Hinweise des Tages

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(WL/KR)

  1. Kauder und Westerwelle gegen eine Anpassung der Hartz IV-Leistungen an die Preisentwicklung – Steigerung der Parteienfinanzierung um 15 %

    Zwei Meldungen in den Mittagsnachrichten des DLF unmittelbar hintereinander:

    • Westerwelle und Kauder gegen Erhöhung der Hartz-IV-Leistungen
      „Forderungen nach einer Erhöhung der Hartz-Vier-Leistungen stoßen in der FDP und der Union weiter auf Ablehnung. FDP-Chef Westerwelle sagte im Deutschlandfunk, es sei fair und angemessen, wenn die Sozialleistungen an die allgemeine Rentenentwicklung gekoppelt seien. Außerdem habe eine vierköpfige Familie, die von staatlichen Leistungen lebe, unter Umständen mehr Geld zur Verfügung, als jemand, der in einem einfachen Beschäftigungsverhältnis stehe. Deshalb sei er der Auffassung, dass zunächst eine steuerliche Entlastung für diejenigen erforderlich sei, die den Karren in Deutschland zögen, meinte Westerwelle. Unions-Fraktionschef Kauder meinte gegenüber dem Nachrichtenmagazin “Focus”, es könne nicht bei jeder Preis-Schwankung eine neue Diskussion über Hartz IV beginnen. Zudem seien Milch und Energie auch für Arbeitnehmer, Rentner und Familien teurer geworden. – Über eine Erhöhung der Regelsätze soll nach den Worten von Bundeskanzlerin Merkel noch nicht auf der bevorstehenden Kabinettsklausur entschieden werden. Das Thema werde erst Ende des Jahres geklärt, sagte sie der “Bild am Sonntag”.“
    • Große Koalition will mehr Geld für die Parteien
      „Die Große Koalition will nach Medieninformationen die Mittel für die Parteienfinanzierung um 15 Prozent erhöhen. Wie die “Bild am Sonntag” unter Berufung auf ein internes Papier der Bundestagsfraktionen von Union und SPD berichtet, sollen die jährlichen Zuschüsse von derzeit 133 Millionen Euro um 20 Millionen angehoben werden. Die beiden Fraktionen bereiteten einen entsprechenden Gesetzentwurf vor, über den der Bundestag im Herbst entscheiden solle, heißt es weiter.“

    Anmerkung: Interessant ist, dass die Parteienfinanzierung, die schon ganz selbst verständlich an die Preisentwicklung angepasst ist, jetzt sogar noch eine Steigerung um fast das Dreifache erfahren soll. Noch interessanter ist die Begründung der künftigen SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks: „Wenn die Bürger sich entscheiden, sich nicht als Mitglieder in Parteien zu engagieren, wird dies zumindest zum Teil durch öffentliche Mittel ausgeglichen werden müssen.“
    Wenn also die Mitglieder den Volksparteien in Scharen davon laufen, weil sie sich mit deren Politik nicht mehr identifizieren können, müssen den Parteien die Beitragsverluste eben zwangsweise von allen Steuerzahlern ausgeglichen werden. So könnten die Parteiführungen dann künftig auch gänzlich ohne Mitglieder auskommen.

  2. Sozialrichter warnen vor geplanter Einschränkung von Rechtsmitteln bei Hartz-IV-Verfahren
    Hartz-IV-Betroffene wehren sich immer öfter vor Gericht. Um Abhilfe zu schaffen, plant die große Koalition, den Anspruch auf anwaltliche Beratungs- und Prozeßkostenhilfe stärker zu beschneiden. Offiziell soll damit die »mißbräuchliche Inanspruchnahme des Rechtswegs« gestoppt werden.»Das Gesetzesvorhaben ist ein Stück Abbau des Rechts- und Sozialstaats«, heißt es in einer Ende Juni veröffentlichten Stellungnahme der Neuen Richtervereinigung e.V.. »Nach der Leistungskürzung durch Hartz IV ist die Beschränkung von Verfahrensrechten für sozial Bedürftige eines Sozialstaats unwürdig.«
    Quelle: junge Welt
  3. Neues aus dem Casino:
    • Stephan Schulmeister: Die Börse steht nackt da
      Warum aber sollten in wenigen Wochen Eigenheimbesitzer in den USA massenweise insolvent werden? Tatsächlich sind die Immobilienpreise noch nicht nennenswert gesunken – sie steigen nur nicht mehr so stark. Auch Zinsniveau und Wachstumstempo haben sich nicht verändert. Hauptursache der Vertrauenskrise an den Börsen ist eher der “Des Kaisers neue Kleider”-Effekt”: Man entdeckt, dass hinter einem “Financial Asset” weniger realer Wert steckt, als das Nominale verheißt. Dieser Effekt erfasste auch die Aktienkurse. So ist etwa der DAX seit 2003 um mehr als 250 Prozent gestiegen, angesichts der mäßigen Wirtschaftsentwicklung ein leicht grotesker Wertgewinn.
      Der ökonomische Mainstream kann die Realitäten des Finanzkapitalismus nicht wahrnehmen, weil die kognitive Dissonanz unerträglich wäre. Wenn die “freiesten” aller Märkte, die Finanzmärkte, systematisch falsche Preissignale setzen, dann kollabiert das gesamte Theoriegebäude.
      Quelle: taz
    • Dell hat Bücher jahrelang frisiert
      Eine interne Untersuchung beim Computerkonzern Dell ist zum Schluss gelangt, dass die Ertragszahlen während mehr als vier Jahren manipuliert worden sind, um die Erwartungen der Wall Street zu erfüllen. Die Ermittlungen der Börsenaufsicht SEC sowie der US-Staatsanwaltschaft laufen derweil weiter.
      Quelle: NZZ

      Anmerkung Orlando Pascheit: Es sagt viel über den Zustand der Finanzwelt aus, wenn der weltweit zweitgrößte Hersteller von Personal Computern diese, ja eigentlich läppischen, Tricksereien nötig hat, um die Erwartungen der Börse zu erfülle. Und es zeigt einmal mehr, wie viel kriminelle Energie sich hinter den feinen Fassaden der Finanzwelt verbirgt.

