Hinweise des Tages
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Wem gehört Deutschland?
- Atomausstieg
- Ukraine
- Sammelt alles, schnüffelt alles aus, nutzt alles aus
- Neue Steuer-Schlupflöcher für Amazon, Apple und Ikea
- Gespräche unter „guten Freunden“
- EU verschärft Entsenderichtlinie
- Osteuropäische Arbeitskräfte in Deutschland
- Klimabericht zensiert
- Reiche Kommunen hängen klamme Städte und Gemeinden ab
- Weltkriegsveteranen bauten geheime Armee auf
- DFB neutralisiert “Kein Fußball den Faschisten”
- Kabinett bestätigt Schavan als Botschafterin im Vatikan
- „Sarrazin ist kein Intelligenzforscher“
- Warum ich nicht mehr für die TAZ schreibe
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Wem gehört Deutschland?
- Kapital ungerecht?
Mit insgesamt 5,15 Billionen Euro ist das private Geldvermögen in Deutschland so hoch wie noch nie. Allerdings ist in keinem Land der Euro-Zone der Reichtum so ungleich verteilt wie bei uns, wo vor vielen Jahren mal die soziale Marktwirtschaft erfunden wurde und Ludwig Erhard „Wohlstand für alle“ versprochen hatte. Mittlerweile werden die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer. „Diese Entwicklung war vorauszusehen, ja, sie war geplant“, schreibt der Journalist Jens Berger in seinem neuen Buch „Wem gehört Deutschland?
Quelle: SWR - Wem gehört Deutschland?
220.000 Euro müsste jeder deutsche Haushalt auf seinem Konto haben. Zumindest ist das der Durchschnittswert. Aber das meiste Vermögen verteilt sich auf wenige Konten. Und dabei ist die Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland größer als irgendwo sonst in der Euro-Zone. Aber wem gehört denn nun Deutschland und wer sind die wahren Machthaber?
Antworten darauf sucht der Journalist und Blogger Jens Berger in seinem neuen Buch „Wem gehört Deutschland“. Es erscheint heute im Westend Verlag und wir sprechen darüber mit dem Autor Jens Berger.
Quelle: radioeinsJens Berger: Wem gehört Deutschland? Die wahren Machthaber und das Märchen vom Volksvermögen
Westend Verlag, 256 Seiten, 17,99 Euro ISBN: 978-3-86489-053-6
- Kapital ungerecht?
- Atomausstieg
- Was E.on und Co. mit ihren Atommeilern verdient haben
Es war schon lange klar, dass da einiges auf E.on und Co. zukommen würde. Die Rückstellungen, die die Kraftwerksbetreiber für den Abriss ihrer 17 Atommeiler gebildet haben, haben nach Angaben der Bundesregierung inzwischen insgesamt 35,8 Milliarden Euro erreicht (Stand Ende 2013). Doch selbst diese enorme Summe gilt als knapp bemessen, wenn es darum geht, alle Spuren der Kernkraft in Deutschland zu beseitigen.
“Im Großen und Ganzen müsste das für die Bauarbeiten ausreichen”, sagt Wolfgang Irrek, der an der Hochschule Ruhr West den Markt für Energiedienstleistungen erforscht. Die Kosten für die Zwischen- und Endlagerung der verstrahlten Abfälle und das Risiko eines Unfalls während der Arbeiten sei damit allerdings in keiner Weise abgedeckt.
Dass die Kosten im Einzelfall erheblich höher liegen können, wissen die Experten der Bundesregierung nur zu gut. Allein für Abbruch und Entsorgung zweier Atomanlagen aus der ehemaligen DDR in Greifswald und Rheinsberg kalkuliert das Bundesforschungsministerium inzwischen mehr als 3,2 Milliarden Euro. Keine Frage: Das Risiko, dass die knapp 36 Milliarden Euro an Rückstellungen nicht ausreichen, ist hoch.
