Hinweise des Tages
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.
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- Autos kaufen kaum noch Autos
In Deutschland und der EU sind die Autoverkäufe im September eingebrochen. Auch gute Absatzzahlen aus Osteuropa konnten die Verluste nicht wettmachen. Viele deutsche Kfz-Händler stellen sich bereits die Existenzfrage. Allein in Deutschland gingen die Neuzulassungen um elf Prozent auf gut 265.000 zurück, nachdem die Mehrwertsteuererhöhung vor einem Jahr zu einem Run auf die Händler geführt hatte.
Quelle: FTDAnmerkung AM: Mitten im angeblichen Boom gehen die Autozulassungszahlen um 11% zurück! Der Artikel ist gut verwertbar von Lesern, die das Gerede vom Boom kontern wollen.
- Zur Kontroverse um die Verlängerung des Arbeitslosengeldes
- IAQ-Studie zur aktuellen Debatte: ALG I: Länger für alle, aber degressiv
Der Bezug von Arbeitslosengeld sollte nicht nur für Ältere, sondern für alle verlängert werden. Dabei könnten die Leistungen aber nach dem ersten Jahr schrittweise an das Niveau der Grundsicherung herangeführt werden. Das schlägt das Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen vor. Die weit verbreitete Angst vor dem baldigen Statusverlust bei Arbeitslosigkeit und das damit verbundene Gefühl der sozialen Ungerechtigkeit verlange eine politische Antwort. “Diese kann nur darin bestehen, die Arbeitslosenversicherung für alle so auszugestalten, dass sie ihren Namen wieder verdient und ein Gefühl von Sicherheit vermittelt”. Das Ziel müsse sein, soziale Abstiegsängste zu dämpfen, ohne Beschäftigungsanreize zu nehmen.”
Quelle: IAQAnmerkung: So gerne man diesen Vorschlägen folgen möchte, so spricht auch diese Studie von den „Arbeitsanreizen“ die von den Reformen ausgegangen seien. Sie folgt also dem der neoklassischen Lehre entnommenen Dogma, dass man nur genügend Druck auf die angeblichen „Drückeberger“ ausüben müsse, um sie wieder in Arbeit zu zwingen.
- SPD-Spitze streitet weiter ums Detail
Die SPD-Spitze soll sich bei ihrem Treffen in Mainz zwar auf ein Konzept für ein sozialpolitisches Gesamtpaket verständigt haben – doch in der Frage eines verlängerten Arbeitslosengelds für ältere Arbeitnehmer bleiben Parteichef Beck und Vizekanzler Müntefering zerstritten.
Quelle: SZAnmerkung eines Lesers: Die Bezugsdauer könne über zusätzliche Fortbildungsmaßnahmen verlängert werden; darüber hinaus sei eine Sonderregelung für Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit vorstellbar.”
Das ist der größte Lacher, und die Auswahl an Gelegenheiten ist hier wahrlich groß. Ich habe es selbst die letzten Jahre erlebt – die finanzieren noch nicht mal 2-3 Tage Weiterbildungen um die Vermittlungschancen im Beruf mit speziellen Anforderungen zu vergrößern. Weiterbildung gibt es nur, wenn man praktisch schon einen Arbeitsvertrag mitbringt. Ansonsten haben die mit Langzeitarbeitslosigkeit kein Problem, ab in Hartz IV. Das was hier gemacht wird – Bezugsdauer mit Bildungsmaßnahme verlängern gab es ja früher schon. Steigerungsfähig wird das dann, wenn man die Leute anschließend zwangsverrentet. Diese Leute streuen doch wieder nur Sand den Menschen in die Augen, Müntefering gleich schaufelweise… - Schröder fordert Nachgeben von Müntefering
Deutliche Worte vom früheren Bundeskanzler: Gerhard Schröder geht im Streit um das Arbeitslosengeld I erkennbar auf Distanz zu Vizekanzler Müntefering. Die Reformen der Agenda 2010 “sind nicht die Zehn Gebote, und niemand, der daran mitgearbeitet hat, sollte sich als Moses begreifen”, sagte Schröder. Gleichzeitig verlangt Schröder eine härtere Gangart gegenüber der Union.
