Merkel dagegen hat eigenmächtig und ohne Absprache mit unseren europäischen Partnern das Dublin-Abkommen, nach dem Flüchtlinge ihren Asylantrag in dem Land stellen müssen, in dem sie in die EU einreisen, außer Kraft gesetzt. Die Linke hat die Dublin-Regeln immer kritisiert, weil sie die Südländer übermäßig belasten. Aber unser Ziel waren gerechtere europäische Regeln. Mit Merkels Alleingang wurde die Chance dazu verbaut. Die daraus resultierenden Probleme und Merkels Konzeptionslosigkeit haben in der Bevölkerung zu Unsicherheit und Ängsten geführt und die AfD stark gemacht.
Quelle: Focus Onlinepassend dazu: Plötzlich „Rechtspopulistin“
Die Leitplanken der herrschenden Gesinnungsrichtlinien werden immer enger gelegt. „Linke“ machen bei diesem Treiben bedenkenlos mit. Wer es wie Sahra Wagenknecht wagt, auszuscheren, bekommt von der politisch korrekten Wohlfühlgemeinschaft Hausverbot.
Unsere liberale Wertegemeinschaft trägt in Zeiten zunehmender Polarisierung und Spaltung seltsame Blüten. Die Meinungsvielfalt – gemeinhin als deren Grundvoraussetzung ausgemacht – steht und fällt mit der Debattenkultur und ihren Spielregeln der Auseinandersetzung. Oder sollte man besser sagen: der Auseinandersetzungsverhinderung?
Das Beispiel Sahra Wagenknecht zeigt einmal mehr, welch totalitäres Potenzial der Schutz der liberalen Wertegemeinschaft vor sich selbst haben kann. Denn dieser Selbstschutz zielt auf die chronische Entkernung des Schlagabtauschs, die Kassierung missliebiger Meinungen. Der schriller werdende Ton, der immer wahllosere Rückgriff auf Totschlag Argumente und Rassismuskeulen, auf persönliche Diffamierungen und Verleumdungen zeitigen die Aufkündigung einer maßvollen, aufgeklärten und freien Debattenkultur. (…)
Nicht nur, dass hier – bei aller Liebe für den Humanismus – die Grenze des gern zitierten „Postfaktischen“ überschritten ist. Nach Auffassung vieler, welche aus den mentalen Wohlfühlzonen heraus die rechtsfreien Räume und Parallelgesellschaften nicht zu erkennen im Stande sind, ist Wagenknechts Kritik an einer „unkontrollierten Grenzöffnung“ und einem „Kaputtsparen“ der Polizei schon Rechtspopulismus. Die Begründung, der es da noch bedarf? Die AfD habe sich ähnlich geäußert. Wenn das allen ernstes als Herleitung reicht, dann kann man in letzter Konsequenz die Meinungsfreiheit auch gleich beerdigen. (…)
Fatal ist, dass Wagenknecht einen klassisch sozialdemokratischen Wertekanon vertritt, der seit dem Regierungsantritt der rot-grünen Koalition 1998 nicht mehr zeitgemäß zu sein hat. Es ist insofern kein Zufall, dass die Frage der sozialen Gerechtigkeit zunehmend von rechten Parteien aufgegriffen wird. Die Linke hingegen scheint nichts besseres zu tun zu haben, als sich den schärfer werdenden Gesinnungsrichtlinien des Safe-Space zu unterwerfen. Sicher, wenn man eine rot-rot-grüne Regierungsbeteiligung anstrebt, muss man auf Kuschelkurs gehen, dann will man selbst zum „Establishment“ gehören.
Möchte man Leute wie Arps bei der Stange halten, der ankündigte, nach Wagenknechts Äußerungen die Partei nicht mehr wählen zu wollen, kann dieser Kurs getrost beibehalten werden. Wenn die Linke jedoch nicht langfristig im Bundestag obsolet werden will, sollte sie lieber versuchen, die Wähler im geächteten „Spektrum“ zurückzugewinnen. Die erste Maßnahme dafür wäre, schleunigst das Sägen am eigenen Ast einzustellen.
Quelle: Makroskop - Bremst Wagenknecht Rot-Rot-Grün aus?
Zum Jahresauftakt will die Linkspartei über das Bundestagswahl-Programm beraten. Doch schon jetzt ist klar: Eine gemeinsame Linie ist nicht einfach zu finden. Fraktionschefin Wagenknecht irritiert weiter mit ihrem Kurs in der Flüchtlingspolitik.
Sie polarisiert wie kaum ein anderer Politiker, auch in der eigenen Partei. Es ist dieser eine Moment auf dem Parteitag der Linkspartei in Magdeburg Ende Mai, der dies auf brutale Weise zeigt: Ein linker Aktivist drückt Sarah Wagenknecht eine Torte ins Gesicht.
Es ist ein Protest gegen Wagenknechts Haltung in der Flüchtlingspolitik. Gegen Äußerungen wie diese: “Gerade in der ganzen Diskussion über die Kölner Ereignisse ist völlig klar: Wer Gastrecht missbraucht, der hat Gastrecht dann eben auch verwirkt.” Kopfschütteln, Kritik, sogar vereinzelte Rücktrittsforderungen an die Fraktionschefin, weil sie Kanzlerin Angela Merkel von rechts kritisiere.
Wagenknecht setzt sich trotzdem in der Partei durch, wird Spitzenkandidatin der Linkspartei für die Bundestagswahl – im Doppelpack mit ihrem Co-Fraktionsvorsitzenden Dietmar Bartsch. Der Reformer Bartsch will die Linkspartei unbedingt in eine Rot-Rot-Grüne Koalition führen. Wagenknecht erscheint vielen als größtes Hindernis für ein solches Bündnis im Bund.