Quelle: SPON - Pokern am Abgrund
Jahrzehntelang verdienten die Kernkraftbetreiber gutes Geld mit ihren Reaktoren. Jetzt aber ist die Atomkraft wie ein schwarzes Loch, das Unmengen Geld verschluckt. Ein Klotz am Bein. Auch Vattenfall hat schon versucht, den Klotz loszuwerden. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung diente sein Europa-Chef Tuomo Hatakka potenziellen Abnehmern die Meiler Krümmel und Brunsbüttel an – samt milliardenschwerer Mitgift: Den Rückstellungen, die Vattenfall für Rückbau und Entsorgung gebildet hatte. Doch keiner griff zu.
Offiziell erklärt Vattenfall nun, man habe sich gar nicht trennen wollen. Stattdessen wollen nun auch die drei anderen Betreiber – RWE, Eon und EnBW – das Kapitel Atomkraft in Deutschland rasch hinter sich lassen. Etwa in einer öffentlich-rechtlichen Stiftung, die dann der Bund zu verwalten hätte. Vor Monaten schon sollen RWE-Chef Peter Terium und Eon-Chef Johannes Teyssen in Berlin Pläne ausgelotet haben, wie sie die Milliardenkosten dem Steuerzahler übertragen könnten. Der Plan: Reaktoren weg, Risiken weg.
In der Vergangenheit hat diese Methode gar nicht mal so schlecht funktioniert. Schließlich hatte ursprünglich vor allem der Bund die Konzerne zur Atomkraft gedrängt, viele Mittel waren da recht. Es gab zinsgünstige Kredite, schnelle Genehmigungsverfahren – und zur Not wurden die Risiken von der Allgemeinheit übernommen. Beispiel Niederaichbach: In der Gemeinde bei Landshut baute in den Sechzigerjahren der Bayernwerk-Konzern, ein Eon-Vorläufer, eines der ersten deutschen AKWs. Doch der Reaktor funktionierte nicht richtig, anderthalb Jahre nach der Inbetriebnahme ging er wieder vom Netz. Der teure Rückbau aber wurde flugs zum Forschungsvorhaben deklariert – die Steuerzahler standen dafür gerade.
Quelle: SZAnmerkung JK: Eigentlich kann man den Energiekonzernen keinen Vorwurf machen. Versuchen diese doch nur das nachzumachen was durch die Banken vorgelebt wurde, Gewinne privatisieren, Verluste und Kosten sozialisieren. Und bei den Banken hat das ja auch wunderbar funktioniert. Man darf ziemlich sicher sein, dass dies in der „marktkonformen“ Demokratie auch bei den Energiekonzernen schon funktionieren wird. Man darf aber gespannt sein mit welcher fadenscheinigen Begründung die Bundesregierung den Bürger die Kosten aufbürden wird. Natürlich erst wenn etwas Gras über die Angelegenheit gewachsen ist.
- Aufbruch ins Wunderland
Deutschlands Stromkonzerne wollten ursprünglich gar keine Atomenergie. Doch die Politik drängte – und zahlte alles […]
Doch ausgerechnet die Energiewirtschaft, welche die Reaktoren betreiben und natürlich auch bezahlen soll – sie mauert. Sie sieht keinen Grund, ihren Kraftwerkspark dem atomaren Experiment zu opfern. Denn die Geschäfte gehen gut, Kohle und Öl stehen überreichlich und billig zur Verfügung, die Kraftwerkskapazitäten sind ausreichend dimensioniert. Warum soll sie sich einer unbekannten Technik ausliefern? […]
1962 beginnen AEG und General Electric mit dem Bau eines 237-Megawatt-Demonstrationsreaktors im schwäbischen Gundremmingen. Die Konzerne lassen sich das Projekt vergolden. Von 300 Millionen Mark Baukosten muss der Staat nach langem Tauziehen zwei Drittel bezahlen. RWE und Bayernwerk als Betreiber denken nicht daran, sich für die nationale Aufgabe der Atomkraft einspannen zu lassen. So wird Gundremmingen zum ersten großen Sündenfall einer bis heute staatlich gemästeten Technik, die in den nächsten Jahren und Jahrzehnten Abermilliarden an Zuwendungen verschlingt. Greenpeace ließ vom Forum für ökologische und soziale Marktwirtschaft alle Subventionen für die Kernenergie von den fünfziger Jahren bis 2008 ermitteln. Danach flossen nach heutiger Währung 165 Milliarden Euro.
