Hinweise des Tages
(KR/WL)
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.
Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Deutsche Bank zu Schadenersatzzahlung von 958.000 Euro verurteilt
Im Prozess um riskante Zinstauschgeschäfte hat die Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV) am Montag einen Teilerfolg erzielt. Die Zivilkammer des Landgerichts verpflichtet die Deutsche Bank zu einer Schadenersatzzahlung von 958.000 Euro plus Zinsen. Das Gericht wirft der Bank vor, das Unternehmen nicht ausreichend über mögliche Risiken sogenannter Zinswetten aufgeklärt zu haben. Andererseits habe die WVV die Verträge wegen des Spekulationsverbotes für öffentliche Einrichtungen in dieser Form nicht abschließen dürfen. Die WVV hatte von der Bank einen Schadenersatz von 2,6 Millionen Euro verlangt.
Quelle 1: dpa-AFX
Quelle 2: finanznachrichten.deKommentar: Öffentliche Gelder werden verzockt, obwohl es ein Spekulationsverbot für öffentliche Einrichtungen gibt. Dieses Verbot dürfte wohl auch die Städte Hagen, Pforzheim, etc. betreffen, denen die Deutsche Bank ebenfalls Zinstauschgeschäfte angedient hat.
- EuGH-Urteile: Recht auf Arbeitskampf in Gefahr
“Besorgniserregend”, “ziemlich beunruhigend”, “können wir nicht wichtig genug nehmen”: Vertreter des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) sind alarmiert. Zwei Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) liegen ihnen schwer im Magen. Auch Politiker sind besorgt.
Der sozialdemokratische österreichische Europa-Abgeordnete Harald Ettl und die deutsche Grüne Elisabeth Schroedter charakterisieren die Richtersprüche als “Gefahr für das soziale Europa”. Gewerkschafter wie Politiker befürchten, dass in der Union das Recht auf Arbeitskampf eingeschränkt wird.
Quelle: FRSiehe hierzu auch einen Essay von Wieland Hempel in den NachDenkSeiten vom 14. Januar 2008:
Graf Lambsdorff hatte diese Richtung und die kleinen aber zielstrebigen Schritte bereits im September 1982 mit seinem berühmten “Scheidungspapier” zur Beendigung der Regierung Schmidt vorgezeichnet. Zwei seiner Forderungen waren auf längere Sicht besonders wirksam: Zum einen die “Verlagerung bisher öffentlich angebotener Leistungen auf den privaten Bereich mit dem Ziel einer effizienten Aufgabenerfüllung und einer Entlastung der Haushalte sowie einer Stärkung der wirtschaftlichen Dynamik.” Und zum anderen die Forderung, die europäische Ebene systematisch zur Aushebelung nationaler Standards zu nutzen: “Ablehnung gemeinschaftlicher Regelungen, insbesondere Richtlinien, die bereits im Stadium der Beratung ……. das Investitionsklima belasten….” Ihre jüngste Bekräftigung hat diese Strategie einer ausgedünnten demokratischen Kontrolle im europäischen Verfassungsprozess erfahren. Der vom Bundestag bereits ratifizierte Entwurf war an den Volksentscheiden in Frankreich und den Niederlanden nicht zuletzt wegen der Verpflichtung auf eine neoliberale Politik gescheitert. Das hindert die Regierungen nicht, im Vertrag von Lissabon ihre Grundentscheidung für eine freie Marktwirtschaft aufrecht zu erhalten, sie aber über Verweisungen und Fußnoten hinter den Kulissen und einigen sozialen Feigenblättern zu verbergen.
…
Der “gewöhnliche Kapitalismus” begnügt sich mit einer wie auch immer zu seinem Vorteil verschobenen Balance von individueller, durchaus auch ökonomischer Freiheit und solidarischer Rücksicht, von materieller Bereicherung und Respekt vor den Verlierern. Damit bewegt er sich als eine von mehreren politisch möglichen Optionen innerhalb der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Der Neoliberalismus will sich von diesen Fesseln grundsätzlich befreien. The winner takes all. Die Zerstörung von Bindungen, Pflichten und Verantwortlichkeiten ist der Kern dieser “Philosophie der Freiheit” und sie ist der Kern ihrer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Praxis bis hin zur Neuformierung bzw. Deformierung der Individuen. Sie bekennt sich unverschlüsselt zur Naturgegebenheit von Oben und Unten, von Herr und Knecht. - Bispinck/Schulten: Aktuelle Mindestlohndebatte: Branchenlösungen oder gesetzlicher Mindestlohn?
