Hinweise des Tages II

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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Die Rolle der USA und Deutschlands beim Putsch in der Türkei
  2. Woher kommt der Terror?
  3. Deutscher Schuldenberg: Nicht so schlimm, dass wir zweitausendneunundvierzig Milliarden Euro Schulden haben
  4. Die Betriebsrente wird zur Betrugsrente
  5. Wie die Jobcenter Arbeitslose in die Insolvenz drängen
  6. Die Osteuropäer nach dem Brexit: Brüssel im Visier
  7. TTIP and Jobs – Studie verkauft alten Wein in neuen Schläuchen
  8. 14 Cent mehr sichern Existenz
  9. Lobbyregister-Gesetz: Ihre Meinung ist gefragt!
  10. »Die Unterstützung für unseren Streik hält an«
  11. Bündnis mit Tradition
  12. Zur Werbekampagne der Bundesregierung: „Integration, die allen hilft. Deutschland kann das.“
  13. „Amerikanismus, nicht Globalismus ist unser Credo“
  14. Er lässt sich nicht wegekeln
  15. Eine soziologische Analyse: Der AfD-Wähler – das unbekannte Wesen
  16. Petra Hinz: Wenn Parteien Versorgungsvereine werden

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Die Rolle der USA und Deutschlands beim Putsch in der Türkei
    Verfolgt man die Reaktionen der amerikanischen und der deutschen Regierung auf den gescheiterten Putsch in der Türkei, kann es kaum Zweifel geben, dass sie die Putschisten politisch unterstützt und auf ihren Erfolg gesetzt haben. Sowohl Washington wie Berlin ließen sich viel Zeit, bis sie den Putsch in knappen Worten verurteilten. Sie äußerten sich erst eindeutig, als sich das Scheitern der Putschisten abzeichnete.
    Als erster hatte sich in der Putschnacht um 23 Uhr der amerikanische Außenminister John Kerry aus Moskau zu Wort gemeldet. Zu diesem Zeitpunkt sah es noch so aus, als könnte der Putsch Erfolg haben, und Kerry vermied es sorgfältig, sich festzulegen. Er rief lediglich allgemein zur „Stabilität und Kontinuität in der Türkei“ auf. Erst nachdem Erdogan die Bevölkerung eine halbe Stunde später über FaceTime zum Widerstand aufgerufen hatte und sich die Lage zu wenden begann, sprachen sich Kerry und Präsident Obama für die Unterstützung der „demokratisch gewählten Regierung der Türkei“ aus. […]
    Hätte der Putsch Erfolg gehabt, hätten ihn Washington und Berlin unterstützt, so wie sie sich vor drei Jahren hinter den Umsturz in der Ukraine und den blutigen Putsch in Ägypten stellten. Säße Erdogan jetzt wie der ehemalige ägyptische Präsident Mohammed Mursi, der ebenfalls demokratisch gewählt worden war, im Gefängnis, hätten sie keine demokratischen Skrupel. Das Argument der Demokratie bringen sie nur dann auf, wenn es in ihr politisches Kalkül passt.
    Quelle: wsws
  2. Woher kommt der Terror?
    In der Zeitung „Die Welt“ wurde gestern über die Ursachen des Terrors diskutiert. Fazit: Was haben alle Terroristen gemeinsam? Sie sind Muslime.
    Der Historiker Michael Stürmer schreibt: „Die Kolonialreiche, die das 19. Jahrhundert bestimmten, haben abgedankt.“ Er sieht ein neues „Zeitalter aus Revolution und Religion, eingeschlossen Todeskult und Opferbereitschaft. Was den Truppen des Ayatollah an Technik des Tötens mangelte, ersetzten sie durch Menschenopfer. Welche Kraft außer dem Glauben hätte das folgende Massensterben bewirken können? Tugend und Terror wurden Brandbeschleuniger einer neuen, anderen Weltrevolution, deren Hohe Priester die Hand nach Raketen und Atomsprengköpfen recken…“
    Unfreiwillig offenbaren die „Welt“-Autoren die Irrtümer der „westlichen Wertegemeinschaft“: Die Kolonialreiche haben noch lange nicht abgedankt. Immer noch führen die westlichen „Kolonialherren“ Kriege um Öl, Rohstoffe und Absatzmärkte. Gemeinsam haben die muslimischen „Terroristen“, dass sie aus Ländern kommen, in denen die „Kolonialherren“ sich austobten oder immer noch austoben indem sie Kriege führen.
    „Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf die Gefahr des Galgens.“ (Karl Marx)
    Damit beantwortet Marx die Frage, welche Kraft außer dem Glauben Massensterben bewirkt. Solange die „westliche Wertegemeinschaft“ mit dem Finger auf die Muslime zeigt, weisen drei Finger auf sie zurück.