Quelle: ZEITAnmerkung JB: Der Artikel stammt aus dem Jahr 2010, enthält jedoch zahlreiche Informationen, die man heute oft vergebens sucht und die von der Politik systematisch verdrängt werden.
- Was E.on und Co. mit ihren Atommeilern verdient haben
- Ukraine
- Robert Skidelsky – Kennans Rache
Bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion folgte auf jede kurze Entspannungsphase ein neuer Aufrüstungszyklus. Dies alles hatte einen Geschmack von Irrsinn und lässt den beunruhigenden Gedanken zurück, die Nato habe das Leben der Sowjetunion vielleicht dadurch verlängert, dass sie ihr einen Feind geliefert hat, der an die Stelle von Nazideutschland treten konnte.
Um zu verstehen, wie die Russen heute über die Ukraine denken, muss man die Ereignisse durch diese Brille sehen. Nach seinem „Sieg“ im Kalten Krieg hat der Westen den schweren Fehler gemacht, Russland keinerlei Art von regionaler Hegemonie zu gewähren – nicht einmal in Ländern wie der Ukraine oder Georgien, die einst Teil des historischen russischen Staates waren.
Stattdessen hat der Westen unter der Fahne von Humanität und Menschenrechten aktiv versucht, die ehemals sowjetischen Staaten aus dem russischen Herrschaftsbereich heraus zu lösen. Viele von ihnen waren nur zu gern bereit, dem Einfluss des Kremls zu entkommen. Die Nato erweiterte sich Richtung Osten nach Zentraleuropa in den ehemaligen sowjetischen Block hinein und mit der Aufnahme von Estland, Lettland und Litauen sogar in die ehemalige Sowjetunion selbst. 1996 warnte der 92-jährige Kennan, die Expansion der Nato in das ehemalige Sowjetgebiet sei ein „strategischer Fehler potenziell epischen Ausmaßes“. […]
Das bedeutet, mit den Russen zu reden und ihnen zuzuhören. Die Russen haben ihre Ideen zur Lösung der Krise vorgestellt. Allgemein ausgedrückt stellen sie sich eine „neutrale“ Ukraine nach finnischem Modell mit einem föderalen Staatswesen nach Schweizer Vorbild vor.
Solche Vorschläge sind vielleicht zynisch oder nicht durchführbar. Aber anstatt in moralistische Empörung über die russischen Aktionen zu verfallen, sollte der Westen sie umgehend prüfen, ausloten und verfeinern.
Quelle: Capital - The West Marches East, Part 1: The U.S.-NATO Strategy to Isolate Russia
In early March of 2014, following Russia’s invasion of Crimea in Ukraine, the New York Times editorial board declared that Russian President Vladimir Putin had “stepped far outside the bounds of civilized behavior,” suggesting that Russia should be isolated politically and economically in the face of “continued aggression.”
John Kerry, the U.S. Secretary of State, lashed out at Russia’s ” incredible act of aggression,” stating that: “You just don’t in the 21st century behave in 19th century fashion by invading another country on [a] completely trumped up pre-text.” Indeed, invading foreign nations on “trumped up pre-texts” is something only the United States and its allies are allowed to do, not Russia! What audacity! […]
Indeed, Russia can only be said to be an “aggressive” and “imperial” power so long as one accepts the unrelenting hypocrisy of U.S. and Western leaders. After all, it was not Russia that invaded and occupied Afghanistan and Iraq, killing millions. It is not Putin, but rather Barack Obama, who has waged a “global terror campaign,” compiling “kill lists” and using flying killer robots to bomb countries like Afghanistan, Pakistan, Iraq, Yemen, Libya, Somalia, and even the Philippines, killing thousands of people around the world. It is not Putin, but rather, Barack Obama, who has been sending highly-trained killers into over 100 countries around the world at any given time, waging a “secret war” in most of the world’s nations. It was not Russia, but rather the United States, that has supported the creation of “death squads” in Iraq, contributing to the mass violence, civil war and genocide that resulted; or that has been destabilizing Pakistan, a nuclear-armed nation, increasing the possibility of nuclear war.
