Hinweise des Tages
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen. Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.
Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
(AM/KR)
- China und das Währungsdumping
Das Krachen im Gebälk der US-Immobilen-Banken hat es etwas übertönt: Die USA haben in ihrem bisher fruchtlosen Kampf für eine Aufwertung der chinesischen Währung den Internationalen Währungsfond in Stellung gebracht und auch der neue französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy reiht sich ein in die Front gegen das chinesische Währungsdumping. Die deutsche Regierung hält sich dagegen in dieser Frage auffällig zurück.
Quelle: TelepolisKommentar AM: Der Hinweis auf die Gefahr, die daraus folgt, dass China (und andere Gläubiger der USA) ihre Dollarbestände auf den Markt werfen, ist wichtig. Denn dann kommt es wahrscheinlich zu einem weiteren Kursrutsch des Dollars mit großen Folgen auch für uns. Weil diese Gefahr so groß ist, haben wir in den NachDenkSeiten immer dafür plädiert, die Binnennachfrage als Ausgleich für das Risiko des Wegbrechens der Exporte zu stärken. Ähnlich haben sich einige andere Experten geäußert. Ich einnere mich an ein ZEIT-Interview mit Jim O’Neill von Goldman Sachs vom August 2004. Darin war der Hinweis auf die Dollarbestände schon enthalten.
Zu hinterfragen bleibt aber einiges an diesem Artikel. Zum Beispiel:- Mit der Unterbewertung der chinesischen Währung transferiert – realökonomisch gesehen – China Wertschöpfung in den Rest der Welt. Nur wenn man, was heute üblich ist, alles nur aus merkantilistischer Perspektive betrachtet, hält man diesen Unterwertverkauf für schädlich für den Rest der Welt und für gut für China.
- Außerdem könnte man ja auch sagen, der Dollar sei überbewertet.
- Die USA haben mit der Anhäufung von Dollars in China ganz gut gelebt. Sie haben über ihre Verhältnisse gelebt, würde man in der Sprache der Mainstream-Ökonomen sagen. Realökonomisch betrachtet haben sie auf Kosten Chinas (und anderer) gelebt. Dass dabei Dollarreserven großen Ausmaßes angehäuft wurden, ist die Folge dieser Entwicklung. Das kann ein großes Problem werden, wenn die Chinesen diese Dollars in großen Mengen auf den Markt werfen (siehe oben). Sie werden vermutlich aus eigenem Interesse dies zu dosieren versuchen, denn ein Dollarverfall entwertet ihre angehäuften Währungsreserven. Sie sind also in jeder Hinsicht auch die Gelackmeierten dieser unguten Entwicklung.
- Öffentlich-rechtliche Medien
- Machts wie die BBC
Die öffentlichen Medienanstalten folgten – ohne Not – in den letzten Jahrzehnten dem Hang zur Selbstkommerzialisierung und zum Boulevard. Unter dem Druck der Politikerquoten in den Rundfunkräten und der Einschaltquoten in den Köpfen der Programmdirektoren, begleitet vom ängstlichen Schweigen und stillen Leiden der Redakteure, erlitten die stolzen
Kulturinstitutionen einen Banalisierungsschub nach dem anderen, bis hinunter auf das Niveau von Sat.1, RTL. Die Intendanten ließen zu, dass statt der politischen Magazine, die einst die politische Agenda setzten oder beeinflussten, Frau Christiansen vier Legislaturperioden lang die Propaganda der “Initiative soziale Marktwirtschaft” transportierte.
Genug des Jammerns. Was nun? Die Fundamente stehen ja noch. Eine konsequente Entkommerzialisierung der öffentlichen Anstalten, ein Verzicht auf Werbung, eingetauscht gegen den Verzicht der Medienunternehmen auf ihre Attacken gegen die “Zwangsgebühren”; eine verfassungsrechtliche Garantie für das öffentliche Rundfunksystem, gegebenenfalls dessen Steuerfinanzierung; vor allem aber eine Entfernung der Parteien aus den Aufsichtsgremien – dies alles und noch mehr könnte das “professionelle Selbstverständnis eines unabhängigen Journalismus” wieder entfesseln.
Quelle: Le Monde diplomatique, Deutsche AusgabeKommentar AM: Wie meist bei Artikeln von Mathias Greffrath ein erhellender und lesenswerter Text.
Wir weisen auch deshalb gerne daraufhin, weil unser Hinweis Nr. 2 vom 12.9., der ohne eigenen Kommentar wohlwollend auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu den Rundfunkgebühren aufmerksam machte, als Schönfärbung der öffentlich-rechtlichen Sender missverstanden werden konnte. Das liegt uns völlig fern. In den NachDenkSeiten finden sich zuhauf äußerst kritische Anmerkungen zur tatsächlichen Kommerzialisierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.