    Quelle: Oskar Lafontaine via Facebook

    Dazu: Terrorismus als Spiegelbild – Wenn der ‚Kampf gegen‘ tatsächlich der ‚Aufbau von‘ ist
    Nach dem Anschlag in Würzburg und dem Lastwagenattentat in Frankreich darf man ja darum bangen, wie in Zeiten beobachtbarer Radikalisierung und ihrer Oberflächenerscheinungen die politischen Hardliner nach und nach als Trendsetter in Sachen Weniger-Demokratie-wagen fungieren (Erdogan erprobt unter einem anderen Vorwand ja gerade die Grenzen dieser Transformationsfähigkeit).
    Abgesehen von den platten Bestrebungen der Hardliner nach Machterhalt und Machtausbau ist ein Element, das sie dazu befähigt, ihre Vorstellungen umzusetzen, das Denken in Kategorien direkter Kausalität und dieses Denken hat sich leider in jenem Bereich chronifiziert, wo es am relevantesten ist, nämlich bei politisch-gesellschaftlichen Zusammenhängen. Ursachen werden hier nämlich einfach dort gesucht (oder propagiert), wo ihre Effekte in Erscheinung treten.
    Als bei den Anschlägen vom 13. November letzten Jahres in Paris Attentäter mit schwerer Bewaffnung mordeten, wurde einfach an dem nächst vorgelagerten Glied der Kausalkette für die Therapie angesetzt. Es wurden der Ausnahmezustand verhängt und schwer bewaffnete Soldaten auf die Straße geschickt, damit sie sich potentiellen weiteren Attentätern mit möglichst großer Feuergewalt entgegenstellen können. Es wurden Bombardements auf vermutete IS-Stellungen in Syrien durchgeführt, um „unerbittlich gegenüber den Barbaren von Daesh [zu] sein“, bzw. „über die Barbarei zu triumphieren“ (Hollande zu den Anschlägen vom 13. November). Präsident Hollande spricht von einem „Krieg“, in dem sich Frankreich befinde.
    Quelle: Maskenfall

    Dazu auch: Ökonomie des Terrors
    Vorabdruck. Der »Islamische Staat« ist ein Multimillionen-Dollar-Unternehmen. In seinen skrupellosen Finanzierungspraktiken unterscheidet er sich von anderen dschihadistischen Organisationen lediglich in der Geschäftsbilanz
    In der ersten Augustwoche erscheint im Kölner Papy-Rossa-Verlag der Band »Islamischer Staat und Co.« des Politikwissenschaftlers Werner Ruf. Wir veröffentlichen daraus vorab das Unterkapitel zu den Finanzierungspraktiken des »IS«.
    Mit dem Ende des bipolaren internationalen Systems ging auch die Privatisierung von Gewalt einher. Vor allem in den USA, aber auch in Großbritannien und Israel entstanden zahlreiche private militärische Unternehmen, die größtenteils in den Bereichen der Logistik, Ausbildung oder Bewachung tätig sind, teilweise aber auch direkt in das Kampfgeschehen eingreifen, wie etwa die berüchtigte Firma Blackwater (die inzwischen Academi heißt), die seit 2004 bei den Kämpfen im Irak mindestens 27 Mann verlor. Insgesamt waren im Irak circa 50.000 Staatsangehörige der USA im Rahmen privater militärischer Unternehmen tätig. Dabei wird die Konkurrenz untereinander schärfer: In einem im April ausgestrahlten dänischen Dokumentarfilm (»The Child Soldier’s New Job«) wird berichtet, dass die britische Firma Aegis Defence Services ehemalige Kindersoldaten aus Sierra Leone für einen Tagessold von 16 US-Dollar rekrutiert habe. Der Firmenchef James Ellery erklärte das so: »Alles, was wir uns jetzt noch leisten können, sind Afrikaner.«
    Quelle: junge Welt

  3. Deutscher Schuldenberg: Nicht so schlimm, dass wir zweitausendneunundvierzig Milliarden Euro Schulden haben
    Psychologisch wichtig wäre, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass es gar keinen Termin gibt, an dem Kinder und Enkel alle Schulden zurückzahlen müssen, die der Staat gemacht hat. Das nimmt noch etwas Druck. Dafür sei erstens der Finanzminister zuständig. Zweitens leihe sich der Staat immer wieder Geld und zahle es zurück. Das geht auch so weiter. Aufatmen. Es gibt auf der Welt auch niemanden, der jemals alle (Staats-) Schulden zurückbezahlt hat, nicht einmal, sagen wir, die Kinder in der Schweiz.