Quelle: tagesschau.deAnmerkung unseres Lesers C.G.: Das Wagenknecht-Bashing bei der tagesschau geht weiter, diesmal vom NDR.
dazu: Wer wirklich bremst
Was für eine gelungene Schlagzeile und ganz im Sinne derer, die sich seit Jahren gegen ein rot-rot-grünes Bündnis zur Wehr gesetzt haben, als es tatsächlich noch möglich war. Jetzt, da es durch den Aufstieg der AfD rein rechnerisch immer unwahrscheinlicher wird, tun diese Kreise aber so, als sei ihr Interesse an Rot-Rot-Grün besonders groß. Dabei konnte man seit Jahren immer wieder den einen Satz lesen „Die Linke ist nicht regierungsfähig“. Vor allem SPD-Vertreter, jüngst tat das wieder Hannelore Kraft in NRW, bemühten diesen Satz, um ein linkes Bündnis von vornherein auszuschließen. Damit schieben die bisherigen Bremser (um nicht zu sagen Blockierer) eines Politikwechsels den Schwarzen Peter einfach nur weiter und die Presse fällt darauf herein.
Wie wäre es denn mit Rot-Rot-Grün im Bund? Das wäre seit über drei Jahren möglich. Dazu bräuchte es lediglich ein konstruktives Misstrauensvotum und eine SPD, die bereit wäre, sich von der Union zu lösen. Stattdessen tun die Sozialdemokraten aber so, als sei ein Bündnis mit CDU/CSU alternativlos, weil die Linke, es steht ja oben schon, einfach nicht regierungsfähig sei. Die SPD hingegen schon. Das stellten die Sozialdemokraten unter Beweis, als sie ihren eigenen Antrag zur Einführung eines Mindestlohns – eingebracht von den Linken – ablehnten. Das war während des ersten Merkel-Kabinetts von 2005 bis 2009. Auch damals hätte es schon eine linke Koalition geben können, aber, es steht ja oben schon, die Linke war da leider nicht regierungsfähig.
Quelle: TauBlog - Das Gespenst des Populismus
Der Kapitalismus zerstört das Bekannte und Traditionelle. Viele Menschen erfahren das als existentielle Verunsicherung. Die Linke darf das Leiden am Fortschritt nicht den Rechten überlassen, sondern muss Wege finden, gesellschaftliche Ängste nach links zu wenden
Erich Kästner hat 1958 in Hamburg anlässlich des 25. Jahrestages der Bücherverbrennung eine Rede gehalten, in der es heißt: »Die Ereignisse von 1933 bis 1945 hätten spätestens 1928 bekämpft werden müssen. Später war es zu spät. Man darf nicht warten, bis der Freiheitskampf Landesverrat genannt wird. Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muss den rollenden Schneeball zertreten. Die Lawine hält keiner mehr auf. (…) Drohende Diktaturen lassen sich nur bekämpfen, ehe sie die Macht übernommen haben.«Dieser Passus enthält Handlungsanweisungen für diejenigen unter uns, die in Deutschland und Europa die Gefahr einer Faschisierung erkennen. Wir müssen uns dringend um linke Aneignungsformen von Energien, Sehnsüchten, Leidenserfahrungen und Ängsten bemühen. Sonst werden sie von den Rechten instrumentalisiert und nach rückwärts in Gang gesetzt. Wenn es den Faschisten und Rechtspopulisten gelingt, wie in den Jahren vor 1933, die real existierende kapitalistische Entfremdung in die völkische Schimäre der »Überfremdung« zu verwandeln, werden wir Zeugen einer Faschisierung – mit Migranten, Flüchtlingen und Linken in der Rolle der Sündenböcke und Opfer. Die Umwandlung von Entfremdungserfahrungen in Hass auf Fremde und Fremdes ist eine basale rechte Operation und das Geheimnis des Erfolges der sogenannten Rechtspopulisten. Dabei nicht mitzumachen und statt dessen darauf zu beharren, dass es die sich selbst antreibende Teufelsmühle des Kapitals ist, die uns alles entfremdet, markiert eine klare Scheidelinie zwischen linker und rechter Politik.
Quelle: Götz Eisenberg in der Jungen Welt - Der Gefährder, das Phantom im Rechtsstaat
Fußfesseln für Gefährder: So will die Bundesregierung das Land besser vor islamistischen Terroristen schützen. Mit rechtsstaatlichen Methoden hat das nichts zu tun.
Gefährder sollen künftig elektronische Fußfesseln tragen, damit die Polizei sie besser überwachen kann. Das ist eine so schlichte Lösung, dass sich nun viele fragen, warum dieses probate Mittel gegen den internationalen Terrorismus nicht schon seit langem praktiziert wird. Nur deshalb, weil bislang auch bei den schärfsten Hunden unter den deutschen Innenpolitikern juristische Kompetenz und rechtsstaatliche Skrupel zumeist dem Druck des Populismus widerstanden haben.
Für die Beschlüsse, die von Thomas de Maizière und Heiko Maas zur Prävention gegen terroristische Anschläge in die Welt gesetzt wurden, gilt das nicht mehr. Zur vorläufigen Beruhigung des Volkszorns über einen scheinbar machtlosen Staat hat eine große Juristenkoalition Pläne zum Schutz gegen sogenannte Gefährder verkündet, die jedem, der etwas von Polizeirecht versteht, Angst machen müssen. Mit rechtsstaatlichen Mitteln wird sich das Konzept nicht durchsetzen lassen.
Dass es jedenfalls Probleme geben könnte, hat als erste die Grünen-Fraktionchefin Katrin Göring-Eckardt angemerkt. Was ist denn überhaupt ein Gefährder, fragte sie und forderte: “Es braucht eine klare Definition des Begriffs.”