Der Artikel von Mathias Greffrath verstärkt diese notwendige Kritik. Einige Anmerkungen sind jedoch notwendig:- Die Überschrift ist irreführend. Sie bezieht sich nur auf das Engagement der Öffentlich-Rechtlichen im Internet und nicht auf ihre Hauptarbeit. Ob die BBC bei letzterem so vorbildlich ist, weiß ich nicht.
- Der Hinweis auf die Bedeutung des Internets ist wichtig. Wenn Greffrath eine „Allianz der basisdemokratischen Impulse der Blogger-Communitys mit dem Geld und Know-how der öffentlich Medien“ fordert, dann können wir mit vielen anderen Blogs nur eine Einladung aussprechen. Bisher müssen wir Macher der NachDenkSeiten feststellen, dass die öffentlich-rechtlichen Medien uns nicht als Partner sehen (vermutlich schon deshalb nicht, weil wir sie häufig kritisieren), sondern viele Blogs offenbar als Konkurrenz betrachten.
- Es ist gut, dass Greffrath damit beginnt, konkrete Vorschläge für eine Wende, für „einen Masterplan zum demokratischen Relaunch“, bei den öffentlich-rechtlichen Sendern zu formulieren. Allerdings muss daran noch viel gearbeitet werden. So ist Greffraths Forderung, die Parteien aus den Aufsichtsgremien zu verbannen, schön und gut. Wer macht es stattdessen? Wo ich hinsehe, finde ich zum Beispiel Arbeitgebervertreter. Die dürfen bleiben? Und auch der Vorschlag für eine paritätische Mitbestimmung der Journalisten in den parteifreien Rundfunkräten ist etwas hilflos, wenn man beachtet, wie die Qualität jener Journalisten inzwischen aussieht, die die festen Stellen besetzt halten.
- Bei der Forderung nach Entkommerzialisierung der Öffentlich-Rechtlichen sind wir uns einig. Siehe auch die vielen Einträge in den NachDenkSeiten und die entsprechenden Passagen in „Machtwahn“ auf den Seiten 157-165 sowie 277/278.
- Was man von den öffentlich-rechtlichen Sendern erwarten darf: »Kritik gehört zur Grundversorgung«
Ein Gespräch mit Martin Kessler, Dokumentarfilmer aus Frankfurt am Main: “Politische Filmemacher wie Herdolor Lorenz aus Hamburg mit seinem kritischen Film »Bahn unterm Hammer« oder auch ich sind auf Förderung und einen öffentlichen Resonanzboden für unsere Arbeiten angewiesen. Gerade in den letzten Jahren gibt es dafür weniger Geld und weniger Sendeplätze. Deshalb sind verschiedene Dinge notwendig: Erstens müssen solche Filme stärker in die politische Bildungsarbeit einbezogen werden. Von Gewerkschaften, Universitäten, Schulen etc. Denn was an kritischer politischer Öffentlichkeit im Fernsehen verlorengeht, muß anderswo hergestellt werden. Sonst schreitet die mediale Gleichschaltung ungebremst voran – mit gravierenden politischen Folgen. Zweitens wäre es gut, wenn Stiftungen verstärkt gesellschaftskritische Filmer fördern, um ihnen den Rücken freizuhalten. Drittens müßten für diesen Zweck Mittel aus den öffentlich-rechtlichen Rundfunkgebühren abgezweigt werden. Denn die kritische Betrachtung politischer Vorgänge gehört eindeutig zur Grundversorgung und entspricht dem verfassungsgemäßen Auftrag auf Information und Bildung.”
Quelle: Junge WeltKommentar: Der Gedanke, dass Kritik zur Grundversorgung gehört, ist gut und eigentlich naheliegend.
- Machts wie die BBC
- Steuerreform schürt Existenzangst im Handel
Einzelhändler sehen sich als die großen Verlierer der Unternehmensteuerreform 2008: Für sie steigt die Gewerbesteuerlast exorbitant, haben der Handelsverband HDE und der DIHK errechnet. Die Verbände analysierten die Bilanzdaten von 250 typischen Unternehmen nach altem und neuem Recht.
Quelle: HandelsblattAnmerkung AM: Der Einzelhandel hat keine gute Lobby und befindet sich auf der Verliererstraße.