Quelle: Spiegel OnlineAnmerkung: Schröder hat sich ja um sein Geschwätz von gestern noch nie gekümmert und er hat – siehe seine Wahlkämpfe – schon immer die Fähigkeit dafür gehabt, wie man sozial daher redet und in der Regierung das Gegenteil tut. Da müssen die Münteferings, die Steinmeiers und Steinbrücks noch viel von ihrem Guru lernen.
- Kampfabstimmung entscheidet
SPD-Chef Kurt Beck und Arbeitsminister Franz Müntefering sind sich auch in dem Krisengespräch über das Arbeitslosengeld I nicht einig geworden. Das hat Beck in Mainz nach einer Unterredung mit Müntefering unter Vermittlung von Fraktionschef Peter Struck bekannt gegeben. Den Streit in der Parteiführung soll nun eine Kampfabstimmung entscheiden. Grundsätzlich einigte sich die Dreierrunde auf ein Papier zur Arbeitsmarktreform, das der SPD-Parteitag Ende kommender Woche verabschieden will. Für die längere Bezugsdauer des Arbeitslosengelds I für Ältere und zusätzliche Weiterbildung sollten rund eine Milliarde Euro aus der Bundesagentur für Arbeit bereitgestellt werden. Zusätzlich soll der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung zum 1. Januar 2008 auf 3,5 Prozent gesenkt werden.
Quelle: FRAnmerkung: Mit der weiteren Senkung der Beiträge hat die SPD ohne Not der CDU schon ein weiteres Zugeständnis gemacht.
- Der Streit um die Verlängerung des Arbeitslosengeldes und die lange verschobene Aufarbeitung der rot-grünen Reformjahre
Das Versprechen aber, mit dem die Einschnitte begründet wurden, sehen die meisten Menschen nicht eingelöst. Ist das wirklich schon der erneuerte Sozialstaat? Solange es ihn nicht gibt, werden viele Menschen eher die Trümmer des alten wahrnehmen. Es ist schwer, an Gerechtigkeit zu glauben, wenn es für eine Unternehmensteuerreform reicht – aber jeder Agenda-Korrekturvorschlag Verratsgeschrei auslöst.
Quelle: TagesspiegelAnmerkung: Wieder so typischer ein Beitrag, diesmal von Tissy Bruns, einer von links unten nach rechts oben gewanderten Journalistin. Typisch ist z.B. das Papageien-Geplappere: „So richtig diese Reformen waren, weil ohne sie der globalisierte Markt den Sozialstaat zerstört hätte“ oder Münteferings „gleichermaßen hartnäckiges Werben für die Rente mit 67 und den Mindestlohn war die erste erkennbar sozialdemokratische Antwort auf die offene Frage, wie eine gerechte Gestaltung neuer Sozialstaatlichkeit aussehen könnte.“
Solche Artikel sind nur die weichere Variante der Bemühungen die gescheiterte und ganz überwiegend abgelehnte Agenda zu retten. - Spitzenverbände der Wirtschaft warnen vor Rolle rückwärts bei den Reformen
In einem gemeinsamen Aufruf warnen die Spitzenverbände BDA, BDI, DIHK und ZDH vor Korrekturen der Arbeitsmarktreform. In dem Schreiben, das BILD exklusiv vorliegt, heißt es:
„Der aktuelle wirtschaftliche Aufschwung in Deutschland ist auch eine Folge der richtigen und wichtigen Reformen der Agenda 2010. Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft warnen deshalb davor, einen Teil der Reformen zurückzudrehen.“
Quelle: BildAnmerkung: Bezeichnenderweise die BILD-Zeitung, die sich mehr und mehr als Zentralorgan des Klassenkampfes von oben outet, verbreitet exklusiv die Kampfansage der Wirtschaftslobbyisten gegen eine minimale Korrektur von Hartz IV. Während für Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt, Industrieboss Jürgen Thumann, Handelskammer-Präsident Ludwig Georg Braun und Handwerks-Präsident Otto Kentzler die „Reformen“ doch immer als viel zu lasch fanden, behaupten nun auch sie, dass der Aufschwung und der leichte Rückgang der Arbeitslosigkeit ein Erfolg der Agenda-Politik sei. Die minimale Verlängerung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I für Ältere ist für sie ein Aufweichen der „Kernpunkte“ der Agenda 2010. Endlich können wir es schwarz auf weiß nachlesen: Existenziellen Druck auf die Arbeitnehmer auszuüben, ist der Kernpunkt der Agenda-Politik.
