Hinweise des Tages

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(KR/WL)

  1. Gewerkschaften heute: Es geht um Machtfragen
    Im Selbstverständnis der neuen Sozialdemokratie sind die Gewerkschaften historisch aus dem Rang eines Partners im Rahmen einer privilegierten Partnerschaft in den Status einer x-beliebigen Lobby abgerutscht. Dadurch entsteht auch für die deutschen Gewerkschaften eine schwierige Konstellation. Da in den staatlichen Entscheidungsarenen keine gewerkschaftsorientierte und mehrheitsfähige Kraft vorhanden ist, fehlt den Gewerkschaften gegenwärtig ein durchsetzungsstarker politischer Adressat ihrer gesellschaftlichen Mobilisierungen.
    Quelle: Junge Welt

    Anmerkung WL: Wichtig wäre, dass die Gewerkschaften nicht mehr länger nur eine Strategie nach dem Motto verfolgten, „das Schlimmste zu verhindern“. Sie müssten auch konsistente politische Alternativkonzepte zur herrschenden Wirtschafts- und Sozialpolitik entwickeln und vertreten. Wer sich auf die Logik der angebotsorientierten Wirtschaftsideologie einlässt, begibt sich auf eine Rutsche, auf der es für die Lohnabhängigen keinen Halt mehr auf dem Weg nach unten gibt. Dann bleiben nur noch moralische Appelle.

  2. Uni Düsseldorf: 24 Millionen für die „Förderung des Wettbewerbs in Wirtschaft und Gesellschaft”
    Ein “Düsseldorfer Institut zur Förderung des Wettbewerbs in Wirtschaft und Gesellschaft” wird gegründet und so die Fakultät mit ihren derzeit zehn Professuren und 1.100 Studierenden weiter ausgebaut. Die Finanzierung der bis zu sechs neuen zusätzlichen volkswirtschaftlichen Professuren, des Folgepersonals und der notwendigen sächlichen Grundausstattung wird für zehn Jahre durch die Stiftung gesichert. Ziel des neuen Institutes ist es, alle Aspekte einer freiheitlichen Wettbewerbsordnung wissenschaftlich zu untersuchen und die Ergebnisse zu publizieren.
    Quelle: uni-protokolle

    Anmerkung: Die sechs neuen Professoren, die zu den bisherigen zehn dazu kommen, dürfen also Wissenschaft im Sinne des Stifters betreiben. Und nach zehn Jahren dürfen dann die Professuren, das Folgepersonal und die notwendige, sächliche Grundausstattung vom Staat finanziert werden. So unterwandert man mit 24 Millionen eine wirtschaftswissenschaftliche Fakultät.
    Und die Presse feiert diese „großzügige Gabe“ natürlich.

    Quelle: Westdeutsche Zeitung

  3. Konsumklima signalisiert wachsende Kluft
    Die Turbulenzen an den Finanzmärkten haben nach Ansicht der GfK die Stimmung der Verbraucher getrübt. Der Indikator für das Konsumklima sank deutlicher als erwartet. Auch Preissteigerungen werden von immer mehr Deutschen als Gefahr für die Kaufkraft betrachtet. Dabei zeigt sich eine wachsende Kluft zwischen den Bevölkerungsschichten.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung WL: Nachdem die Konsumklimaschätzungen der GfK seit Monaten über den realen Konsumdaten des Statistischen Bundesamtes lag, müssen nun die Turbulenzen auf den Finanzmärkten als Begründung für das schlechtere Konsumklima herhalten. Wenn die Löhne seit über einer Dekade stagnierten oder netto sogar sanken, wenn den Menschen seit der Agenda beigebracht wird, dass sie Geld fürs Alter oder für Notlagen zurücklegen sollten, wenn das Vertrauen in die sozialen Sicherungssysteme als sog. Stabilisierungsfaktoren zerstört worden ist, braucht man sich nicht zu wundern, dass der Konsum stagniert. Wie weit diese Art von Konsumforschung an der Wirklichkeit vorbeigeht, beweist folgender Satz: „Auch bei den Arbeitslosen ging die Lust zu größeren Einkäufen sehr stark zurück.“
    Und der Zweckoptimismus im letzten Absatz bedarf für NachDenkSeiten-Leser sicher keiner Kommentierung.

  4. Billiglöhne bei Real
    Real ist kein Einzelfall. Immer mehr Einzelhändler versuchen nach der jüngsten Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten, tarifvertragliche Regelungen zu umgehen – entweder durch Gründung eigener, nicht tariflich gebundener Töchter, wie bei Real, oder durch den Einsatz von Leiharbeitern. Letzteres praktizieren etwa Reichelt oder Kaiser’s auch in Berlin in Filialen, die abends und nachts öffnen.
    Nach Angaben des Handelsverbandes HDE finden bei knapp 50 Prozent der Mitgliedsunternehmen Tarifverträge Anwendung. Wenn es nicht gelinge, in der laufenden Tarifrunde eine Einigung über Spät- und Nachtzuschläge zu erzielen, würden die Arbeitgeber entweder mehr Fremdkräfte beschäftigen oder gleich aus der Tarifbindung austreten, prophezeit HDE-Tarifexperte Heribert Jöris. Die Gewerkschaft Verdi verurteilte die „Dumpinglöhne“ und kündigte Gegenmaßnahmen an.
    Quelle: Tagesspiegel
  5. Es reicht nicht einmal für Tschechien
    Der Traum vom reichen, reisenden Ruheständler ist für viele nicht
    erfüllbar. Heute droht immer mehr Rentnern Altersarmut – ein Beispiel
    aus Berlin.
    Quelle: Berliner Zeitung