Ja, was ist ein Gefährder? Die Länder, die nun zuständigkeitshalber Gesetze zum Schutz vor solchen Menschen erlassen sollen, werden ihre Freude haben, eine rechtsstaatliche Definition zu finden. Der Gefährder treibt seit Jahren als Phantom des Rechtsstaats sein Unwesen, niemandem ist es bislang gelungen, eine rechtlich brauchbare Beschreibung zu finden, irgendein Merkmal, mithilfe dessen man einen Gefährder rechtzeitig erkennen kann.
Quelle: Thomas Darnstädt in Spiegel OnlineAnmerkung Christian Reimann: Insbesondere vom SPD-Mitglied Maas hätte anderes erwartet werden können. Aber inzwischen scheint die derzeitige SPD-Spitze wie die Unionsvertreterschaft derselben Vorstellung zu erliegen, mit offenbar wenig durchdachten Plänen für Sicherheit sorgen zu können – siehe dazu auch Gabriels FAZ-Gastbeitrag “Sicherheit ist soziales Bürgerrecht“.
Bedacht werden könnte bei diesen Plänen auch, dass dann – werden diese Pläne realisiert – nicht verurteilte Personen, sog, Gefährder, sanktioniert werden sollen. Und demnächst sind es vielleicht nicht Flüchtlinge, sondern lange Zeit (zum Teil viele Jahrzehnte) hier lebende, nicht verurteilte Ausländer mit muslimischen Hintergrund?
Sind sich Maas und andere nicht darüber im Klaren, dass so auch ein “Feindbild” im Inneren geschaffen werden könnte? - “Vorbereitung eines Angriffskriegs” wurde in “Verbrechen der Aggression” umgewandelt
Umfassende Straffreistellung von Regierenden und Soldaten, die einen Angriffskrieg auslösen oder sich daran beteiligen (…) Nun trat zum 1. Januar 2017 ein Gesetz in Kraft, nach dem der Angriffskrieg strafrechtlich sanktioniert werden soll (Bundesgesetzblatt 3150). Artikel 80 StGB wird aufgehoben, dafür wird im Völkerstrafgesetzbuch ein neuer § 13 eingefügt, der in Anlehnung des in Kampala 2010 geänderten Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) mit dem Titel “Verbrechen der Aggression” überschrieben ist (§ 80 StGB “Vorbereitung eines Angriffskriegs” ist seit 1. Januar 2017 gestrichen). Auf den ersten Blick denkt man: endlich mal ein Fortschritt. Auf den zweiten Blick erkennt man allerdings, dass es eigentlich um eine umfassende Straffreistellung von Regierenden und Soldaten geht, die einen Angriffskrieg auslösen oder sich daran beteiligen. Die schon engen IStGH-Vorgaben werden noch enger ausgelegt, was mit den Vorgaben des Grundgesetzes und seines Friedensgebotes nicht vereinbar ist. Übrig bleibt rein symbolisches Strafrecht, dessen Anwendung nie vollzogen werden wird. Erstens: Das Gesetz schließt sämtliche Kriegshandlungen aus, die nicht “offenkundig” völkerrechtswidrig sind (“Schwellenklausel”). (…) Zweitens: Das Gesetz schließt die Verantwortlichkeit von Soldaten für ihre Beteiligung an völkerrechtswidrigen Kriegseinsätzen aus. (…) Drittens: Das Gesetz verwirft das Weltrechtsprinzip, indem es die Verantwortung der Bundesregierung auf Fälle begrenzt, die einen Bezug zur Bundesrepublik haben.
Quelle: TelepolisAnmerkung Paul Schreyer: Die Aufhebung von Artikel 80 des Strafgesetzbuches zu Beginn dieses Jahres wirft einige Fragen auf und ist offenbar weit weniger harmlos, als es in den Medien bislang dargestellt wurde.
- Konjunktur 2016: Glückliche Triebkräfte lassen nach, doch das interessiert kaum jemanden
Um 1,9% ist die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr nach ersten Schätzungen real gewachsen. Das ist im Vergleich zum Ausland tatsächlich nicht schlecht. Von einem guten Wachstum kann jedoch trotzdem nicht die Rede sein, wenn man sich vergangene Wachstumszahlen anschaut, und die Umstände der historisch niedrigen Kreditzinsen, des niedrigen Wechselkurses und des schwachen Ölpreises betrachtet. Umstände, von denen eigentlich alle europäischen Länder profitieren müssten. Zudem ist auch noch dieses immerhin relativ gute deutsche Wachstum keine Nachwirkung einer besonderen Wirtschaftspolitik, wie z. B. der „großartigen“ Agenda 2010-Reformen. Das Wachstum war stattdessen eher glücklich und ziemlich berechenbar. Dazu eine kleine Veranschaulichung der Ergebnisse.
Wirtschaftswachstum dank niedrigen Energiepreisen und Flüchtlingen
In meiner letzten Konjunktureinschätzung Anfang 2016 bin ich auf die Entwicklung im Jahr 2015 eingegangen, und habe dort bereits darauf hingewiesen, dass die heftige Zunahme der Einwanderung (Flüchtlinge als auch die allgemeine Einwanderung) und die gesunkenen Energiepreise einen sehr hohen Anteil an dem guten Beschäftigungszuwachs und Wachstum in 2015 hatten. Der staatliche und der private Konsum hatten damals seine Wachstums-Beiträge im Vergleich zum Vorjahr 2014 mehr als verdoppelt. Die Beiträge der Unternehmens-Investitionen, zumeist Anzeichen für eine gute binnenwirtschaftliche Eigendynamik, halbierten sich jedoch. Ich ging schon damals davon aus, dass daher auch in 2016 aufgrund der erst zum Jahresende 2015 angestiegenen Flüchtlingszahlen noch deutlich steigende Staatsausgaben die Wirtschaft stützen werden. Dafür habe ich einen nachlassenden Anstieg des Privatkonsums durch stagnierende Energiepreise, sowie einen eher schwächeren Export infolge der angespannten Weltwirtschaft erwartet. Entsprechend habe ich ebenso ein Abflauen des Beschäftigungsanstiegs in 2016 prognostiziert. Damit wollte ich darauf hinweisen, dass die deutsche Wirtschaft 2015 nicht von einer guten eigenen Wirtschaftspolitik profitiert hat, sondern von eher glücklichen Faktoren (aus dem Ausland), die 2016 nicht mehr lange oder zumindest nicht verlässlich andauern konnten.