Quelle: The Hampton Institute
- Robert Skidelsky – Kennans Rache
- Sammelt alles, schnüffelt alles aus, nutzt alles aus
Der Journalist Glenn Greenwald hat Edward Snowden geholfen, den NSA-Skandal scheibchenweise ans Licht zu bringen. Morgen wird es wohl neue Schlagzeilen geben – denn Greenwalds Buch erscheint. Es hat alles, was einen spannenden Roman ausmacht, meint unsere Rezensentin. Die schiere Möglichkeit der Überwachung scheine die Verantwortlichen dazu zu bringen, jedes Maß zu verlieren.
Dieses Buch ist das, was die Angelsachsen einen Page-Turner nennen: ein Buch, das man nicht aus der Hand legen mag, bis man es ausgelesen hat. Es besitzt alles, was einen spannenden Roman ausmacht: es gibt Helden und Schurken, es geht um Macht und Moral und um die Frage: was hat das alles mit mir zu tun?
Quelle: DeutschlandfunkGlenn Greenwald: Die globale Überwachung. Der Fall Snowden, die amerikanischen Geheimdienste und die Folgen,
Droemer Verlag, 368 Seiten, 19,99 Euro ISBN: 978-3-426-27635-8 - Neue Steuer-Schlupflöcher für Amazon, Apple und Ikea
Eigentlich wollen Europas Regierungen gemeinsam gegen die Steuertricks der Konzerne vorgehen. Doch nun fallen einige Staaten den anderen in den Rücken – und führen sogar neue Schlupflöcher ein.
Der 6. September 2013 war für Angela Merkel ein Tag der Abwechslung. Stundenlang hatte die Kanzlerin beim Gipfeltreffen der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer in St. Petersburg vergeblich um eine gemeinsame Position zum Syrien-Konflikt gerungen. Da tat es gut, dass am Abend bei einem Glas Wein wenigstens Wolfgang Schäuble einen Erfolg verkünden konnte: Die G-20-Finanzminister hätten beschlossen, berichtete der Ressortchef, sich von international tätigen Konzernen in Steuerfragen nicht mehr gegeneinander ausspielen zu lassen. Mit den Gewinnverschiebereien zulasten des Fiskus müsse Schluss sein.
Quelle: Süddeutsche Zeitung - Gespräche unter „guten Freunden“
Noch ist der Widerstand gegen das geplante europäisch-amerikanische Freihandelsabkommen (TTIP) nicht verklungen, schon sind nun Verhandlungen über ein weiteres umstrittenes Abkommen bekanntgeworden. Seit 2012 wird über einen internationalen Vertrag zum Handel mit Dienstleistungen (Trade in Services Agreement, TISA) hinter verschlossenen Türen verhandelt.
Unter Federführung der USA und der EU begannen insgesamt 50 Länder den neuerlichen Verhandlungsprozess. Unter diesen „wirklich guten Freunden von Dienstleistungen“, wie sie sich selbst nennen, sind 23 WTO-Mitglieder darunter Australien, Chile, Kanada, die Schweiz, Japan und die EU. Diese repräsentieren mehr als zwei Drittel des globalen Handels mit Dienstleistungen.
Offenbar ist den USA dieses Abkommen auch von der Reihenfolge her wichtiger als das TTIP, wie aus einem Schreiben der EU-Kommission hervorgeht. Die aktuelle Verhandlungsrunde startete vergangenen Montag in Genf. Kritiker schlagen Alarm, befürchten sie doch, dass TISA über das umstrittene bisherige GATS-Abkommen noch weit hinausgeht.
Im Fokus stehen bei TISA die weitere Deregulierung und Liberalisierung von öffentlichen Dienstleistungen wie etwa die Gesundheits-, Wasser- und Energieversorgung, Bildung und – trotz der nicht lange zurückliegenden Finanzkrise – der Finanzsektor. Es wird aber ausdrücklich im Vertragsentwurf festgehalten, dass die Bereiche jederzeit ausgeweitet werden können.