    Macht auch keinen Sinn, schon weil es viele Menschen (und Banken) gibt, die ihre Geld gern in sichere Anleihen stecken, also darauf angewiesen sind, dass der Staat solche ausgibt, sich also verschuldet (spätestens ab hier wäre es hilfreich, wenn ihr Kind in der Kita zumindest einen Basiskurs Volkswirtschaftslehre belegt hat). In Japan ist die Staatsschuldenquote mittlerweile drei Mal so hoch wie bei uns. Klingt krass. Wichtig sei, die Sache einigermaßen unter Kontrolle zu halten. Vertrauenssache. Ein erstes Lächeln.
    Jetzt können Sie argumentativ noch einen drauf legen und erklären, was es bedeuten würde, wenn der Staat plötzlich ganz viel Geld nutzen würde, um Schulden zurückzuzahlen, und es nicht mehr auszugeben – um damit angeblich die Kinder und Enkel zu erfreuen. Dass dann (noch) weniger in die Reparatur kaputter Straßen und wackliger Brücken investiert würde. Und weniger in die Rettung des Klimas. Dass uns dann noch mehr Polizisten fehlten, die uns vor Terror schützen. Und Lehrer (Achtung, das Argument zählt nur in den ersten Klassen). Und dass eine gute Infrastruktur aller Erfahrung nach wichtig ist, damit die Wirtschaft wächst und Jobs für junge Leute schafft und Steuern zahlen kann. Und der Staat dann weniger Schulden machen muss. Merke: Wer kein Geld verdient, kann auch keine Schulden zurückzahlen. Der Enkel dankt.
    Urlaub gerettet? Noch nicht ganz? Dann haben Sie noch einen Joker (für Fortgeschrittene). Erklären Sie mit einfachen Worten, was es zinstechnisch bedeutet, wenn der Staat keine neuen Schuldtitel mehr ausgibt – es aber noch mindestens genau so viel Leute gibt, die ihr Erspartes sicher anlegen wollen. Angebot und Nachfrage. Dann sinkt auch der Erlös, den man auf die Ersparnis noch kriegen kann. Rums: noch länger noch niedrigere Zinsen. Ob auf Opis Staatsanleihe oder Max’ Sparbuch. Na, herzlichen Glückwunsch. So bringt man Generationen wieder zusammen. Schönen Urlaub.
    Quelle: Thomas Fricke auf Spiegel Online
  4. Die Betriebsrente wird zur Betrugsrente
    Es gibt durchaus Betriebsrenten, die ihren Namen verdienen. Direktzusagen der Unternehmen oder die vbl für den öffentlichen Dienst in den alten Bundesländern, sind solche Versorgungswerke. Die Betriebe zahlen hier 80% bis 100% der Vorsorgebeiträge und haften zu 100% für die Rentenzusagen. Die gesetzlich seit 2002 geltende betriebliche Alterversorgung (bAV) und vor Allem die jetzt absehbare Änderung des Gesetzes haben mit solchen Renten nichts mehr zu tun.
    Nach alter und wohl auch demnächst reformierter Gesetzeslage basieren diese Renten auf Entgeltumwandlung. Die Unternehmen leiten aus den individuellen Bruttolöhnen bis zu 4% der Beitragsbemessungsgrenze (max. 2.976€) an eine Versicherung weiter. Diese Weiterleitung kostet die Betriebe nichts, im Gegenteil, sie behalten ihren Anteil an den sonst fälligen Sozialversicherungsbeiträgen. Das sind bei einem Duchschnittseinkommen von derzeit 36.000€ und einer Entgeltumwandlung von 4% rund 300€ je Beschäftigten.
    Das Wort Betriebsrente wird so zur Etikettenlüge. Betriebsbereicherungsrente wäre die richtige Bezeichnung. Die MetallRente wirbt z.B. damit, solche Betriebsrenten als Sanierungsbeitrag der Beschäftigten abzuschliessen. Auch wenn in dem reformierten Gesetz (oder einem Tarifvertrag) die Betriebe verpflichtet würden, die eingesparten Versicherungsbeträge an das Versorgungswerk abzuführen, wäre es immer noch eine zu 100% aus dem Brottoentgelt bezahlte Versicherung. Das da noch, vor allem von Politikern, von einer „arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersversorgung“ gesprochen wird, hat schon Orwellsche Neusprech-Dimension („Krieg ist Frieden“; „zwei + zwei = fünf“).