Quelle: Maskenfall - Körzell: “Schäuble verspielt unsere Zukunft”
2016 hat der Bund ein Plus von 6,2 Milliarden Euro erzielt, Finanzminister Schäuble will den Haushaltsüberschuss zur Schuldentilgung nutzen. “Statt das Geld in bezahlbare Wohnungen, marode Kitas, kaputte Straßen oder mehr Personal zu stecken, will er seiner Schwarzen Null huldigen”, kritisiert DGB-Vorstand Stefan Körzell. “Mit diesem Kurs darf er nicht länger durchkommen.”
Zum zweiten Mal in Folge verkündet Finanzminister Schäuble einen Milliarden-Überschuss im Staatshaushalt. Das zusätzliche Geld will er zum Abbau der Schulden nutzen, die in Finanzkrise gemacht wurden. (…)
“Finanzminister Schäuble macht mit 6,2 Mrd. Euro Haushaltsüberschuss richtig Kasse. Doch statt das Geld in bezahlbare Wohnungen, marode Kitas, kaputte Straßen oder mehr Personal in öffentlichen Einrichtungen zu stecken, will er seiner Schwarzen Null huldigen. Es ist höchste Zeit, dass sich Parlament, Länder und Kommunen auf die Hinterbeine stellen und dem Finanzminister klar machen, dass er damit unsere Zukunft verspielt.
Wir brauchen nicht nur weniger Schulden, sondern vor allem ein intaktes Gemeinwesen. Stattdessen favorisiert Schäuble private Investitionen für öffentliche Infrastrukturprobleme. Die Schwarze Null ist in Wirklichkeit ein Privatisierungsprogramm für Deutschland. Das zeigen die jüngsten Vorstöße des Finanzministers: eine private Verkehrsinfrastrukturgesellschaft unter Beteiligung privater Investoren oder die Neuauflage längst gescheiterter teurer Öffentlich-Privater-Partnerschaften (ÖPP). Mit diesem Kurs darf er nicht länger durchkommen.”
Quelle: DGBAnmerkung Christian Reimann: Auf das Haushaltsplus haben die NachDenkSeiten hier hingewiesen.
- Neue Daten zur Vermögensungleichheit in Europa
Einen Tag vor Weihnachten veröffentlichte die Europäische Zentralbank neue Daten zu Vermögen, Einkommen und Ausgaben der privaten Haushalte im Euroraum (HFCS). Die reichsten 10% der Haushalte im Euroraum besitzen mehr als die Hälfte des gesamten Vermögens. Ihr Anteil ist während der Finanzkrise zwischen 2010 und 2014 gestiegen. Die Daten können wegen ihrer Qualität und ihrer Vielfalt für eine gesellschaftliche Debatte über soziale Ungleichheit herangezogen werden, doch Informationen zu den wirklich Reichen fehlen immer noch.
Die reichsten 5% der Haushalte im Euroraum haben einen Anteil von rund 38% am gesamten Vermögen. Auch dieser Anteil wuchs in der Krise. Auf die große Mehrheit der Haushalte – die „unteren“ 90% – entfällt weiterhin nur rund die Hälfte des Gesamtvermögens. (…)
Wer mehr hat, kann mehr verlieren. Doch die Vermögensrückgänge waren in den unteren Quintilen ausgeprägter als in den vermögenderen Quintilen. Die größten Vermögenseinbußen erfuhren die Haushalte im untersten Vermögensquintil. Diese zeigen die markanten Vermögensrückgänge in Griechenland und in Zypern, wo der Median des Nettovermögens um 40% fiel. (…)
Es bestehen weiterhin statistische Probleme im HFCS bei der Abdeckung großer Vermögen und bei der Erfassung der Reichen. Wenn aber keine Informationen zu den Reichen vorliegen, kann datengeleitet nur über einen Ausschnitt der Gesellschaft, eine breit gefasste Mitte, gesprochen werden. Dies ist aus gesellschaftlicher Sicht gefährlich weil die soziale Ungleichheit verharmlost wird.
Quelle: blog.arbeit-wirtschaft.at - DIHK: Höhere Investitionen und Exporte nötig
Was für ein selbsttragendes Wachstum zu tun ist (…)
Wansleben: “Das Wachstum fällt 2016 mit 1,9 Prozent erfreulich aus. Konsum und Bau haben uns – gedopt durch die Niedrigzinsen – gut durch das Jahr getragen. Auch von den öffentlichen Ausgaben für die Unterbringung und Integration von Flüchtlingen sind noch mal Impulse ausgegangen. Selbsttragendes Wachstum braucht jedoch vor allem wieder höhere Investitionen und Exporte.
Die deutschen Exporteure haben sich in einem schwierigen außenwirtschaftlichen Umfeld wacker geschlagen – nicht zuletzt wegen des günstigen Wechselkurses. Für eine Exportnation mit alternder Bevölkerung wie Deutschland fällt das Plus mit 2,5 Prozent jedoch zu klein aus. Wir sind darauf angewiesen, dass wir unsere Stärken im Austausch mit anderen Ländern zum Tragen bringen können.
Schwach haben sich auch die Unternehmensinvestitionen entwickelt. Der geringe Anstieg der Ausgaben für neue Maschinen, Anlagen oder Fahrzeuge ist angesichts der niedrigen Zinsen ernüchternd. Die Politik muss dringend die Investitionsbedingungen verbessern, zum Beispiel durch eine Vereinfachung des komplexen Steuersystems und attraktivere Abschreibungsregelungen.”