Quelle: ORF - EU verschärft Entsenderichtlinie
Im Kampf gegen Minilöhne und Sozialdumping verschärft die EU die Regeln zur Entsendung von Arbeitern ins Ausland. Das Europaparlament verabschiedete gestern [16.4.2014] abschließend eine entsprechende Neufassung der sogenannten Entsenderichtlinie aus den Jahr 1996. Vorgesehen sind striktere Auflagen für Unternehmen, die Arbeitnehmer in ein anderes Land entsenden. Ziel ist es, klar zwischen einer „echten Entsendung“ von Arbeitern und einer Umgehung der geltenden Bestimmungen zu unterscheiden – etwa durch Briefkasten-Firmen, die in Ländern mit einem schwachen Arbeits- und Sozialschutz gegründet werden. Auch wurde die Definition von Scheinselbstständigkeit klarer gefasst. Grund für die neuen Vorschriften waren Klagen über Missbrauch und Niedriglöhne etwa in der Baubranche. Betroffen sind rund 1,2 Millionen Arbeitnehmer, die in der EU zeitweilig in andere Mitgliedstaaten geschickt werden.
Der in monatelangen, harten Verhandlungen zwischen Unterhändlern des Parlaments und der 28 EU-Staaten ausgehandelte Kompromiss enthält zwar eine Minimalliste nationaler Kontrollmaßnahmen. Jedes Land kann aber wie bisher weitgehend selbst über seine Kontrollen entscheiden. Die Forderung nach einem EU-weiten System für eine gemeinsame Haftung von Hauptauftraggebern und Subunternehmern, etwa für unbezahlte Löhne, für alle Branchen, fand keine Mehrheit. Die Neuregelung enthält eine solche Gesamthaftung nur für das Baugewerbe. Damit werde es auch in Zukunft keine „effektiven Instrumente gegen die massive Ausbeutung entsandter Arbeitnehmer geben“, kritisierte die SPD-Politikerin Jutta Steinruck. Ziel sei es gewesen, diese Form der „modernen Sklaverei“ abzuschaffen.
Quelle: WeserkurierAnmerkung Orlando Pascheit: Leider wurde die Neufassung der NDS-Lesern wohl bekannten Entsenderichtlinie aus den Jahr 1996 in den Medien kaum diskutiert. Frank Schmidt-Hullmann von der IG Bau ist davon zeugt, dass die Ausbeutung ausländischer Bauarbeiter durch die neue Entsenderichtlinie nicht bekämpft wird:
Die neue Richtlinie ist eine Mogelpackung
Niedrige Löhne, miese Unterbringung, Ausbeutung auf der ganzen Linie. Auf bis zu 80 Prozent aller Baustellen in Deutschland, schätzt die IG Bau, wird betrogen. Die EU wollte das ändern und macht alles nur noch schlimmer. Schmidt-Hullmann beklagte, dass die osteuropäischen Länder wie Polen eine schärfere europäische Regelung verhindert hätten. Dort habe sich eine kriminelle Industrie entwickelt, die die Arbeiter auf Umwegen über Briefkastenfirmen um ihre Mindestlöhne bringe. So sei es durchaus üblich, den Arbeitern bei Auslandseinsätzen Geld für Reise und Unterkunft vom Mindestlohn abzuziehen – eine zum Beispiel nach deutschem Recht illegale Praxis. “Es muss ohne Wenn und Aber das Arbeitsort-Prinzip gelten, es sei denn, die mitgebrachten Bedingungen sind günstiger für die Beschäftigten.”
Quelle: WDR 5 - Osteuropäische Arbeitskräfte in Deutschland
Etwa 1,2 Millionen Zuwanderer aus den ost- und südosteuropäischen EU-Ländern leben in Deutschland. Rund 500.000 haben einen Fulltime-Job, jeder zweite im Niedriglohnsektor. Wie viele von ihnen von deutschen Arbeitgebern betrogen oder ausgebeutet werden, dazu gibt es keine Statistiken. Erzwungene Schwarzarbeit, Scheinselbstständigkeit oder illegale Akkord-Löhne gehören zum Alltag.