Der Niedriglohnsektor ist in Deutschland in den letzten Jahren immer größer geworden – einer der Hauptgründe für „Armut trotz Arbeit“. Dies hat zu einer intensiven politischen Auseinandersetzung um die Einführung von Mindestlöhnen geführt. Die Bundesregierung plant, mit der Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und einer Novellierung des Mindestarbeitsbedingungengesetzes die Möglichkeiten zur Einführung branchenbezogener Mindestlöhne zu erleichtern.Eine genaue Analyse der vorgeschlagenen Verfahren macht deutlich, dass damit große Teile des Niedriglohnsektors nicht erfasst werden würden. Deshalb bleibt der allgemeine, branchenübergreifende Mindestlohn auf der Tagesordnung.
Quelle: WSI Mitteilungen [PDF – 172 KB] - WSI-Mitteilungen, Ausgabe 03/2008: Armut, Reichtum und Sozialstaat
Claus Schäfer, Claudia Bogedan, Till Müller-Schoell: Editorial
Ute Klammer: Armut und Verteilung in Deutschland und Europa
Richard Hauser: Altersarmut in der Europäischen Union
Claudia Bogedan, Anika Rasner: Arbeitsmarkt x Rentenrefom = Altersarmut?
Irene Becker: Familienarmut – Bestandsaufnahme und Reformoption
Gerda Holz: Kinderarmut – Eine komplexe Herausforderung für staatliches Handeln
Emmerich Tálos: Armutspolitik am Beispiel Österreichs: Bedarfsorientierte Mindestsicherung
Michael Hartmann: Elitenstruktur und soziale Ungleichheit in EuropaQuelle: Hans-Böckler-Stiftung
- Union und Wirtschaft lästern über Mindestlohn-Schlappe der SPD
Hämische Kommentare für die SPD: Trotz intensiven Werbens haben sich kaum Wirtschaftszweige für Branchen-Mindestlöhne angemeldet. Führende Unionspolitiker und Wirtschaftsvertreter sind extrem zufrieden – und fordern, dass Arbeitsminister Scholz jetzt Gesetzespläne stoppt.
Quelle 1: SPIEGEL online
Quelle 2: SPIEGEL online
Quelle 3: SPIEGEL online
Quelle 4: SPIEGEL onlineAnmerkung von G.G.: Um die Häme auch richtig auszukosten, macht SPon in 24 Stunden gleich vier Aufgüsse aus der Meldung. Dabei schreckt man auch nicht davor zurück, regierungsamtlichen Unsinn zu verbreiten: “Nur eine Handvoll eher kleiner Branchen wollen sich einem staatlichem Lohndiktat unterwerfen.” Von Glos, Pofalla und Röttgen ist man ja einiges gewohnt, aber die sich durchsetzende “Vernunft” mit solchen Sätzen und weiteren, ähnlich Glos-kalibrigen Zitaten zu untermauern, ist schon eine Glanzleistung des Qualitätsjournalismus. Allerdings fehlt der Hinweis, dass es sich um eine Glosse handelt.
- Offene Email an Dr. Rainer Wend, den wirtschaftspolitischen Sprecher der SPD, bezüglich Rentenerhöhung
Schauen wir uns Ihre obige Darstellung, den jüngeren Arbeitnehmern bliebe weniger Spielraum, um privat fürs Alter vorzusorgen, an. Doch bevor ich darauf intensiv eingehe, möchte ich noch darauf hinweisen, dass Sie Mitglied des Beirates der Hamburg-Mannheimer Versicherungs AG sind.
Wie obige Zahlen belegen, beträgt der kleiner gewordene Spielraum für jungere Arbeitnehmer 0,6 % (19,9 % – 19,3 %) vom Bruttoeinkommen. Doch allein diese Darstellung ist schon falsch, mindestens jedoch irreführend. Denn den Rentenversicherungsbeitrag teilen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber je zur Hälfte.