Quelle: DIHKAnmerkung Christian Reimann: Der Titel “Exportweltmeister” soll wohl auf jeden Fall in Deutschland bleiben. Dass die Exportlastigkeit der deutschen Ökonomie auch Risiken beinhaltet, scheint der Hauptgeschäftsführer dieses Lobbyverbandes, Herr Wansleben, nicht zu bemerken.
Die NachDenkSeiten haben sich mehrfach kritisch mit den deutschen Exportüberschüssen befasst – u.a. mit dem Beitrag Künftig mehr Videos in den NachDenkSeiten. Heute zum Denkfehler „Exportüberschüsse sind prima“.
Übrigens: Muss die Politik wirklich – so wie Herr Wansleben es fordert – die Bedingungen für Investitionen verändern; regelt der Markt doch nicht alles von alleine und besser? Sind nicht vielmehr die Unternehmer gefordert, angesichts der ohnehin recht günstigen Lage, Investitionen zu tätigen? Oder könnte es sein, dass insbesondere aufgrund der seit Jahren schwachen Binnenkonjunktur viele Unterehmen kaum Gewinnchancen sehen und gerade deshalb auf Investitionen hierzulande verzichten? - Immer mehr Menschen “Multijobber”
In Deutschland steigt die Zahl der Menschen, die mehr als nur einem Beschäftigungsverhältnis nachgehen.
Wie die Chemnitzer Zeitung “Freie Presse” unter Berufung auf die Bundesagentur für Arbeit berichtet, waren es zur Jahresmitte 2016 rund 3,1 Millionen sogenannte “Multijobber”. Dies seien 116.000 mehr gewesen als im Jahr zuvor und so viele wie noch nie seit 2003. Weiter heißt es in dem Bericht, der Anstieg bei den Mehrfachbeschäftigten hänge mit der damaligen Neuregelung für Minijobber zusammen. Seit April 2003 muss der Arbeitgeber für sie nur noch pauschalierte Steuern und Sozialabgaben in geringer Höhe abführen.
Quelle: Deutschlandfunk - Trotz Einkommen obdachlos
Unter Münchens mehr als 5000 Obdachlosen sind zahlreiche Tagelöhner. Viele von ihnen stammen aus Bulgarien und gehören dort der türkischen Minderheit an. Mit Jobs in Bayern unterstützen sie ihre Familien – für eine Wohnung bleibt da oft kein Geld. (…)
Die meisten Tagelöhner stammen aus Bulgarien, viele von ihnen wie Ismet und Slavcik kommen aus der Stadt Pasardschik, knapp 80.000 Einwohner, im Süden Bulgariens. Sie gehören der dortigen türkischen Minderheit an.
“Die erzählen uns immer wieder, dass sie wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeiten und auch anderem Aussehen bekommen sie keinen Job mehr. Wenn sie überhaupt was finden, ist das auch als Tagelöhner paar Tage oder paar Woche – Feldarbeit, Saisonarbeit. Und zur Zeit auch in Bulgarien – wenn man so einen richtigen Job hat, Vollzeit, dann bekommt man 200 bis 250 Euro im Monat. Das ist natürlich zu wenig für eine Familie, und die Preise in Bulgarien steigen auch stetig.” (…)
Armutszuwanderung. Mit diesen Schlagworten machte die CSU 2014 gegen Bulgaren und Rumänen mobil, die seit damals frei in Deutschland arbeiten dürfen. Wer betrügt, der fliegt, so warnten die bayerischen Konservativen vor Missbrauch des deutschen Sozialsystems. Sozialarbeiter Savas Tetik kennt die Realität der osteuropäischen Tagelöhner. Sie ist eine andere.
“Es gibt natürlich die, die Sozialhilfe beziehen, das ist das Recht und das ist nicht illegal. Wenn man Anspruch hat – das prüfen ja die Jobcenter, das ist das Recht für alle. Aber – bei uns: Viele, die Anspruch haben, die verzichten. Das kann ich Ihnen gleich sagen. Die wollen gerne arbeiten. Weil den ganzen Papierkram, die Bürokratie können sie als Tagelöhner nicht leisten. Die wollen gerne arbeiten und spätestens Ende der Woche das Geld auf die Hand.”
Unter bulgarischen Tagelöhnern ist es verpönt, Sozialhilfe zu empfangen. Offen Schwäche zu zeigen würde die Familie daheim massiv verunsichern.
Quelle: Deutschlandradio KulturAnmerkung Christian Reimann: Ein leider und sicher nicht lediglich in München anzutreffendes Phänomen.
- Hartz IV Jobcenter-Mitarbeiterin rebelliert
Eine Fallmanagerin des Jobcenters in Osterholz-Scharmbeck wehrte sich dagegen, menschenfeindliche Praktiken zu vollstrecken. Jetzt kündigte sie ihre Stelle, ist selbst erwerbslos und muss zudem die Gerichtskosten für ihre Klage gegen die Unmenschlichkeit bezahlen. Die Frau verklagte ihren Arbeitgeber, das Jobcenter, weil dieser sie dazu zwänge, Sanktionen gegen Langzeitarbeitslose zu verhängen. Die Behörde hatte zuvor Eingliederungsvereinbarungen in Serie an Hartz-IV-Empfänger verschickt, ohne zuvor den Einzelfall zu prüfen.
Die Hartz-IV-Abhängigen sollten pauschal mindestens fünf Bewerbungen pro Monat schreiben, ein Praktikum absolvieren und Kinderbetreuung organisieren. Es fand nicht nur keine Prüfung im Einzelfall statt, zu den Empfängern gehörten auch Kranke und Menschen mit Migrationshintergrund, die die Vereinbarung nicht lesen konnten.