Quelle: Deutschlandfunk - Klimabericht zensiert
Der jüngste UN-Klimareport ist in wichtigen Passagen gekürzt und verwässert worden. Bei den Verhandlungen hinter verschlossenen Türen vor gut einem Monat in Berlin entfernten Regierungsdelegationen aus politischen Gründen umfangreiche Textteile und Grafiken aus dem wichtigsten Teil der Studie, der “Zusammenfassung für Entscheidungsträger” (SPM). Das belegen Aussagen von Teilnehmern der Verhandlungen sowie Dokumente, die der taz vorliegen. Die Forscher hatten erwähnt, wie mangelhaft der Klimaschutz trotz der Vorgaben des Kioto-Protokolls bislang vorangekommen ist, dass Schwellenländer wie Indien, China und Brasilien nicht zum Klimaschutz verpflichtet sind und dass sich alle Staaten geeinigt haben, ab 2020 ein bindendes Abkommen zu schließen. Solche Selbstverständlichkeiten stießen aber bei vielen Schwellen- und Entwicklungsländern auf Widerstand. Von eineinhalb Seiten Text blieb in der Endfassung nur noch eine magere halbe Seite übrig. Ebenso zensiert wurden drei Grafiken, die den Zusammenhang zwischen höheren Einkommen und steigenden Emissionen von Klimagasen zeigen. Vor allem Staaten wie China, Indien oder Brasilien legen demnach rasant bei ihren Emissionen zu. Auch hier intervenierte nach Informationen von Teilnehmern in den vertraulichen Sitzungen eine große Gruppe um China, Indien, die Philippinen, Katar und die Malediven und versteckte die Darstellungen in der wenig gelesenen “Technischen Zusammenfassung”.
Quelle: tazAnmerkung Orlando Pascheit: Wer glaubt eigentlich noch daran, dass es zu einer global abgestimmten Drosselung der Klimagase kommen wird? Und wer kann es den Schwellen- und Entwicklungsländern vergelten, unseren “way of life” anzustreben. Wie heuchlerisch ist die Aufforderung der alten Industrieländer, die Schwellenländer sollten eine höhere Klimaschutzverpflichtung übernehmen. Konsumieren wir doch zu einem großen Teil, was in Schwellenländern wie China produziert wird. Fast jede Woche geht in China ein neuer Kohlemeiler in Betrieb. Allein in den vergangenen zehn Jahren ist die weltweite Förderung von Kohle fast unbemerkt von der Öffentlichkeit um knapp 60 Prozent gewachsen. Die Nachfrage nach Kohle stieg damit fast doppelt so stark an wie die nach Erdgas und viermal so stark wie die nach Erdöl. Und Deutschland: Ausdrücklich beklagt die IEA in ihrem globalen Bericht auch die Renaissance der Kohle im Energiewendeland Nummer eins.
- Reiche Kommunen hängen klamme Städte und Gemeinden ab
Deutsche Kommunen haben im vergangenen Jahr dringend notwendige Investitionen in Höhe von 118 Milliarden Euro unterlassen. Diese Summe hätte in Infrastruktur wie Straßen oder Schulen gesteckt werden müssen, teilte die staatliche Förderbank KfW mit. Sie befragte Experten aus 378 Städten und Gemeinden sowie aus 101 Landkreisen.
Die Gemeinden haben demnach vergangenes Jahr gut 25 Milliarden Euro in die Hand genommen und damit etwa Straßen gebaut, Brücken erneuert, Schulen modernisiert und Kitaplätze geschaffen. Dennoch stehen Deutschlands Kommunen laut KfW weiter vor einem gigantischen Investitionsstau. Zwar sank der Rückstand bei den Investitionen laut der Umfrage im vergangenen Jahr um zehn Prozent, doch KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner sieht dennoch Handlungsbedarf. “Von Entwarnung kann keine Rede sein”, sagte er. Denn finanziell angeschlagene Gemeinden würden zunehmend abgehängt. “Die schwachen Kommunen sind eher schwächer geworden. Die Schere zwischen den Kommunen geht weiter auf”, sagte Zeuner.
Die meisten Ausgaben fehlen laut der Umfrage im Bereich Straßen und in der Verkehrsstruktur. Hier wird der Rückstand auf 31 Milliarden Euro beziffert. Im Schulbereich müssten demnach 24 Milliarden Euro investiert werden.
Quelle: SPIEGEL OnlineAnmerkung JK: Da muss man sich doch sehr wundern, dass aktuell schon wieder von Steuerentlastungen schwadroniert wird.
