Zwischenruf: Von Querfronten, Trollen, Schmuddelkindern und dem Versuch, linke Stimmen mundtot zu machen
Wussten Sie schon, dass die Linkspartei eigentlich rechts ist? Das behauptet zumindest ein Internetoutlet der Burda-Gruppe, indem es genüsslich Facebook-Beiträge einer streitsüchtigen ehemaligen Grünen-Politikerin thematisiert. Früher hätte man derlei substanzlose Provokationen der Provokation willen wohl als Trollerei bezeichnet. Heute hat das professionelle Trollen Konjunktur. „Spiel nicht mit den Schmuddelkindern“ … wer sich jemals öffentlich mit einer Person unterhalten hat, die auf der schwarzen Liste der modernen Trolle steht, gilt als Bestandteil einer „Querfront“ oder gleich als „Verschwörungstheoretiker“. Beweise? Sind nicht nötig, denn um Inhalte geht es ohnehin nicht. Sondern darum, kritische Stimmen aus dem linken Lager mundtot zu machen. Klar, dass auch die NachDenkSeiten im Visier der Hexenjäger stehen. Von Jens Berger
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Was ist eigentlich eine Querfront? Historiker verstehen darunter die Strategie rechtsextremer Kreise, das linke Lager unter Betonung oder Konstruktion vermeintlicher Gemeinsamkeiten zu einem politischen Bündnis zu bewegen. In den 1930ern gab es in der Tat in Teilen der NSDAP einen kleinen Flügel, der einer solchen Querfrontidee anhing. Man muss schon ungemein geschichtsvergessen sein, wenn man hier aktuelle Parallelen zu erkennen glaubt. Nach Ansicht der Trolle ist es heute bereits eine „Querfront“, wenn auf einer Massendemo gegen TTIP sich ein paar Rechte unter die 200.000 Demonstranten mischen. Das ist nicht nur lächerlich, es ist auch politisch komplett kontraproduktiv. Natürlich will niemand aus dem linken Lager etwas mit Rechten zu tun haben und daher ist es für Gegner der Linken auch so attraktiv, inflationär jeder linken Strömung dieses Label zu verpassen. Mann muss den politischen Gegner halt nur ausgiebig mit Dreck bewerfen. Irgendwas wird schon hängen bleiben, so die Hoffnung der modernen Hexenjäger.
Einigen Trollen gelten ja sogar die NachDenkSeiten als Teil einer Querfront. Inhaltlich wird dabei meist die kritische Linie der NachDenkSeiten zur Außen- und Sicherheitspolitik der NATO-Staaten ins Feld geführt. Es mag ja sein, dass diese Politik auch in rechten Kreisen kritisiert wird. Aber ist die Kritik deshalb falsch? Kann Kritik dadurch diskreditiert werden, dass auch Rechte sie teilen? Sollen wir jetzt etwa für TTIP sein, nur weil rechte Kreise TTIP ebenfalls ablehnen?
Da es im Wesen der Trollerei liegt, dass inhaltliche Debatten gar nicht erst angestrebt werden, verlegen sich die modernen Trolle auch meist auf die Strategie, „Schmuddelkinder“ zu finden und jedem zu verbieten, mit diesen „Schmuddelkindern“ in welcher Form auch immer zu kommunizieren. Ken Jebsen von KenFM ist ein solches „Schmuddelkind“ und aktuell versucht man den Schweizer Historiker Danielle Ganser zum „Schmuddelkind“ zu machen. Und da Albrecht Müller die Unverfrorenheit besitzt, mit Ken Jebsen zu sprechen und die NachDenkSeiten sogar den bösen Verschwörungstheoretiker Danielle Ganser interviewt haben, gehören wir nun natürlich auch zu den „Schmuddelkindern“. Diese Strategie ist ebenso durchschaubar wie erbärmlich.
Schlussendlich ist dies vor allem ein Frontalangriff auf die Intelligenz der Leser. Es mag ja sein, dass die streitsüchtige ehemalige Grünen-Politikerin auf Facebook und eine sich selbst als links verortende Berliner Tageszeitung ihre Anhänger bzw. Leser für so dumm halten, dass sie ihnen Gebote und Verbote darüber erteilen wollen, welche Quellen „gut“ und welche Quellen „böse“ sind. Wir halten unsere Leser für klüger, nehmen sie ernst und überlassen es ihnen selbst, welche Quellen sie lesen und welche nicht. Für uns spielen die Inhalte die entscheidende Rolle. Wer beispielsweise Albrecht Müllers Interview mit Ken Jebsen kritisiert, der soll doch bitteschön erst einmal sagen, was konkret Albrecht Müller in diesem Interview Falsches gesagt haben soll. Stattdessen mit einer „Schmuddelkinder-Ausgrenzungs-Debatte“ zu kommen, ist unredlich. Ich habe im Rahmen der Promo für meine Bücher auch so ziemlich jedem öffentlich-rechtlichen Sender Interviews gegeben und war sogar schon einmal Gast bei einer Podiumsdiskussion der Heinrich-Böll-Stiftung. Käme nun irgendwer auf die Idee, mich mit den übrigen Personen, die von den öffentlich-rechtlichen Sendern interviewt wurden, in einen Topf zu schmeißen oder mich für die – durchaus zu kritisierende – außenpolitische Linie der Heinrich-Böll-Stiftung verantwortlich zu machen? Wohl kaum.
Die Lieblingsfrage aller Verschwörungstheoretiker lautet ja bekanntlich: „Cui bono?“, wem nützt es? Na wem nützt es wohl, wenn die Linke sich selbst mit Dreck bewirft und am Ende ausschaut wie ein Schmuddelkind?
Meine persönliche Antwort auf die „Schmuddelkinder-Strategie“ und die größtenteils lächerlichen Unterstellungen aus den sozialen Netzwerken ist ein schönes englisches Sprichwort, das sich leider nicht sinnvoll ins Deutsche übertragen lässt: „Don´t wrestle with pigs, you both get dirty, but the pig likes it“. Den genannten Kritikern geht es doch gar nicht um eine inhaltliche oder gar konstruktive Debatte. Es geht vielmehr darum, mit Dreck um sich zu werfen und den jeweiligen Gegner zu diskreditieren. Sobald man anfängt, sich ernsthaft mit ihnen auseinanderzusetzen, steckt man schon knietief im Dreck und ist – je nach Geschick des Gegners – tage- bis wochenlang damit beschäftigt, sinnlose Debatten zu führen. Daher werde ich mich auch künftig nicht mit derlei Anfeindungen und Rufmordkampagnen auseinandersetzen.