Außerdem sollten die Betroffenen eine Lüge unterschreiben, nämlich dass vorher ein Beratungsgespräch stattgefunden hätte, was nicht der Fall war. Individuelle Vereinbarungen gab es nur, wenn jemand widersprach. (…)
So merkwürdig es Menschen erscheint, die den Demütigungen, dem Druck und ihrer Rechtlosigkeit im Hartz-IV-System ausgesetzt sind: Auch unter den Mitarbeitern der Jobcenter gibt es manche, die sich ein soziales Gewissen bewahrt haben.
Das Scheitern der Fallmanagerin zeigt aber, wie schwierig es ist, innerhalb eines unmenschlichen Systems Menschlichkeit einzufordern. Nicht nur Hartz-IV-Abhängige, sondern auch ethisch vorbildiche Mitarbeiter der Jobcenter spüren den Terror des Systems ungeschminkt, wenn sie sich zur Wehr setzen.
Quelle: gegen-hartz.de - Real Game of Thrones
Die unsichtbaren Meister der Intelligence erklären dem neuen König den Krieg
Das Real Game of Thrones, der Krieg gegen den Cowboy, der nach Jahrzehnten der Yankee-Herrschaft kurz davor steht, ins Weiße Haus einzuziehen, ist in eine entscheidende Runde gegangen. Nachdem die alten Herrscher auf dem Schlachtfeld der Wahl verloren hatten, weil der Herausforderer die meisten Wahlmänner hinter sich versammeln konnte, blieb ihnen nur noch, eine geordnete Übergabe der Macht zu gewährleisten.
Und während der neue König aus den reichsten Männern des Landes und erfahrenen Generälen eine Regierungsmannschaft aufstellte, der das Parlament zustimmte, hielt der scheidende König eine ergreifende Abschiedsrede vor seinen Untertanen und verdrückte ein paar Tränen im Knopfloch. Auch wenn er in seinem letzten Amtsjahr 26.172 Bomben abwerfen ließ und damit einen persönlichen Mord-Rekord aufstellte, galt er ja als friedlicher Kerl und wollte seinem Nachfolger keine Steine in den Weg legen.
Quelle: Mathias Bröckers auf Telepolis - Polizist am Abgrund
Deutschland lebt in einer Zeit der Angst. Der Polizeibeamte Rainer Wendt hat aus diesem Gefühl einen knalligen Bestseller gemacht. Unser Autor hat ihn gelesen. Ich kann jeden verstehen, der sagt, dies ist überhaupt kein Rechtsstaat mehr. Die Staatsführung schert sich nicht um die Einhaltung des Rechts. Die Hälfte der Deutschen hat es satt, als Nazis abgestempelt zu werden.
Dies sind keine Zitate sogenannter Patriotischer Europäer oder anderer glaubensstarker “Alternativen”. Sie stammen aus einem Buch von Rainer Wendt, Polizeihauptkommissar aus Duisburg. Seit 2007 ist er Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Sie ist im Deutschen Beamtenbund (DBB) angesiedelt, einer Organisation, in deren Bundesvorstand Herr Wendt ebenfalls sitzt. Ihre Hauptkennzeichen sind notorischer Alarmismus sowie ein allgegenwärtiger Vorsitzender.
Will man einen Sachbuch-Bestseller schreiben, muss man, so raten die Spürnasen der Verlage, eine “starke These” aufstellen und daran “entlangschreiben”. Das heißt: Ereignisse zusammensuchen, die als Bestätigung des schon feststehenden Ergebnisses dienen. Auf seriöse Recherche oder gar Wissenschaft kommt es im Jahr der Gefühle nicht an. Wer behaupten möchte, das Überhandnehmen des chinesischen Schweißfußes sei verantwortlich für den Klimawandel, braucht keine Beweise, sondern drei Talkshows.
Quelle: Zeit Online - Bundesregierung weiß um Eskalationsdynamik durch NATO-Trupenverlegung
Die Bundesregierung will die durchaus beachtliche US-Truppenverlegung nach Polen vor der Öffentlichkeit als unbedeutende Kleinigkeit verkaufen. Daher die nicht wahrnehmbaren Äußerungen der Bundesregierung dazu in den Medien. Selbst gegenüber gewählten Abgeordneten des Deutschen Bundestag verhält sich die Bundesregierung nur reaktiv, d.h. sie antwortet nur auf Nachfrage. Die Antwort selbst beschränkt sich lediglich auf das, was ohnehin zwischenzeitlich bekannt ist, wie die dürftige Stellungnahme [PDF] vom 10 Januar auf meine Frage zeigt:
“Derzeit findet die Verlegung der 3. Brigade der 4. US-Infanteriedivision von den Vereinigten Staaten nach Europa statt. Diese Verlegung wird in Kombination verschiedener Verkehrsträger (See, Luft, Eisenbahn, Straße) von den Vereinigten Staaten über Deutschland nach Polen durchgeführt. Der Zeitraum der Verlegung ist vom 6. Januar 2017 nach Ankunft des ersten Schiffes in Bremerhaven bis zur Ankunft des letzten Materials in Polen voraussichtlich am 20. Januar 2017.”
Es bleibt festzustellen: Die Bundesregierung ist sich der Eskalationsdynamik – auch unter deutscher Beteiligung – dieser seit Ende des Kalten Krieges beispiellosen Truppenverlegung nahe der russischen Grenzen bewusst. Sie will diesen Rückfall in Kalte-Kriegspolitik aber vor der Öffentlichkeit nicht einräumen, da der Widerstand gerade in Deutschland dagegen groß ist.