Somit beträgt der von Ihnen so bedauerte, geschmolzene Spielraum für den jüngeren Arbeitnehmer genau 0,3 % vom Bruttoeinkommen. Wenn mein Taschenrechner nicht lügt, sind 0,3% von € 2000 genau € 6. Gibt es bei der Hamburg-Mannheimer Rentenpolicen für einen Beitrag von € 6 monatlich? Wäre mir neu.
Quelle: aristo blog - Kölner Studie belegt Zwei-Klassen-Medizin
Der Grund für die teils erheblich längeren Wartezeiten für Kassenpatienten gegenüber privat versicherter Klientel ist simpel: Durch die Behandlung eines Privatpatienten verdienen niedergelassene Mediziner nach Angaben der Kölner Wissenschaftler zwischen 20 und 35 Prozent mehr als bei Kassenpatienten. Manche Arztpraxis kann mittlerweile nur durch die Zusatzeinnahmen der Privatpatientenbehandlung überleben. „Nicht der einzelne Arzt ist der Bösewicht, der Fehlanreiz liegt im System“, betont der Leiter des Instituts für Gesundheitsökonomie und klinische Epidemiologie der Kölner Uni, Markus Lüngen. Daraus ergibt sich aus Sicht des Wissenschaftlers die Notwendigkeit, die Honorare unabhängig zu machen von gesetzlicher oder privater Versicherung. Eine solche Reform freilich ist nicht in Sicht. Zwar wird das Arzthonorarsystem derzeit neu geordnet, einschließlich einer lange fälligen Aufstockung des Gesamtvolumens um rund 2,5 Milliarden Euro. Bei den unterschiedlichen Sätzen für Privat- und Kassenpatienten wird es aber im Grundsatz bleiben – und damit bis auf weiteres auch bei der Ungleichbehandlung. Besonders ungerecht sei dies für freiwillig gesetzlich Versicherte, die den Höchstbeitrag zahlten und damit die Versorgung gering verdienender Versicherter mitfinanzierten.
Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger - Das Ende der Lohnzurückhaltung
Der Abschluss im öffentlichen Dienst ist vernünftig. Nicht nur, um lästigen Streik zu vermeiden. Höhere Löhne sind das Elixier des Kapitalismus. Sie füllen das Staatssäckel genauso wie die Kassen der Sozialversicherungen.
Quelle: FR - Sigmar Gabriel: Sagen, was Sache ist!
Gerade die SPD ist deshalb gefordert, ihre Mitte und die der bundesdeutschen Gesellschaft neu zu entdecken und ihr zugleich eine neue Richtung zu geben. Wer sind diese Mittelschichten in unserem Land? Es sind die Facharbeiter, die Gesellen im Handwerk, die Techniker, Ingenieure und Meister ebenso wie die Krankenschwestern, Polizisten, Beamten und Angestellten, Lehrer, wissenschaftlichen Mitarbeiter oder Selbständigen. Sie und andere Berufsgruppen sind die wahren Leistungsträger Deutschlands.
Ein Kern eines politischen Angebots an die tatsächlichen Leistungsträger unserer Gesellschaft bleibt eine überzeugende Wirtschafts- und Finanzkompetenz. Eine Reduzierung auf soziale Kompetenz allein wird nicht reichen, zumal dies zwangsläufig auf einen Wettbewerb um die jeweils populärste sozialpolitische Forderung mit der Linkspartei hinauslaufen würde, den die SPD als Regierungspartei nicht gewinnen kann. Eine Zulassung zur Regierungspolitik aber wird die SPD beim Wähler-TÜV alle vier Jahre immer nur erhalten, wenn sie den Realitätstest in der Wirtschafts- und Finanzpolitik auch besteht.
Was immer man von Details der politischen Agenda 2010 von Gerhard Schröder halten mag, und natürlich sind sie auch veränderbar – grundsätzlich aber gilt: Hier wurde die Realität gespiegelt. Und nichts anderes ist auch Gegenstand sozialdemokratischen Regierungshandelns in der Großen Koalition. Etwas stolzer dürfen wir durchaus schon sein, denn wenn wir diese Erfolge nicht öffentlich verkaufen, werden sie von anderen beansprucht.