    Der Kern des bAV-Gesetzes von 2002 besteht darin, die Unternehmen zusehends von den Kosten der gesetzlichen Rentenversicherung zu entlasten und ein Riesengeschäft für die Versicherungswirtschaft zu generieren. Das Gesetz ist ein Baustein der Agenda 2010. Die in Arbeit befindlichen Änderungen des Gesetzes sollen die Agenda-Absichten jetzt vollenden. Wie das geschehen soll haben Bert Rürup und das Prognos-Institut im Auftrag des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in einem Konzeptpapier vor zwei Jahren entwickelt. (siehe Artikel „Nach dem Riester-Flop jetzt der Betriebsrenten-Turbo?“)
    Mit der bAV-Reform soll der Riester-Flop kompensiert werden. Die bAV soll verbindlich für alle werden, sie soll die Unternehmen nicht belasten und aus der Haftung nehmen und sie soll den Anteil der privaten Altersvorsorge von 20% auf 30% erhöhen. Das gegenwärtige Renditedesaster soll über staatlich garantierte Investitionserträge behoben werden (Allianz baut Autobahnen – Rendite mind. 7%). Alle diese Elemtente finden sich in den aktuellen Regierungsprojekten wieder. Der GDV begleitet das die ganze Zeit intensiv und wohlwollend. Die Gewerkschaften äußern sich dagegen nur in allgemeinen Sprechwolken und wirken ziemlich hilf- und orientierungslos.
    Quelle: Seniorenaufstand
  5. Wie die Jobcenter Arbeitslose in die Insolvenz drängen
    Wer seinen Job verliert und plötzlich auf sein Gehalt verzichten muss, der macht schnell Schulden. Arbeitslosigkeit ist die wichtigste Ursache für Überschuldung, für jeden fünften deutschen Schuldner war sie im vergangenen Jahr der Hauptauslöser für ihre finanzielle Notlage, erhob das Statistische Bundesamt. Zugleich verhindern Schulden oft, dass ein Arbeitsloser wieder einen Job findet: Arbeitgeber schreckt es meist ab, wenn ihr Bewerber in einem Insolvenzverfahren steckt. Dies sei “natürlich ein absolutes Vermittlungshemmnis”, sagt eine Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit. Nicht umsonst schicken viele Jobcenter die Hartz-IV-Empfänger zur Schuldnerberatern. Deren Aufgabe ist es, mit den Gläubigern der Menschen zu verhandeln und sich mit ihnen auf kleinere Summen zu einigen.
    Ganz anders verhält sich die Arbeitsagentur jedoch, wenn sie selbst die Gläubigerin ist und auf einen Teil ihres Geldes verzichten müsste, um einem überschuldeten Arbeitslosen zu helfen. Ein Papier aus dem Haus von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, schreibt der Agentur vor, dass sie sich nicht mehr auf außergerichtliche Einigungen einlassen darf – außer in besonderen Härtefällen. Damit ist bei allen verschuldeten Arbeitslosen, die auch bei der Arbeitsagentur in der Kreide stehen, ein Insolvenzverfahren programmiert. Denn bei diesen vorgerichtlichen Einigungen gilt: Entweder machen alle Gläubiger mit – oder keiner.
    Quelle: Süddeutsche
  6. Die Osteuropäer nach dem Brexit: Brüssel im Visier
    Nach dem Brexit wollen die Osteuropäer wieder Macht von Brüssel auf die nationalstaatliche Ebene zurückholen. Es ist eine der vielen Turbo-Entwicklungen, die sich in diesen Tagen abspielen. Von Lenin stammt der Ausspruch, es gebe Dekaden, in denen nichts passiert. Und dann gibt es dem Lenin-Bonmot zufolge wieder Wochen, in denen sich ganze Dekaden abspielen. Diese Tage fallen in die letzte Kategorie. Es ist selten, dass sich Geschichte derart verdichtet, wie es derzeit der Fall ist: Der Brexit, die zahlreichen aufbrechenden Konflikte in der amerikanischen Gesellschaft, die Terrorangst in Frankreich und Deutschland und jetzt auch noch der autoritäre Gegen-Putsch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Als normaler Nachrichtenkonsument hat man es gelegentlich schwer, den Überblick zu behalten.
    In die Kategorie der großen Beschleunigungen, die in diesen Tagen ablaufen, gehört auch – etwas unterhalb der ganz großen Schlagzeilen – ein Treffen, das am Donnerstag in Warschau stattfand. Dort versammelten sich die Regierungschefs der Visegrad-Staaten Polen, Tschechien, Ungarn und Slowakei, um über die Folgen des Brexit-Votums in Großbritannien zu reden. Die vier Staaten stehen bekanntlich einer Verteilung der Flüchtlinge auf die EU-Staaten, wie sie die EU-Kommission und Kanzlerin Angela Merkel gefordert haben, ablehnend gegenüber. Diese ablehnende Haltung, die Ungarns Regierungschef Viktor Orban auch am Donnerstag in Warschau noch einmal zum Ausdruck brachte, wäre nicht weiter tragisch, wenn sich ein neuerlicher Anstieg der Flüchtlingszahlen in der EU und damit auch eine Neuauflage des Streits um die Verteilung der Migranten ausschließen ließe. Doch das ist nicht der Fall: Flüchtlinge aus Westafrika und vom Horn von Afrika nutzen in diesem Jahr verstärkt die Route von Libyen nach Italien. Die Frage einer gerechten Verteilung der Migranten in der EU bleibt also auf der Agenda.