Wo bleibt eigentlich der „Aufruf“ der deutschen Arbeitnehmer? Weit über 6 Milliarden Steuergeschenke (jährlich) für die Wirtschaft führen angeblich „aufwärts“, 1 Milliarde für Menschen an denen der Aufschwung vorbeigegangen ist, gelten als „populistische und rückwärtsgewandte Politik“. Klar, dieses Geld kommt ja auch nicht bei der Wirtschaft an.
Hier folgt die unverblümte, harte Variante:
- IAQ-Studie zur aktuellen Debatte: ALG I: Länger für alle, aber degressiv
- Jedes sechste Kind lebt in Armut
Hartz IV hat die Zahl der Kinder in Deutschland verdoppelt, die am Rande des Existenzminimums leben
Quelle 1: taz
Quelle 2: Nationale Armutskonferenz - Die Gesundheitsreform wirkt – aber nur vorübergehend
Die Spargesetze der Koalition haben die Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenkassen im vergangenen Jahr nur vorläufig senken können. Nach einem drastischen Rückgang des Ausgabenanstiegs auf 1,8 Prozent im vergangenen Jahr habe es zuletzt im August 2007 wieder einen Anstieg von 11,3 Prozent zu Lasten der Beitragszahler gegeben, sagte der Herausgeber des Arzneiverordnungs-Reports, Dieter Paffrath. Im gesamten Jahr 2005 hatte der Ausgabenanstieg für Arzneien allerdings 16,8 Prozent betragen.
Gesundheitsministerin Ulla Schmidt kündigte weitere Sparmaßnahmen an.
Quelle: tagesschau - Wissenschaftlicher Beirat von Attac kritisiert EU-Reformvertrag: demokratiefeindlich, neoliberal und militaristisch
Bei dem so genannten EU-Reformvertrag, der auf dem EU-Gipfel von Donnerstag bis Freitag in Lissabon unterzeichnet werden soll, handelt es sich nach Ansicht der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Wesentlichen um den Verfassungsvertrag, der von der Bevölkerung Frankreichs und der Niederlande per Referendum abgelehnt wurde. Um dieses Vertragwerk dennoch durchzubringen, seien die Staats- und Regierungschefs auf einen Trick verfallen: “Nach zweijähriger Denkpause entschloss man sich, lediglich den Namen zu ändern – an der demokratiefeindlichen, neoliberalen und militaristischen Substanz wird jedoch festgehalten.“
Quelle: Attac - Kongress der Weißwäscher
In Berlin diskutierten Pressesprecher und Unternehmensberater über Strategien zur Abwehr von Negativschlagzeilen.
Öffentlichkeitsarbeiter und Journalisten leben in zwei verschiedenen Welten. Die Berufsperspektiven im Journalismus sind geprägt von Honorarkürzungen, Stellenabbau und prekärer Beschäftigung. Auf der anderen Seite steigen die Etats der PR-Abteilungen in den meisten Branchen kontinuierlich an. Im Schnitt verdienen Pressesprecher in öffentlichen Einrichtungen und privaten Betrieben rund 70.000 Euro brutto im Jahr (zum Vergleich: das Tarifgehalt eines Tageszeitungsredakteurs mit zehn Jahren Berufserfahrung liegt bei 50.000 Euro, das Jahreseinkommen eines freien Journalisten ist im meist noch deutlich niedriger).
Kein Wunder also, dass viele Redakteure irgendwann die Fronten wechseln und sich als Pressesprecher anheuern lassen. Zumal die Bezahlung in den PR-Abteilungen der Privatwirtschaft weit über dem Durchschnitt liegen kann, weil hier “erfolgsabhängige” Komponenten zum Grundgehalt hinzukommen.
Quelle: Telepolis - Unternehmerische Schule
Unsere Schulen wandeln sich. Sie erhalten mehr Eigenständigkeit und Selbstverantwortung. Schulleiter und Lehrkräfte haben viele unterschiedliche Aufgaben: Gestaltung des Unterrichts und der Unterrichtsentwicklung, Personalrekrutierung und -führung, Teambildung, Projektmanagement, Budgetplanung, Fortbildungsplanung, Konfliktbewältigung, Qualitätsmanagement u.v.m. Das Aufgabenfeld ist fast so groß wie in mittelständischen Unternehmen.