Quelle: Spiegel OnlineAnmerkung WL: Gabriel unternimmt nicht mehr als einen weiteren „Vermittlungsversuch“ für die Agenda-Politik. Er will uns einreden, gerade diese Politik stehe für „Wirtschafts- und Finanzkompetenz“. Aber genau die „Realität“, die sich in dieser Politik der Gerhard Schröders inzwischen für jedermann erkennbar „spiegelt“, ist das Problem für die SPD. Denn genau mit diesem „Realitätstest“ des Auseinanderdriftens der Gesellschaft, des Abstiegs der Mittelschicht und der Umverteilung von unten und von der Mitte nach oben haben die Sozialdemokraten das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler verloren.
Gabriel tut so, als könne man aus der Gesellschaft eine Gruppe „der tatsächlichen Leistungsträger“ gewissermaßen herauspräparieren und zum Ansprechpartner für die SPD machen. Eine solche künstliche Isolierung von gesellschaftlichen Gruppen verkennt oder leugnet die wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhänge zwischen den gesellschaftlichen Schichten. Die Mittelschicht „bröckelt“, weil sie im „Paternoster“ vielleicht ein paar Fahrkörbe höher steht, aber dennoch gemeinsam mit der Unterschicht wirtschaftlich und sozial nach unten befördert wurde. Mittel- und Unterschicht mussten hilf- und schutzlos mit ansehen, wie gleichzeitig eine kleine Gruppe von Agenda-Gewinnlern nach oben befördert wurde. Mit Hartz wurde doch keineswegs nur die Unterschicht getroffen, sondern das gesamte Lohniveau wurde nach unten gefahren. Mit den Arbeitsmarktreformen (von der Ausweitung des Niedriglohnsektors, den prekären Arbeitsverhältnissen bis hin zur Leiharbeit), mit der Ruinierung der gesetzlichen Rente, mit dem raschen Fall in die Sozialhilfe beim Verlust des Arbeitsplatzes wurde doch nicht ein unterer Rand der Gesellschaft oder gar die „Schmarotzer“ „gefordert“, sondern das Vertrauen gerade der Mittelschicht in „ihre“ Arbeitslosenversicherung, in „ihre“ Rentenversicherung, ja in die „soziale Marktwirtschaft“ überhaupt wurde zerstört.
„Sache ist“ doch, dass die „wahren Leistungsträger Deutschlands“ Opfer bringen mussten und dass sie von der angeblichen „Wirtschafts- und Finanzkompetenz“ als „Gegenstand sozialdemokratischen Regierungshandelns“ nichts zurückbekommen haben. Gabriels Hoffnung, die Mittelschicht gegen die Unterschicht ausspielen zu können, kann und wird nicht aufgehen.Siehe dazu auch:
Franz Walter: Der beherzte Ratlose
Quelle: Spiegel OnlineAnmerkung: Walter hat Recht, wenn er Gabriel eine radikale Kritik an der gesellschaftlichen Entwicklung bescheinigt, dass sein Aufsatz aber ein typisches Dokument „sozialdemokratischer Ratlosigkeit und Verwirrung“ sei. Auf die Idee, dass gerade der wirtschafts- und gesellschaftspolitische Kurs der SPD zum „Neo-Feudalismus“ geführt hat, kommt Franz Walter leider auch nicht.
- ZEW Präsident Wolfgang Franz über “Gutmenschen”
Im Mittelpunkt dieses Beitrags steht die Bevormundung der Bevölkerung durch Gutmenschen, also solchen Weltverbesserern, die eine unerschütterliche Berufung in sich verspüren, ihre Sicht der Dinge Andersdenkenden aufzuzwingen, koste es, was es wolle. Leider ist es nicht damit getan, diesen Zeitgenossen einfach aus dem Weg zu gehen, denn nur allzu häufig gelingt es ihnen, Gutgläubige vor ihren Karren zu spannen. Möglicherweise sind die folgenden Ausführungen politisch nicht immer ganz korrekt. Daher die Warnung: “Achtung! Weiterlesen kann Ihr Sendungsbewusstsein gefährden!”.