    Quelle: Tagesspiegel
  7. TTIP and Jobs – Studie verkauft alten Wein in neuen Schläuchen
    Die Website der Europäischen Kommission zur Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (Transatlantic Trade and Investment Partnership – kurz TTIP) verspricht uns EU-weite Beschäftigungs- und Wachstumsimpulse, Preissenkungen und eine größere Auswahl für Verbraucher. Im Zuge der Lektüre einer im Auftrag des Europaparlaments erstellten Studie geht der Autor der Frage nach, was wirklich hinter diesen Versprechungen steckt. (…)
    Aus dem Newsletter des Europaparlaments (EP) flatterte eine neue Studie zu den Auswirkungen von TTIP in meinen Briefkasten. Die Studie schien sich mit der Frage zu befassen, wie sich TTIP auf die Arbeitsmärkte in Europa auswirken würde. Diese wurde vom Ausschuss des EP für Beschäftigung und soziale Fragen in Auftrag gegeben und das Abstract am Anfang stellte ein paar zusammenfassende Eckpunkte fest: Wir würden eine „substanzielle“ Umverteilung von Jobs in und zwischen Branchen sehen, Löhne könnten in der Exportwirtschaft etwas steigen und Arbeitsmarkteffekte wären höchst ungewiss. Auch wenn diese Arbeitsmarkteffekte nicht groß wären, wird es ausreichende Geldmittel für Ausgleichsmaßnahmen brauchen.
    Ich war bis dahin gewohnt, von Beschäftigungsimpulsen, quasi einem „Jobmotor TTIP“, zu lesen und hatte eher keine nüchterne Bilanz, gar unter der Nennung potenzieller „Anpassungskosten“, erwartet. Die Thematik Freihandel und TTIP mit fundierten volkswirtschaftlichen Studien aufzuarbeiten ist für die AK nichts Neues. Die meistzitierten Studien (CEPR 2013, ECORYS 2009, ECORYS 2010 – alle abrufbar unter http://trade.ec.europa.eu/ und Bertelsmann/Ifo) zu den wirtschaftlichen Auswirkungen von TTIP werden einerseits schon länger seitens der AK kritisch bewertet (eine komplette Zusammenfassung der Argumente ist im Positionspapier zu TTIP und CETA ab Seite 12 verfügbar), andererseits lieferten selbst diese Studien keine Anhaltspunkte, um in TTIP einen Jobmotor zu sehen.
    Quelle: blog.arbeit-wirtschaft.at
  8. 14 Cent mehr sichern Existenz
    Schon ein geringer Lohnaufschlag könnte für Beschäftigte in Südasien viel bewirken. Händler wie KiK wehren sich gegen eine Initiative.
    Die Idee klingt super. Mit nur 14 Eurocent Preisaufschlag pro T-Shirt könnten die ArbeiterInnen einer indischen Textilfabrik existenzsichernde Löhne erhalten. Sie liegen um gut 50 Prozent über dem gegenwärtigen Niveau. Das hat die britische Firma Continental Clothing gemeinsam mit der Unternehmensberatung BSD berechnet – und verlangt von ihren Käufern einen entsprechend höheren Preis.
    Das ist eine Herausforderung für konventionelle Hersteller. Der Verein Fair Fashion Network, ein Zusammenschluss ethisch orientierter Firmen, sammelt Unterschriften. Einige tausend Unterzeichner sprechen sich dafür aus, dass auch die Beschäftigten der Zulieferbetriebe von Konzernen wie H&M und KiK höhere Löhne bekommen.
    ArbeiterInnen in Indien, Bangladesch und anderen Ländern der Textilproduktion erhalten oft nur Gehälter zwischen 50 und 100 Euro pro Monat, die sich an staatlichen Mindestlöhnen orientieren. Diese decken meist nur die Grundbedürfnisse wie Essen und Unterkunft ab. Eine existenzsichernde Bezahlung müsste viel höher sein, damit Beschäftigte sich etwa medizinisch behandeln lassen und ihre Kinder zur Schule schicken können.
    Quelle: taz
  9. Lobbyregister-Gesetz: Ihre Meinung ist gefragt!
    Lobbyismus in Deutschland spielt sich weitgehend im Dunkeln ab – anders als in anderen Ländern, wo Lobbyisten gesetzlich verpflichtet sind, ihre Aktivitäten und Hintergründe offenzulegen. Seit Jahren fordern wir, dass auch hierzulande der Gesetzgeber endlich nachzieht. Doch während die Berliner Lobbyszene immer neue Blüten treibt, herrscht in der Politik Stillstand.