Quelle: Die Linke. im Bundestag - SPD
- Linke Heldengeschichte dringend gesucht
it dem Ende des Sozialismus ist nicht nur dem Kapitalismus der Gegenspieler abhandengekommen, auch die Sozialdemokratie hat verloren: Sie hat keine populäre Geschichte mehr zu erzählen. Das ist ein Problem für die Demokratie insgesamt. (…)
Beginnend mit den Regierungen unter Schröder und Blair wandelten sich weite Teile der europäischen Sozialdemokratie zu etwas, wofür sie bis heute selbst eine Bezeichnung sucht – irgendwas mit “Modernisierung” vermutlich. Sie besetzte klassisch wirtschaftsliberale Themen und machte sich diese, wie die Konservativen, zu eigen. Fragen der Gerechtigkeit standen fortan eher hinten an. Man mag argumentieren, dass eine Erneuerung der Sozialdemokraten Ende des letzten Jahrhunderts in der Tat angebracht war, dass man mit den alten Arbeiterparolen nicht mehr weitergekommen wäre. Man mag auch argumentieren, dass die Globalisierung nichts anderes zuließ oder dass es Deutschland heute wirtschaftlich gut geht. Doch auch wenn dem so wäre, muss gefragt werden, um welchen Preis die sozialdemokratische Bewegung Richtung “Mitte” vonstattenging.
Mit Blick auf Deutschland stellt sich zum einen die Frage, was Sozialdemokratie heute, im 21. Jahrhundert, eigentlich noch ausmacht. In den vergangenen Jahrzehnten mehrfach angepasster Juniorpartner in der großen Koalition mit den Christdemokraten, zwischendurch Regierungspartei unter Schröder, scheint sie so ziemlich jedes politische Profil verloren zu haben. Man kann es den aktuellen und vergangenen Spitzenpolitikern nicht persönlich vorwerfen, dass sie stets so blass bleiben, wenn es keine wirkliche Parteiidee mehr gibt. Aber lassen wir das für einen Moment das Problem der SPD sein. (…)
Geeignete Themen liegen ausreichend in der Luft: ein Grundeinkommen beispielsweise, die Einführung eines Unternehmensstrafrechts, eine verbindliche Frauenquote, der Sechs-Stunden-Arbeitstag oder radikalere Ideen zur Besteuerung von Vermögen oder Erbschaften. Gleichgültig welche Vorhaben verfolgt werden, diese oder andere, es wird für die Sozialdemokratie von wichtiger Bedeutung sein, ihre politischen Projekte als Gerechtigkeits- und Solidarisierungserzählungen zu bearbeiten und sich bei all den Themen sorgfältig von neoliberalen Weichspülungen abzugrenzen.
Quelle: Spiegel OnlineAnmerkung Christian Reimann: Mit dieser SPD-Spitze scheint die Suche nach einer „Heldengeschichte“ ebenso lange zu dauern wie das Warten auf den Sankt Nimmerleinstag – ewig und vergebens.
- Schulz hebt Eignung Gabriels hervor
Der scheidende EU-Parlamentspräsident Schulz hat die Eignung des SPD-Vorsitzenden Gabriel als Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten hervorgehoben.
Schulz sagte der Zeitung “Die Welt”, sein Parteikollege Gabriel wäre besser für das Amt geeignet als Bundeskanzlerin Merkel, weil er ein entschlossener Kämpfer gegen Populismus und für mehr Gerechtigkeit sei. Gabriel habe eine Vision, wie man die Gesellschaft zusammenhalte, und er verfüge über die Unterstützung seiner Partei. Die SPD will ihre Entscheidung über den Kanzlerkandidaten am 29. Januar offiziell bekanntgeben. Bislang war dafür neben Gabriel auch Schulz im Gespräch.
Quelle: DeutschlandfunkAnmerkung unseres Lesers A.L.: Sigmar Gabriel ist also nach der Auffassung von seinem Freund Martin Schulz “ein entschlossener Kämpfer gegen Populismus und für Gerechtigkeit”. Und er habe eine “Vision, wie man die Gesellschaft zusammenhalte”. Warum fällt das bloß außerhalb der SPD-Führung so wenigen Menschen auf, was der Sigmar für ein toller Sozialdemokrat ist?
- Linke Heldengeschichte dringend gesucht
- Truth and Politics
The concept of “fake news” has always been vacuous. But on Wednesday, Donald Trump showed how it can be dangerous.
At a press conference dominated by speculation over an alleged leaked memo detailing links between the president-elect and Russia, Donald Trump lambasted CNN as a “fake news” organization. The outburst, directed at CNN’s Jim Acosta, was met with a mixture of laughs, gasps, and applause from those in the room. This week Trump has similarly attacked BuzzFeed for publishing the document, which the outlet conceded was “unverified and potentially unverifiable.” ….
It wasn’t so long ago the cry of “fake news” was heard most strongly among sore Clinton supporters, attributing Trump’s apparently inconceivable victory to the phenomenon — many going as far as to demand Facebook take action. Likewise in the United Kingdom, many “Remain” voters complained of fighting an uphill battle against misinformation during the EU referendum, and on both sides of the Atlantic we’ve been subjected to hot-take theories on the rise of the so-called “post-truth era.” ….
To the liberal mindset, “fake news” is so offensive because it inhibits the public’s ability to be well-informed enough to participate in democratic society in good faith. At first glance the sentiment may be agreeable enough, but scratch the surface and its implications begin to look more elitist. If people do not have access to a well-rounded set of views mediated by “objective” journalists, so the thinking goes, how are they supposed to arrive at considered conclusions?
… The impulse to legislate away supposed “fake news” outlets on liberal democratic grounds — as in the case of those who turned their frustrations to Facebook’s algorithm — shies away from the very thing that makes democracy dynamic: politics.
Quelle: JacobinAnmerkung unseres Lesers H.B.: Donald Trump hat letzte Woche bei einer Pressekonferenz den CNN als “Fake News”-Organisation bezeichnet und damit den Spieß gewissermaßen umgedreht – der Vorwurf, Fake News zu verbreiten, kann eben beliebig gegen “unliebsame” Meinungen in Stellung gebracht werden. Der Artikel wertet die Fake-News/Post-Truth Kampagne im Weiteren als elitäres Denken, das den Menschen nicht zutraue, sich ein eigenes Bild zu machen. Wenn die Linke die vom Establishemnt vorgegebene Trennlinie zwischen den etablierten (sprich “seriösen”) und den neuen (potentiell “unglaubwürdigen”) Medien akzeptiere, suche sie eine technische Lösung für ein politisches Problem. Die Übernahme der “liberalen” Erzählung verhindere die politische Auseinandersetzung, statt dessen solle die Gegenöffentlichkeit weiter aufgebaut werden.