Quelle: ZEW aktuellAnmerkung HF: In meinen Augen ist es schon fast erschütternd, auf welch niedriges Niveau der “ZEW Präsident” Wolfgang Franz mit seinem Artikel über “Gutmenschen” rutscht. Die zusammengestoppelte Aneinanderreihung von Plattitüden und Phrasen ergibt einen grauseligen Brei, der nur mit Dschungelkamp-Mentalität runtergewürgt werden kann.
Einen gewissen Erkenntnisgewinn kann man dann doch mitnehmen. Der Angriff auf sogenannte “Gutmenschen” offenbart wie bei einem Angriff üblich die Schwächen des Angreifers:
Das Soziale – egal!
Ob jemand vom Arbeitslosengeld II leben kann – egal!
Mindestlohn – egal!
Verteilungsgerechtigkeit – egal!
Armut – egal!
Umweltschutz – egal!
Globale Erwärmung – egal!
Bio-Energie – egal!
NichtRaucher – egal!
Dem überwiegenden Teil der Bevölkerung sind diese Themen nicht egal. Somit kommen wir zu des Pudels Kern. Was ist es, was überdeutlich aus diesem Artikel spricht? Meiner Meinung nach ist die Antwort eindeutig:
Demokratie – egal!Anmerkung WL: Wolfgang Franz ist vom Bundeswirtschaftsministerium bis 2013 zu einem der „Wirtschaftsweisen“ erkoren. Nach diesem Beitrag können Sie sich selbst ein Bild machen, auf welchem Niveau in diesem „Sachverständigenrat“ diskutiert wird. Er ist Präsident des ZEW, man kann sich also auch ausmalen, welcher „Geist“ in diesem Wirtschaftsforschungsinstitut weht.
- Schily droht Bundestag Klage an
Der SPD-Abgeordnete und frühere Innenminister bleibt stur: Otto Schily weigert sich, dem Bundestagspräsidenten genaue Angaben zu seinen Einkünften als Anwalt zu machen. Falls deswegen ein Ordnungsgeld gegen ihn verhängt wird, will Schily vors Bundesverwaltungsgericht ziehen.
Quelle: SpiegelAnmerkung: Andere ausspionieren lassen, aber wenn es ums eigene Geld geht, hört der Spaß auf.
- Die Uni bin ich
Hochschulen sind mittelständische Unternehmen – und sollten auch so geführt werden. Gefragt sind Präsidenten mit Managerfähigkeiten und dem Mut, unbequeme Entscheidungen zu treffen. Die Unis sollten klare Entscheidungsstrukturen schaffen. Die strategisch-operative Arbeit, die vom Präsidenten geleistet wird, sollte durch einen Hochschulrat kontrolliert werden, der auch mit externen Mitgliedern besetzt ist. Das kann nur gelingen, wenn die Länder den Hochschulen mehr Gestaltungsspielräume lassen und Zielvereinbarungen mit ihnen festlegen.
Quelle: FTDAnmerkung: Hochschulautonomie für den Alleinherrscher.
Dazu passt:
Von Untreue und Begünstigung: Strafanzeige gegen TU-Präsidenten
Die Juristen sprechen zwar erst einmal nur von einem Anfangsverdacht, doch der klingt schon wild: Der Präsident der TU Berlin, Kurt Kutzler, und der Leiter der Bauabteilung sollen sich der Untreue zum Nachteil des Landes Berlin schuldig gemacht haben. Die Berliner Staatsanwaltschaft prüft nun, ob sie ein Verfahren gegen die beiden einleitet.
Quelle: DLFAnmerkung: Macht macht Missbrauch.
- Geldregen für Goethe-Uni
Die Frankfurter Johann Wolfgang Goethe-Universität hat sich nach ihrer Umwandlung in eine Stiftungsuniversität zu Beginn des Jahres bereits 47 Millionen Euro gesichert.
Wie Finanzminister Karlheinz Weimar (CDU) und Universitätspräsident Rudolf Steinberg am Freitag erklärten, stammen 32 Millionen Euro aus dem Nachlass des Frankfurter Bankier-Ehepaares Kassel als Stiftung und 15 Millionen Euro von der Stadt Frankfurt. Damit sei der Stiftungsuniversität “ein herausragender Start gesichert”, sagte Steinberg.