    Zitat aus dem Artikel:

    Ein weiterer, wichtiger Grund für die sinkenden Durchschnittsrenten sind nach DRV-Angaben eben jene Brüche in der Erwerbsbiografie. Längere Ausbildungszeiten und hohe Arbeitslosigkeit erlauben weniger Einzahlungen und senken damit den Rentenanspruch. … Besonders hart trifft das diejenigen, die bereits jetzt schon nur wenig zum Leben haben. Für Langzeitarbeitslose ist es nach der Einführung von Hartz IV und dem weiterhin gerade für Ältere schwierigen Arbeitsmarkt unwahrscheinlich, eine Rente zu bekommen, die über der Grundsicherung liegt. Hinzu kommt, dass die meisten Hartz-IV-Empfänger und Geringverdiener weder eine betriebliche noch private Altersvorsorge erbringen konnten. Um ihnen dennoch ein monatliches Einkommen zwischen 600 und 650 Euro zu ermöglichen, greift in solchen Fällen die Grundsicherung im Alter, eine Form der Sozialhilfe. Laut Statistischem Bundesamt haben sich die Ausgaben für die Grundsicherung seit ihrer Einführung im Jahr 2003 auf rund drei Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Deutschlandweit sind 600.000 Menschen auf diese Zusatzzahlung angewiesen. In Berlin ist die Zahl der Empfänger nach Angaben der Senatsverwaltung für Soziales in den vergangenen sechzehn Monaten um fast 30 Prozent gestiegen. Ende 2005 waren es 23 890, im April 2007 bezogen bereits 30 090 Berliner über 65 Jahre die Grundsicherung.

    SPD-Chef Kurt Beck lässt derweil auf der Homepage der SPD verkünden:

    Ich sage es in aller Deutlichkeit. Wer von den heute Beschäftigten privat vorsorgt, dessen Lebensstandard wird sich im Alter verbessern.

    Mit der gesetzlichen Rente alleine, warnte er, könne niemand seinen Lebensstandard im Alter halten.
    Quelle: SPD

  6. DAX-Vorstandsvorsitzende bei vorzeitigem Ausscheiden oft sehr gut abgesichert
    Vorstandsvorsitzende von DAX-30 Unternehmen sind finanziell häufig sehr gut für den Fall abgesichert, dass sie das Unternehmen vor Erreichen der Altersgrenze verlassen. Das zeigt eine Auswertung der aktuellen Geschäftsberichte, die Dr. Matthias Müller, Experte für Corporate Governance in der Hans-Böckler-Stiftung, vorlegt. Etliche Unternehmen gehen deutlich über die gesetzlich vorgeschriebene Regelung hinaus, nach der Vorstandsmitglieder die vertraglich vereinbarten Entgelte für die Restlaufzeit ihres Vertrages erhalten, wenn ihre Bestellung vom Aufsichtsrat widerrufen wird, ohne dass ihnen fristlos aus wichtigem Grund gekündigt wurde.
    Quelle: Hans-Böckler-Stiftung [PDF – 216 KB]
  7. Wie Bauunternehmer Arbeitslose ausnutzen
    Der Trick: Arbeitslose werden über Trainingsmaßnahmen der Arbeitsagentur für 14 Tage auf Kosten der Agentur beschäftigt, aber nicht weiterbeschäftigt. Im Fall eines Bauunternehmers liegt der (von diesem angerichtete, KR) Schaden bei über 100.000 Euro.
    Quelle: Fakt ARD
  8. Osteuropäische Fachkräfte zieht es nicht hierher
    Die Regierung will dem Fachkräftemangel mit erleichterten Zuzugsregeln begegnen – doch das könnte ein Flop werden wie einst die Green Card. In den neuen EU-Ländern ist das Interesse jedenfalls gering.
    Quelle: Netzeitung
  9. Die neue SPD – kalt und streberhaft
    Die SPD nach Schröder und Müntefering formiert sich. Sie macht sich nicht mehr für die Schwachen stark, sondern für die Tüchtigen, bricht mit alten Tugenden – Matthias Platzeck, Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier werden heute Nachmittag den neuen kalten Kurs skizzieren.
    Quelle: SPIEGEL