    Den Stillstand überwinden
    Vor allem die Union blockiert: Mehr Transparenz sei unnötig, nicht machbar oder gar schädlich, hört man aus ihren Reihen. Oft wird beim Stichwort „Lobbytransparenz“ auch schlicht aneinander vorbeigeredet – weil sich darunter jede/r etwas anderes vorstellen will. Damit endlich eine konstruktive Debatte in die Gänge kommt, zeigen wir jetzt, wie ein Lobbyregister-Gesetz konkret aussehen kann. Zusammen mit Abgeordnetenwatch.de und juristischem Beistand haben wir einen Gesetzentwurf entwickelt, den wir heute der Öffentlichkeit vorstellen.
    Quelle: LobbyControl
  10. »Die Unterstützung für unseren Streik hält an«
    Neun Wochen Streik haben die Beschäftigten der Ameos-Kliniken in Osnabrück und Hildesheim hinter sich (siehe jW vom 13. Juni). Am 24. Mai begann der Ausstand, der bis zum heutigen Tag fortgesetzt wird. Rufen Sie uns noch einmal in Erinnerung, worum es bei diesem Arbeitskampf geht.
    Unsere Gewerkschaft ver.di hatte den bestehenden Tarifvertrag gekündigt und Ameos zu Verhandlungen über eine neue Regelung aufgerufen. Doch die sind nach geraumer Zeit gescheitert. Wir hatten etwa eine Anpassung der Entgelte verlangt, um sie auf das Level des Tarifvertrags des öffentlichen Diensts, TVöD, zu bringen. Auch für die Leiharbeiter in unseren Häusern wollten wir Regelungen finden. Bei uns in Osnabrück werden etwa 150 eingesetzt, in Hildesheim sind es ähnlich viele. Wir wollen auch den auslaufenden Kündigungsschutz verlängern. Das würde vielen im Betrieb Halt geben. Mit einem geltenden Kündigungsschutz würde es für Ameos schwieriger, die Beschäftigten in ausgegliederte Tochterfirmen zu versetzen – sie könnten uns nicht so leicht loswerden. Zu Beginn der Verhandlungen haben wir die Forderung aufgestellt, den Kündigungsschutz zehn weitere Jahre gelten zu lassen. Das war aber unsere Maximalforderung. Mindestens müsste er für die Laufzeit eines neuen Tarifvertrags gelten. Zudem braucht es für Kollegen über 40, die seit mehr als 15 Jahren im Betrieb sind, besondere Regeln.
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung Christian Reimann: Wieder ein Beleg für den schlechten Zustand in der Pflege. Kürzlich haben die NachDenkSeiten auf Mindestpersonalschlüssel in der Pflege: Utopie oder Wirklichkeit hingewiesen. Die aktuelle Situation in den Kliniken ist ein “Erbe” der Wulff-Landesregierung, die die ehemaligen Landeskrankenhäuser privatisiert hat – mit dem Versprechen, es werde keinem schlechter gehen. Heute scheint das Gegenteil der Fall: Beispielsweise ist die Leiharbeit ausgeweitet worden. Offenbar verfügen auch nicht mehr alle Beschäftigten über die notwendigen Qualifikationen, um die Psychiatrie-Patienten optimal und zur Zufriedenheit versorgen zu können.

  11. Bündnis mit Tradition
    Deutschland hat das faschistische Regime des spanischen Generals Franco, dessen Putsch sich diese Woche zum achtzigsten Mal jährte, nicht nur vor, sondern auch nach 1945 systematisch unterstützt. Während Berlin den Franco-Truppen schon im Spanischen Bürgerkrieg unter die Arme griff und etwa mit der Bombardierung der Stadt Guernica sogar militärisch auf ihrer Seite intervenierte, nahm die Bundesrepublik bereits 1952 die diplomatischen Beziehungen zu Madrid wieder auf. Zu diesem Zeitpunkt wurden bereits bundesdeutsch-spanische Rüstungsgeschäfte abgewickelt, die ihren Ursprung in Abmachungen aus dem Zweiten Weltkrieg hatten. Die in den 1950er Jahren gestartete Westintegration Spaniens wurde von Bonn umfänglich gefördert; Plädoyers hochrangiger Politiker, die Kooperation mit Madrid auszuweiten, wurden lediglich aus Furcht vor Gegenmaßnahmen der Westalliierten abgelehnt. Ende der 1950er Jahre preschte die Bundesregierung sogar mit dem Plädoyer für die Aufnahme des faschistischen Spanien in die EWG voran, konnte sich damit allerdings nicht durchsetzen. Noch Mitte der 1950er Jahre lobte der damalige Bundesjustizminister Francos Putsch als Beitrag zum “Kampf gegen den Kommunismus”.