Quelle: FRAnmerkung: Der Bankier stiftet 32 Millionen Euro, die „reichen“ Studierenden in Hessen 120 Millionen Euro. Unipräsident Steinberg will 33 Millionen Euro “für Exzellenzprojekte” verwenden.
Wollen seine Exzellenz einmal vergleichen:
Yale etwa verfügt über ein Stiftungsvermögen von rund 20 Milliarden Dollar, Stanford liegt mit 17 Milliarden knapp dahinter, Princeton kommt auf 13 Milliarden. Der ewige Klassenprimus: Harvard, 29 Milliarden Dollar schwer. - Journalisten – Wird, wer sich nicht “einbetten” läßt, “entsorgt”?
Was für die Zuseher des Schweizer Fernsehens (SF) ein Gewinn sein wird, ist für die Zuschauer des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) ein herber Verlust. Ulrich Tilgner, der langjährige Leiter des ZDF-Büros in Teheran und Sonderkorrespondent des ZDF für den Nahen und Mittleren Osten, hat seinen diesbezüglichen Vertrag mit dem “Zweiten” nicht verlängert. Wie es hieß, um seine journalistische Unabhängigkeit zu wahren.
Kritischen und interessierten Fernsehzuschauern wird er jedoch auch künftig erhalten bleiben: denn ab dem 1. April wird der erfahrene und von einem großen Fernsehpublikum hochgeschätzte Journalist hauptsächlich für das für das Schweizer Fernsehen (SF) reportieren. Der Reporter betrachtet die Schweiz als letzte Oase kritischer Berichterstattung. Im Migros-Magazin erklärte Tilgner, er fühle sich in Deutschland in seiner Arbeit, “gerade auch, was die Berichterstattung aus Afghanistan angeht, jetzt wo dort deutsche Soldaten sterben”, arg eingeschränkt. Es würden sich bei der Arbeit dort Bündnisrücksichten bermerkbar machen, welche sich negativ auf die redaktionelle Unabhängigkeit der Sender auswirkten. Andererseits würde Politik in Deutschland immer mehr in Nischen verdrängt. “In der Schweiz hingegen sind Sendungen wie ‘Tagesschau’ oder ‘10 vor 10′ Institutionen”, sagte Tilgner und beteuerte, dort noch keine Eingriffe in seine Arbeit erlebt zu haben.
Kritische Journalisten scheinen es zunehmend schwerer zu haben in den deutschen Leitmedien.
Den Mächtigen, den Regierenden – und denen ihnen oft medial tief gebückt und allzu staatsnah zur Seite springenden, sich offenbar ganz gerne als “Leit-Journalisten” begreifende “Edelfedern” – scheint es nicht nur in der Kriegsberichterstattung, sondern auch betreffs des ganz normalen Alltagsjournalismus immer mehr zu gefallen, sich Journalisten zu bedienen, welche in irgendeiner Weise embedded, also eingebettet sind.
Man muss hoffen, dass die Negativ-Entwicklung im deutschen Journalismus nicht Gelegenheit bekommt, immer weiter voranzuschreiten. Doch die Gefahr besteht durchaus real. Schließlich werden auch kritische politische Fernseh-Magazine wie z.B. “Monitor” mehr und mehr in der Sendezeit beschnitten. Anderswo werden die gesendeten oder gedruckten Informationen immer beliebiger, rutschen gar in Richtung Boulevard ab. Allgemeine Verblödung scheint mehr und mehr Methode zu haben. Ziel scheint die völlige Einlullung der Zuschauerinnen und Zuschauer zu sein. Vielleicht in der Hoffnung, der auf diese Weise ruhig gestellte Bürger stellt keine kritischen Fragen mehr. Und weniger und weniger Zeitungen, auch hierzulande, können – oder wollen – es sich noch leisten, Sachverhalte und Geschehnisse selbst vor Ort zu recherchieren. Wo das hinführt, können wir deslängeren schon in den USA beobachten. Wo der Teil der selbst gewonnenen Informationen bereits den kleineren Teil am Gesamtkuchen ausmacht. Entweder liefern Lobbyisten aus den großen Konzernen schon fix und “fertige” Arktikel, oder Zeitungen lassen ganze Seiten bereits gleich von Lohnschreibern, etwa in Indien, fabrizieren. Können wir eine solche Entwicklung wollen?