Quelle: Stiftung der Deutschen WirtschaftAnmerkung: Jetzt bildet also die deutsche Wirtschaft die pädagogischen Führungskräfte aus und das auch noch mit Stipendien des Bundesbildungsministeriums. Da hat man doch ein ideales Rekrutierungsfeld für das Management der sich immer weiter ausdehnenden Privatschulen.
Oder man schafft die passenden Führungskräfte für die „unternehmerischen“ staatlichen Schulen. Der schleichende Funktionswandel der ausgebluteten staatlichen Bildungseinrichtungen in privatwirtschaftliche Organisationsformen schreitet wie schon an den Hochschulen nun auch an den Schulen voran: Statt öffentlich verantwortete Schulen also künftig die von Unternehmern als mittelständische Unternehmen geführte Schule. - “Bildung ist keine Privatsache”
Immer mehr Studenten nehmen Privatkredite auf – weil sie kein Bafög bekommen. Im Interview erklärt Rolf Dobischat, der Präsident des Deutschen Studentenwerks, warum er die Privatisierung der Bildung für den grundfalschen Weg hält.
Quelle: Spiegel Online Unispiegel - Studiengebühren für Stipendien für Studiengebühren
Mit den Gebühren sollen Stiftungen finanziert werden, die durch die Vergabe von Stipendien allzu eklatante Ungerechtigkeiten wieder ausgleichen. Das klingt nach einem Projekt von selbsternannten Vordenkern mit viel Tagesfreizeit. Doch das abenteuerliche Unterfangen hat durchaus System und ist allemal geeignet, langjährige Fehlentwicklungen weiter zu verschärfen.
Quelle: Telepolis - Professoren kritisieren FU-Präsidenten
Gutachter und Berufungskommission sind sich einig: Albert Scharenberg ist der beste Kandidat für die neue Juniorprofessur am JFK-Institut der Freien Uni Berlin. Dennoch stehen seine Chancen schlecht. Darum setzen sich über hundert Professoren in einem Brief für ihn ein.
Quelle: Spiegel Online Uniespiegel - Hightech gegen den Klimawandel
Annette Schavan will durch eine bessere Vernetzung von Forschung und Finanzen den Klimaschutz fördern – und den Wirtschaftsstandort stärken.
„Der Klimawandel erfordert entschlossenes Handeln“, sagte Schavan.
Deutschland wolle hier Innovationstreiber sein. Deshalb sollten Industrie und Wissenschaft künftig enger zusammenarbeiten. Dafür werde die Regierung zusätzlich eine Milliarde Euro in den nächsten zehn Jahren zur Verfügung stellen. Die Wirtschaft steuere zwei Milliarden bei.
Quelle: SZAnmerkung: Klimawandel als Deckmantel für Forschungssubventionen in Milliardenhöhe für die Wirtschaft.
- Nato privatisiert Afghanistankrieg
Die Nato greift bei ihrem Afghanistaneinsatz künftig vermehrt auf die Hilfe privater Dienstleister zurück. Nach Angaben von Diplomaten will die Allianz Hubschrauber von Privatunternehmen einsetzen, um ihre Truppen im umkämpften Süden des Landes zu versorgen.
Die Vergabe militärischer Aufträge an Privatfirmen ist ein zunehmender Trend. Besonders die Vereinigten Staaten haben im Irak den Schutz von Personen und Versorgungskonvois privaten Sicherheitsfirmen wie dem Unternehmen Blackwater übertragen. Seit einem mutmaßlichen Massaker von Blackwater-Angestellten an Zivilisten in Bagdad ist diese Praxis verschärft in die Kritik geraten.
Quelle: FTD - Irak – Akkumulation durch Enteignung. Militärischer Neoliberalismus und das geplante irakische Ölgesetz
Im Irak findet derzeit nicht nur eine radikale neoliberale Umstrukturierung statt, sondern darüber hinaus eine direkte Enteignung durch das geplante Ölgesetz.
Quelle: Linksnet