    Quelle: German Foreign Policy
  12. Zur Werbekampagne der Bundesregierung: „Integration, die allen hilft. Deutschland kann das.“
    Ein NachDenkSeiten Leser schrieb letzte Nacht: Rechts oben auf der Seite der Süddeutschen heute Nacht gegen 01:10 Uhr eine Anzeige der Bundesregierung. Der Text: Der vom Aspekt her Migrant sagt: “Mein Deutsch ist noch nicht perfekt.“ und sein Betreuer/Lehrmeister (?) sagt: „Aber seine Motivation.“
    Das ist genau die Linie der Arbeitgeberverbände, die den jungen, ehrgeizigen (hungrigen) Migranten gegen den ‚satten‘ deutschen Arbeitnehmer ausspielen wollen. Wundert sich da noch jemand, dass viele ‚einfache‘ Deutsche, die jeden Tag um ihren Job und ihren kleinen Wohlstand fürchten müssen, die Zuwanderung als Bedrohung empfinden?

    Quelle: Kampagne der Bundesregierung

    Anmerkung Albrecht Müller: Danke vielmals für die interessante Beobachtung.

  13. „Amerikanismus, nicht Globalismus ist unser Credo“
    Donald Trump hatte seine Rede auf dem Nominierungsparteitag der Republikaner in Cleveland kaum beendet, da brach das Getöse der Kritiker und Spötter los – in Deutschland fast noch schneller als in den USA selbst. Während seine Thesen zur Innenpolitik, zum Kampf gegen Kriminalität, zur Einschränkung der Einwanderung nicht mehr besonders überraschen konnten, stürzten sich die Kommentatoren in Zeitungen und sozialen Netzen nun auf die Außenpolitik. „Demontage der NATO“ und „Angriff auf das NATO-Herz“, entsetzt sich die Süddeutsche Zeitung.
    Was hat Trump gesagt?
    Zunächst zählte er in seiner Rede das Scheitern der US-Außenpolitik der vergangenen Jahre auf, „eine Demütigung nach der anderen“ sei diese gewesen. Amerika sei heute weniger sicher und die Welt weniger stabil als vor acht Jahren. 2009 sei Libyen stabil gewesen, Ägypten friedlich, ISIS nicht einmal abzusehen gewesen und Syrien „irgendwie unter Kontrolle“. Vier Jahre später, in denen Hillary Clinton Außenministerin war, habe sich ISIS in der Region und der ganzen Welt ausgebreitet, sei Libyen in Ruinen, Ägypten in die Hände der Muslimbrüder geraten, was das Militär gezwungen habe, die Kontrolle zu übernehmen. Irak sei im Chaos, Syrien versunken in einen Bürgerkrieg und eine Flüchtlingskrise bedrohe die Welt. Bis dahin ist die ziemlich treffende Analyse auf seine Gegenkandidatin Clinton gerichtet. Dann aber sagt Trump: „Nach 15 Jahren der Kriege in Mittleren Osten, Kosten in Höhe von Billionen Dollars und Tausenden verlorener Leben ist die Situation schlimmer als je zuvor.“ Das geht weit über eine Kritik an Obama und Clinton hinaus.
    Quelle: Hintergrund
  14. Er lässt sich nicht wegekeln
    Seit Corbyn Labour-Chef ist, sind Hunderttausende der Partei beigetreten. Obwohl Establishment und Medien ihn diskreditieren, gibt ihn die Basis nicht auf.
    Quelle: Zeit Online

    Anmerkung JK: Amüsant die Verwunderung im Tenor des Artikels darüber, dass die Mitgliederzahl von Labour mit Corbyn stieg, während die, der SPD in Deutschland beständig sinkt. Nun, muss man sich wirklich wundern, wenn man sich den Parteivorsitzenden der SPD ansieht? Dieser steht symptomatisch für die Sozialdemokratie nicht nur in Deutschland und für die sogenannte Politik der Mitte, was nichts anderes ist, als ein Euphemismus für die Durchsetzung der neoliberalen Agenda im Sinne der herrschenden Eliten. Corbyn hat sich seit jeher gegen den Neoliberalismus positioniert und ist für die Opfer der neoliberalen Politik eingetreten, ein wesentlicher Grund für seinen Erfolg.
    Die Haltung der britischen Parlamentsabgeordneten, die sich offensichtlich den Interessen der britischen Oligarchie mehr verpflichtet fühlen als den Bedürfnissen der Bürger des Vereinigten Königreiches, dürfte sich dabei nur nuanciert von der ihrer deutschen Genossen unterscheiden. Im Einklang mit den englischen “Qualitätsmedien” versuchen diese Corbyn zu eliminieren und zeigen, wem ihre Verachtung gilt, indem sie versuchen gerade Menschen aus prekären Verhältnissen von der Partizipation auszuschließen.