Quelle: Readers Edition - Buchbesprechung: Klasse Gesellschaft
Der renommierte Soziologe Michael Hartmann analysiert in seinem neuen Buch solide, klug und faktenreich “Eliten und Macht in Europa”.
Quelle: tazAnmerkung WL: Gert G. Wagners Einschätzung, dass z.B. Cambridge keine geschlossene Anstalt sei vermag ich nicht zu teilen. Sicher, die Universität Cambridge besteht aus einer Vielzahl von Colleges – übrigens ganz unterschiedlicher Qualität – , aber ins King`s College kommen z.B die Absolventen der elitären Eton-Schule sozusagen automatisch, während sich andere Schüler einem extrem harten Auswahltest stellen müssen. Dass da auch mal ein superbegabter Schüler aus der Arbeiterschaft durchkommen kann, mag zutreffen, aber die Darstellung, dass dort keine Eliteauswahl stattfinde, ist nach meiner Anschauung falsch.
- Nochmals: Kurt Beck wird zum Sündenbock für den Niedergang der SPD gemacht
Zum Beitrag “Kurt Beck wird zum Sündenbock für den Niedergang der SPD gemacht” kann ich eine Korrektur und eine Ergänzung liefern:
Unter Kurt Beck fanden noch 3 weitere Landtagswahlen statt: 2006 in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern und 2007 in Bremen. Lediglich in Berlin gab es Gewinne zu verzeichnen (nur der Vollständigkeit halber).
Als Ergänzung habe ich der Email eine Auswertung der Landtagswahlergebnisse seit dem 2. Dezember 1990 angehangen. Dabei habe ich nach jeder Wahl die Wählerstimmen aller zu diesem Zeitpunkt aktuellen Landtagswahlen zusammengerechnet. Ausgerechnet habe ich allerdings nicht den Anteil an den gültigen Stimmen, sondern an den Wahlberechtigten (den Verluste an das Nichtwählerlager sind letztendlich auch Stimmenverluste).
Dargestellt wurde nur der Anteil von CDU/CSU und SPD (der Nichtwähleranteil stieg im behandelten Zeitraum von 27,5 auf 41,4 Prozent). Für die SPD wurden die jeweiligen Bundesvorsitzenden eingetragen, wobei der rote Strich die letzte Landtagswahl unter der Führung des jeweiligen Vorsitzenden anzeigt.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die SPD-Verluste sich in drei Phasen einteilen lassen: Die erste Phase nach der verlorenen Bundestagswahl 1994 (dauerte bis 1996), die zweite Phase im Sommer und Herbst 1999 und die dritte Phase seit der Bundestagswahl 2002. Die Hälfte der knapp 10 Prozentpunkte Verluste rühren aus der Amtszeit Schröder!
Der CDU/CSU-Verlauf lässt sich leichter zusammenfassen: Bis zu Bundestagswahl 1994 und seit der Bundestagswahl 2005 verliert die Union Stimmen (und in diesen Zeiträumen auch jeweils stärker als die SPD); zwischen diesen Wahlen gab es im Wesentlichen eine Seitwärtsbewegung.
Lange Rede kurzer Sinn: Die Graphik dürfte schön zeigen, unter welchen Vorsitzenden große Verluste eingefahren wurden (unter Schröder, Müntefering und Platzeck wurde ein Viertel der SPD-Wähler verloren; während dieser Zeit wurden auch etwa ein Viertel der SPD-Mitglieder verloren) und unter welchen nicht (unter Lafontaine und unter Beck ist eine Seitwärtsbewegung mit leichten Verlusten zu verzeichnen).
Nikolai Scheuring - Lucas Zeise: Die Lehren von 68
Der Vietnamkrieg zeigt: Es gibt keine guten Argumente für die USA, den Rückzug aus dem Irak aufzuschieben. Er ist schon jetzt überfällig.
Quelle: FTD