    Anmerkung WL: „Kalt und streberhaft“, das ist zumindest für Steinbrück und Steinmeier eine ziemlich treffende Charakterisierung. Beide sind Karrierebeamte, die immer politische Vordenker brauchten, um ihre streberhafte Umsetzungsarbeit im Apparat leisten zu können, koste es was es wolle. „Kurs halten“ war mangels eigener politischer Vorstellungen schon Steinbrücks Hauptbotschaft bei der epochalen Wahlniederlage in NRW, und Steinmeier war der Consigliere seines Bosses Schröder, der jeden Coup geplant und umgesetzt hat. Es scheint wohl so zu sein, dass solche Leute, die höchst selten durch kreative Ideen hervorgetreten sind, sich umso hartnäckiger an den vorgegebenen Konzepten festklammern müssen. Sie können allenfalls noch die vom wirtschaftspolitischen Mainstream propagierten Ziele streberhaft umsetzen. Wie bei allen Strebern besteht ihr Erfolgserlebnis allein darin, den von anderen vorgegebenen Stoff besser als die anderen rekapitulieren zu können.
    Für sie ist eine kritische Partei nur ein lästiger, oft unbotmäßiger Haufen, die man allenfalls zum persönlichen Machterhalt braucht.
    Steinbrück und Steinmeier machen ihr kaltes Strebertum zum gesellschaftlichen Leitbild.
    Sie propagieren die Chancengleichheit der angepassten Streber, und wer nicht mithält, ist eben selber schuld und ein Versager.
    Steinbrück hat das in einem Zeit-Interview auf den Punkt gebracht: „Soziale Gerechtigkeit muss künftig heißen, eine Politik für jene zu machen, die etwas für die Zukunft unseres Landes tun: die lernen und sich qualifizieren, die arbeiten, die Kinder bekommen und erziehen, die etwas unternehmen und Arbeitsplätze schaffen, kurzum, die Leistung für sich und unsere Gesellschaft erbringen. Um die – und nur um sie – muss sich Politik kümmern.“
    “So einen Scheiß lasse ich mir nicht mehr bieten”, schimpfte Kurt Beck der Berliner Zeitung zufolge auf einer Sitzung des Parteirats. Es wäre ja schön, wenn er damit die kalten Streber in der SPD gemeint hätte.

  10. Wirtschaft verzeichnet Rekord bei Ausbildungsverträgen?
    Nach einem Bericht der Zeitung “Bild am Sonntag” wurden bis Ende August 407.000 Ausbildungsverträge abgeschlossen, rund 36.000 mehr als im Vorjahr. Dies entspreche einem Plus von knapp zehn Prozent. Der Deutsche Gewerkschaftsbund sieht das Ziel am Lehrstellenmarkt trotz der guten Zwischenbilanz noch nicht erreicht.
    Quelle: Reuters

    Anmerkung: Die absolute Zahl an abgeschlossenen Ausbildungsverträgen ist wenig aussagekräftig, weil die Zahl der sog. Altbewerber tunlichst nicht genannt wird. Da sähe die Sache nämlich gleich ganz anders aus:
    “Die Gesamtzahl der Lehrstellenbewerber, die in Alternativen zu einer Ausbildungsstelle (erneuter Schulbesuch, berufsvorbereitende Maßnahme, Jobben, Praktikum) einmünden, ist hoch. 2006 betrug sie 348.000. Das war fast jeder zweite gemeldete Bewerber. Ihr offizieller Status als „versorgt“ darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie oft weiterhin an einem Ausbildungsplatz interessiert sind.”

    Quelle: bibb [PDF -232 KB]

  11. Finanzmärkte: Härtetest fürs Kartenhaus
    Auch die Experten der Europäischen Zentralbank (EZB) fürchten einen neuen Dominoeffekt, der die aktuellen Beben massiv verstärken könnte. In ihrem jüngsten Monatsbericht sehen die Währungshüter “einige Ähnlichkeiten” mit dem Subprime-Hypothekenmarkt in den Vereinigten Staaten.
    Der hohe Fremdkapitalanteil bei den jüngsten Firmenübernahmen lasse sich mit der “hohen Beleihungsgrenze bei Subprime-Hypotheken vergleichen”, schreibt die EZB, ebenso vermutet sie “aufgeweichte Kreditvergabestandards”. Und selbst die höchste Instanz des europäischen Geldgeschäfts tappt völlig im Dunkeln bei der Frage, von wem die weitergereichten Kreditrisiken letztlich gehalten werden. Das bleibe “doch sehr intransparent”.
    Quelle: SPIEGEL
  12. „Wir leben längst im Präventionsstaat“
    Onlinedurchsuchungen verletzten die Grundrechte, sagte Ex-Innenminister Gerhart Baum. Im Gespräch mit ZEIT online warnt er vor einem Ausspähen der „ausgelagerten Gehirne“.
    Quelle: ZEIT
  13. Frech wie Franz
    Bei Ziehung der Lottozahlen sichert sich der Hessische Rundfunk, der uns daran teilhaben lässt, jedes Mal ab: »Alle Angaben ohne Gewähr«. Warum warnen uns tagesschau und heute nicht in gleicher Weise vor den permanent bei ihnen auftretenden politischen und wirtschaftlichen Großmäulern und deren dreist verlogenen Redensarten?
    Quelle: linksnet.de

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