  15. Eine soziologische Analyse: Der AfD-Wähler – das unbekannte Wesen
    Die AfD ist vor allem eine Männerpartei, wird eher von älteren gewählt und ihre Wähler eint die Angst vor dem Abstieg – so resümieren Meinungsforscher. Soziologen und Demoskopen hatten die Wahlerfolge der “Alternative für Deutschland” so nicht vorhergesehen. Doch wer sind ihre Wähler? Der Versuch einer soziologischen Analyse des “typischen” AfD-Wählers anhand dreier Landesverbände. […]
    Kaum einer will laut und öffentlich sagen, warum die “Alternative für Deutschland” gerade zwischen Halle, Leipzig und Dessau so beliebt und erfolgreich ist. Zur Erinnerung: Bei den Landtagswahlen am 13. März hat die AfD in Bitterfeld aus dem Stand 31,9 Prozent der Stimmen erhalten. Damit hat fast jeder dritte Bitterfelder die AfD gewählt. Ein bundesweiter Spitzenwert. […]
    Viele Menschen im Süden Sachsen-Anhalts, auch in der Region Bitterfeld-Wolfen sind überfordert, sehen sich abgehängt. Und gerade für diejenigen, so Begrich weiter, hält die AfD die Botschaft bereit: du kannst so bleiben wie du bist. Zur Erinnerung: Nach dem Mauerfall haben in Bitterfeld und Umgebung rund 31.000 Menschen ihren Job verloren. Dann keimte Ende der 1990er-Jahre Hoffnung. Westberliner Solar-Enthusiasten versprachen ein Klimamärchen: das Solar-Valley. Rund um die Uhr wurden Solarmodule produziert. Lastwagen kamen im Minutentakt, um die leuchtend blauen Paneele einzuladen. Es gab einen hauseigenen Kindergarten, einen kostenfreien Shuttleservice zwischen Bahnhof und Werk. Von der Goldgräberstimmung ist heute nichts mehr zu spüren.
    Die Werkshallen stehen leer, daneben wächst der Raps. So erlebte die einst so stolze Industrie-Region im wiedervereinigten Deutschland ihren zweiten Niedergang. Zu viel für die Menschen in diesem Landstrich. Sie lehnen Zuwanderer ab, weil sie sich benachteiligt, von der Politik im Stich gelassen fühlen. Auch wenn es in der Gegend bisher kaum Flüchtlinge gibt.
    In der AfD sehen viele Menschen im Süden Sachsen-Anhalts – so beschreibt es der Stendaler Politologe und Psychologe Thomas Kliche – eine Art Klassensprecher für ihre Probleme. Eine Partei, die zuerst die einheimischen Deutschen und niemand anderen – schon gar nicht Flüchtlinge oder Migranten – im Blick habe:
    “Im Norden haben wir eine andere Entwicklung. Da haben wir eine Orientierung an Arbeitsplätzen, die außerhalb des Landes liegen, vor allen Dingen in Wolfsburg und Berlin. Und dadurch ist mehr Konstanz in den sozialen Beziehungen, in den ländlichen Gefügen, aber auch in der wirtschaftlichen Orientierung.”
    Quelle: Deutschlandfunk
  16. Petra Hinz: Wenn Parteien Versorgungsvereine werden
    In unserem Idealbild sind Parteien Organisationen, in denen sich Menschen versammeln, die eine politische Idee verbindet, in denen sich Menschen für Ideale und ihre Umsetzung engagieren. Der Fall Petra Hinz zeigt eine ganz andere Seite des Parteiensystems. Es belohnt Anpasser und verschleisst Menschen. Das Petra Hinz ihr Mandat niedergelegt hat und nicht mehr im Bundestag sitzt ist eine Selbstverständlichkeit. Dass sie ihren Lebenslauf in großen Teilen erfunden hat, ist nicht zu entschuldigen. Aber Menschen wie Hinze gibt es viele in den Parteien. Nicht weil sie Abitur und akademischen Titel erfunden hat, wie andere ihre Doktorarbeiten gefälscht haben. Sondern weil sie offenbar sehr früh auf eine berufliche Laufbahn in der Politik setzte und sich in vollkommene Abhängigkeit ihrer Partei begab.
    In ihrer Erklärung ist ein Satz, der mich aufhorchen ließ:

    Mitte der 1990er Jahre unternahm sie den Versuch, auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur nachzuholen und so zumindest einen Teil ihrer bio-grafischen Falschangaben zu heilen. Aufgrund ihrer zeitlichen Beanspruchung als Mitglied im Rat der Stadt Essen und ihre ehrenamtlichen politischen Engagements musste sie diesen Versuch jedoch bereits nach etwa einem Jahr wieder aufgeben.

    Auch wenn mal vieles was Hinz gesagt hat nicht glauben muss, der Satz wird wahrscheinlich stimmen. Und er zeigt, dass viele, die sich scheinbar politischen engagieren, dies nur tun, um Karriere in der Partei zu machen, um ihren Lebensunterhalt mit der Politik bestreiten zu können. Und es zeigt, wie die Parteien und Fraktionen solche Lebensentwürfe zulassen.
    Quelle: Ruhrbarone

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