- Bahnverkauf: Gegenwind für Tiefensee
Die regionalen Eisenbahnverkehrsverbünde lehnen den von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Teilprivatisierung der Deutschen Bahn kategorisch ab. »Öffentliche Infrastruktur sollte nicht in private Hände gelangen«, sagte Bernhard Wewers, Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft Schienenpersonennahverkehr (BAG-SPNV) am Donnerstag in Berlin. Der von Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), Bahnchef Hartmut Mehdorn und Gewerkschaftsboß Norbert Hansen (Transnet) vorangetriebene »integrierte Börsengang« würde »die großen Erfolge der letzten elf Jahre im Nahverkehr zerstören«.
Quelle: Junge Welt - Avantgarde oder Totengräber?
Die Lokführer und die Gewerkschaftseinheit: Erleben wir die Vorboten eines Zeitalters der Sezession und Spaltung?
Verkehrte Welt: Bahnchef Mehdorn verteidigt die Einheit der Arbeiterschaft, die zu verhindern seine Kollegen von Siemens gestern noch Millionen ausgaben. Wirtschaftsliberale Medien, die nicht müde werden, Tarifflucht und Erosion des Verbandstarifvertrages als marktwirtschaftlichen Fortschritt zu preisen, warnen vor der “Atomisierung der Tarifverhandlungen”. Und die politischen Freunde gewerkschaftlicher Konkurrenz im konservativen Lager geißeln das “Recht des Stärkeren” – als ob in einer marktwirtschaftlichen Ordnung je andere Gesetze gegolten hätten!
Von Detlef Hensche.
Quelle: Freitag - Armut in Deutschland
- Jeder Siebte lebte schon einmal von Hartz IV
Eine neue Studie hat ergeben, dass mehr Menschen in Deutschland staatlich unterstützt werden müssen, als die monatlichen Statistiken erkennen lassen. Besonders alleinerziehende Mütter und Väter sind oft jahrelang auf das Geld vom Staat angewiesen.
Quelle 1: WELT
Quelle 2: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg [PDF -1 MB] - Fünf Jahre Hartz IV: Kinderarmut in Deutschland auf Höchststand
Rund 17 Prozent aller deutschen Kinder leben in Familien, die Hartz-IV-Leistungen erhalten. Besonders Alleinerziehende drohen zu verarmen. SPD-Sozialexperte Rudolf Dreßler nimmt seine Partei dafür hart in die Kritik und erwägt sogar, aus der SPD auszutreten.
Quelle: WELT - Immer mehr Beschäftigte bekommen Hartz IV
Mehr als 670.000 Menschen gehen arbeiten, bekommen aber zugleich Leistungen nach den Hartz-IV-Regeln. Darunter sind zunehmend auch Beschäftige, die einen Vollzeit-Job haben. Oft reicht der Lohn für eine Person, deckte aber nicht die Kosten einer Familie.
Quelle: WELTAnmerkung: Die WELT beklagt die Folgen der Politik, die sie jahrelang gefordert hat.
- Der Workfare State auf dem Vormarsch: Demagogie und Heuchelei
Mehr als hundert Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Forschung, aus Gewerkschaften und aus den Sozialen Bewegungen trafen sich mit Erwerbslosen am 8. September in der Fachhochschule Dortmund zu einem eintägigen Kongress. Thema war der von Politik, Kommunen und Wirtschaft gleichermaßen applaudierte Weg von den Ein-Euro-Jobs hin zum sogenannten „Dritten Arbeitsmarkt”. Wer das System der „Ein-Euro-Jobs” begriffen und seine arbeitsmarktpolitische Wirkungslosigkeit und seine sozialpolitische Lüge hinter aller offiziellen Demagogie und Heuchelei erfasst hat, applaudiert indessen nicht mehr – meinen die Veranstalter.
Quelle: Neue Rheinische Zeitung
- Jeder Siebte lebte schon einmal von Hartz IV
- Der Kater nach dem Merkel-Rausch
Vielleicht sollte die Wissenschaft das untersuchen: Den “Wow-Effekt”, den die Bundeskanzlerin auslöst, wenn sie irgendwo das erste Mal aufkreuzt. Mit ihrem Auftreten blendet die Kanzlerin die Forschergemeinde – doch die Euphorie verfliegt beim Blick auf ihre Pläne.
Quelle: TAZAnmerkung: Nur um Missverständnisse zu vermeiden: Dass wir von dem im Artikel erwähnten Exzellenzwettbewerb wenig halten, ist auf den NachDenkSeiten ausführlich dokumentiert.
- Hilfe für die Helden des Jihad
In militärischer Hinsicht ist der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan von geringer Bedeutung. Doch Deutschland spielt eine führende Rolle bei der Integration der Islamisten.
Quelle: Jungle World