Im Weiteren werden interessante historische Parallelen aufgezeigt: Walter Lippmann, Journalist, führender Propagandaexperte seiner Zeit und Mitglied der Mont Pelerin Society wollte der unwissenden Öffentlicheit die “richtigen Meinungen” (von oben) durch Spezialisten “beibringen” lassen. Anlass waren die unkritische Berichterstattung der US-Zeitungen über die russische Revolution und die Beunruhigung über das Potential der neuen Massenmedien, die öffentliche Meinung über ein “lenkbares” Maß hinaus aufzurütteln. “Fake-News” sind so gesehen die liberale Variante der von Pegida wieder belebten Lügenpresse. - netzpolitik.org klagt vor Verfassungsgericht gegen Einschränkung der Pressefreiheit
Investigative Recherchen, die auf Leaks aufbauen, sind zum strafrechtlichen Minenfeld geworden. Schuld daran ist der Paragraph gegen Datenhehlerei, der versteckt mit der Vorratsdatenspeicherung eingeführt wurde. Mit einer Verfassungsbeschwerde wollen Journalisten und Bürgerrechtler jetzt ein Stück Pressefreiheit zurückerobern.
Autoren von netzpolitik.org klagen im Namen unserer Redaktion zusammen mit anderen Journalisten sowie den Organisationen Reporter ohne Grenzen und der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) gegen den Straftatbestand der Datenhehlerei. Die Verfassungsbeschwerde (PDF) wurde schon im Dezember in Karlsruhe eingereicht (Aktenzeichen 1 BvR 2821/16).
Der neue Straftatbestand ist seit dem 18. Dezember 2015 in Kraft. Der Bundestag hatte ihn als § 202d Strafgesetzbuch (StGB) ohne nähere Debatte verabschiedet. Der Straftatbestand versteckt sich im Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung 2.0, so dass kaum jemand auf die rechtsstaatlichen Probleme der „Datenhehlerei“ aufmerksam wurde.
Der Datenhehlerei-Paragraph stellt den Umgang mit Daten unter Strafe, die jemand zuvor rechtswidrig erworben hat; es drohen bis zu drei Jahre Haft oder Geldstrafe:
1) Wer Daten (§ 202a Absatz 2), die nicht allgemein zugänglich sind und die ein anderer durch eine rechtswidrige Tat erlangt hat, sich oder einem anderen verschafft, einem anderen überlässt, verbreitet oder sonst zugänglich macht, um sich oder einen Dritten zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (…)
Unter den klagenden Journalisten und Bloggern sind die netzpolitik.org-Redakteure Markus Beckedahl und Andre Meister, die Investigativjournalisten Peter Hornung (NDR, Panama Papers) und Hajo Seppelt (ARD, Olympia-Doping) sowie die IT-Journalisten Holger Bleich, Jürgen Schmidt (beide vom Magazin c’t) und Matthias Spielkamp. Weitere Beschwerdeführer sind der Richter und GFF-Vorsitzende Dr. Ulf Buermeyer sowie ein Anwalt und ein IT-Experte, die regelmäßig investigativ arbeitende Medien beraten. Partner der Beschwerde sind Reporter ohne Grenzen, netzpolitik.org e. V. und die Gesellschaft für Freiheitsrechte.
Das Bündnis erhebt Verfassungsbeschwerde gegen § 202d StGB sowie die damit zusammenhängende Änderung von § 97 Abs. 2 Satz 3 StPO, weil sich die Beschwerdeführer dadurch in ihren Grundrechten eingeschränkt sehen. Insbesondere die Pressefreiheit, die Rundfunkfreiheit, die Freiheit der Berufsausübung sowie die allgemeine Handlungsfreiheit werden verletzt.
Quelle: Netzpolitik.orgDazu: Kommentar: Darum klagen wir für mehr Pressefreiheit in Karlsruhe
Die Datenhehlerei ist eine Gefahr für die Pressefreiheit und ist ein Damoklesschwert über vernetzten Redaktionen wie unserer. Deswegen haben wir eine Verfassungsbeschwerde eingelegt. Unsere Hoffnung ist, dass Rechtssicherheit für Journalisten gesteigert wird und die Pressefreiheit ein Update erhält.
Wir sehen den Straftatbestand der Datenhehlerei als großes Risiko für vernetzte Redaktionen wie wir es sind. Dazu kommt: Deutschland ist beim Whistleblowerschutz immer noch Entwicklungsland. Mit sehr viel Luft nach oben. Die Datenhehlerei verfestigt diesen beschämenden Status, denn es besteht die Gefahr, dass durch Ermittlungen gegen Journalisten deren Quellen enttarnt werden.
Die Datenhehlerei gefährdet nicht nur Journalisten. Es gibt viele Organisationen im Bereich Verbraucher- und Umweltschutz, wie Foodwatch oder Greenpeace, die gesellschaftliche Missstände und Skandale aufdecken und ihr Quellenmaterial ebenfalls auf digitalem Wege erhalten. Und viele Blogger, die eine gesellschaftlich wichtige Arbeit ehrenamtlich machen, weil einfach kein funktionierendes Geschäftsmodell existiert. Diese sind meist keine „berufsmäßigen Journalisten“, erfüllen aber oft auch eine mit Medien vergleichbare Wächterfunktion in unserer Gesellschaft. Genau deswegen brauchen sie mehr und nicht weniger Schutz.
Quelle: Netzpolitik.org