  4. Spitzen-Ergebnisse der deutschen Konzerne – aber der Aufschwung geht an der Binnennachfrage vorbei
    Im ersten Halbjahr haben viele deutsche Unternehmen Rekordgewinne erzielt. Weder das teure Öl noch der ungünstige Wechselkurs konnten den Aufschwung bremsen.
    Der Einzelhandel wartet hingegen immer noch auf den Aufschwung an der Ladenkasse. Die Zahl der Neuzulassungen von Autos ging in der ersten Jahreshälfte um neun Prozent zurück.
    In der Heimat wird sich aller Voraussicht nach in der Tat das weitere Schicksal der deutschen Konjunktur entscheiden. Denn die Weltwirtschaft zeigt Tendenzen der Schwäche, aus dem Export ist kaum noch mehr herauszuholen.
    Quelle: Welt Online

    Anmerkung: Dennoch hören wir ständig, die internationale Wettbewerbsfähigkeit sei das wichtigste Ziel und nicht etwa die Steigerung der Binnennachfrage, z.B. durch höhere Löhne, höhere Renten oder auch durch höheres Arbeitslosengeld.

  5. Deutsche Manager meiden das Ausland
    Nur 17 Prozent der deutschen Führungskräfte setzen sich mit dem Gedanken auseinander, eines Tages im Ausland zu arbeiten. Das ergab eine Befragung von 1000 Managern durch die Freiburger Unternehmensberatung Saaman. Gleichzeitig weisen 82 Prozent der deutschen Führungskräfte den Gedanken an einen Wechsel über die Grenze von sich.
    Quelle: FAZ Job.Net

    Anmerkung: Aber wenn es darum geht, die exorbitanten Steigerungen der Managergehälter zu rechtfertigen, wird immer darauf hingewiesen, dass die deutschen Manager ohne diese Millioneneinkommen ins Ausland abwandern würden. Nun stellt sich heraus, dass sie gar nicht daran denken, ganz davon zu schweigen, ob sie im Ausland überhaupt nachgefragt würden.

  6. Mogelpackung
    Pharmakonzerne nutzen Selbsthilfegruppen für direktes Marketing. Sie geben Geld, technische Hilfe und sogar Personal, denn Studien zeigen: So verkauft man teure Medikamente am besten. Diese Unterwanderung ist für Patienten oft nicht zu erkennen.
    Quelle: Tagesspiegel
  7. IPCC-Bericht liegt in deutscher Übersetzung vor
    Der vierte Klimabericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderung (IPCC) der Vereinten Nationen liegt nun teilweise auf deutsch vor. Die Übersetzung wurde von der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz, dem Umweltbundesamt und der deutschen IPPC-Koordinierungsstelle herausgegeben.
    Quelle: Telepolis
  8. Da nützt die schönste Linkspartei nichts
    Hartz IV macht arm, aber Politik im Sinne der Beschäftigten geht nur mit der SPD. Ein Gespräch mit Ottmar Schreiner.
    Quelle: jungewelt

    Anmerkung Orlando Pascheit: Es mag ja sein, dass es ohne die SPD nicht geht, aber mit einer SPD, in der Ottmar Schreiner der einsame Rufer in den Wüste ist, geht auch nichts.

  9. Noam Chomsky: “Demokratien unterliegen freiwilliger Gehirnwäsche.”
    Wenn man Journalisten fragt, sagen sie in der Tat sofort: “Niemand hat je Druck auf mich ausgeübt, ich schreibe, was ich will.” Das stimmt auch. Würden sie jedoch Meinungen jenseits der herrschenden Norm vertreten, dürften sie ihre Leitartikel nicht mehr schreiben. Das ist übrigens einer der großen Unterschiede zwischen der Propaganda totalitärer Staaten und den Verhältnissen in demokratischen Gesellschaften. In totalitären Systemen – ich vereinfache etwas – gibt der Staat die Linie vor, und alle müssen sich daran halten. In Demokratien funktioniert das anders. Die “Linie” wird niemals als solche benannt, sondern stillschweigend vorausgesetzt. Es ist eine Art “freiwilliger Gehirnwäsche”.
    Quelle: taz
  10. Jonathan Freedland: Bush’s Amazing Achievement

    Anmerkung: Eine lesenswerte Darstellung der verfehlten amerikanischen Politik anhand von jüngsten amerikanischen Buchveröffentlichungen, unter deren Autoren zumindest Zbigniew Brzezinski und Dennis Ross gewiss nicht einer linken Kritik zuzuordnen sind. Freedland registriert einen Konsens “von Noam Chomsky bis Brent Scowcroft, von den Antikriegsdemonstranten in den Straßen San Franciscos bis zum gut gepolsterten Büro des ehemaligen Außenministers James Baker. Dieser neue Konsens bestehe darüber, dass die Invasion des Irak 2003 ein Unglück gewesen sei, dass Bushs Präsidentschaft das Ansehen Amerikas in der Welt geschmälert und die USA nicht mehr, sondern weniger sicher gemacht habe, Feinde ermutigt und Verbündete entfremdet habe.”

    Quelle: The New York Review of Books

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