- Weltkriegsveteranen bauten geheime Armee auf
Rund 2000 ehemalige Offiziere der deutschen Wehrmacht und der Waffen-SS betrieben nach Informationen des SPIEGEL ab 1949 den Aufbau einer Armee von rund 40.000 Mann. Die Aktion fand hinter dem Rücken von Bundesregierung und Öffentlichkeit statt. Hauptorganisator war der spätere Heeresinspekteur der Bundeswehr, Albert Schnez. Waffen sollten im Ernstfall aus Beständen der Bereitschaftspolizei kommen; ein Mitstreiter von Schnez hatte Zugriff darauf, weil er im Innenministerium arbeitete.
Das Netzwerk von Schnez warb Spenden bei Unternehmen ein, besprach mit Speditionen, welche Fahrzeuge diese zur Verfügung stellen konnten, und betrieb einen sogenannten Abwehrapparat. Dieser bespitzelte angeblich oder tatsächlich linke Bürger und Politiker wie den späteren SPD-Fraktionschef Fritz Erler.
Die konspirative Schnez-Truppe wollte sich den SPIEGEL-Informationen zufolge bei einem sowjetischen Angriff zunächst ins Ausland absetzen und dann von dort aus die Bundesrepublik freikämpfen. Zugleich bereitete sie sich auf einen Einsatz im Inland gegen Kommunisten vor, für den Fall eines Bürgerkriegs.
Quelle: SPIEGEL Online - DFB neutralisiert “Kein Fußball den Faschisten”
“Kein Fußball den Faschisten” – dieser Spruch schmückt die Gegengerade am Millerntor in Hamburg. Außer, wenn die DFB-Nationalmannschaft gastiert, um im Stadion des FC St. Pauli zu trainieren.
Heute ist nur noch “Kein Fußball” zu lesen, der Rest wurde versteckt. Grund: “Laut dem Pressesprecher der Nationalmannschaft gilt für alle DFB-Veranstaltungen, dass keine politischen Statements zu sehen sein dürfen. Daher wurde der Teil von “Kein Fußball den Faschisten” neutralisiert.” Das teilte mir der Pressesprecher des FCSP auf Anfrage mit.
Quelle: publikative.orgAnmerkung JB: Damit zeigt der DFB, wie „wichtig“ für ihn der Kampf gegen Rechts ist.
- Kabinett bestätigt Schavan als Botschafterin im Vatikan
Die 58-jährige Katholikin wird die erste Frau auf diesem Posten sein. Die Besonderheit liegt allerdings anderswo: In Deutschland ist es ziemlich ungewöhnlich, dass Politiker auf Botschafterstellen wechseln. Hinzu kommt, dass Schavan nach dem Verlust des Doktortitels wegen einer teilweise abgeschriebenen Dissertation streng genommen auch keinen Hochschulabschluss mehr hat. Sie hatte 1980 ihr Studium mit “Direktpromotion” abgeschlossen. Im Auswärtigen Amt gab es deshalb einiges Murren über die Personalie, auf die sich Union und SPD insgeheim schon bei ihren Koalitionsverhandlungen im vergangenen Herbst verständigt hatten. Offiziell begründet wurde die Ernennung auch damit, dass Schavan eine “engagierte und profilierte Katholikin” sei. Zudem lässt sich bei beiden Kritikpunkten darauf verweisen, dass es in der jüngeren deutschen Diplomatie vergleichbare Fälle gab, auch im Vatikan. Zwischen 1995 und 1997 war dort bereits der CDU-Politiker Philipp Jenninger als Botschafter tätig, der sein Amt als Bundestagspräsident wegen einer umstrittenen Rede zur deutschen NS-Vergangenheit verloren hatte. Und was den fehlenden Hochschulabschluss abgeht: Der grüne Außenminister Joschka Fischer ernannte seinerzeit auch schon Leute zu Botschaftern, die die Universität nicht zu Ende gebracht hatten.
Quelle: RP OnlineAnmerkung Orlando Pascheit: Man mag zum Papsttum kritisch stehen, der Papst bleibt das geistliche Oberhaupt von über einer Milliarde Menschen und er gilt selbst darüber hinaus als moralische Instanz, der man Aufmerksamkeit schenkt. Insofern ist es seitens der Kanzlerin äußerst stillos, eine Frau, die bis zuletzt in einem geradezu peinlichen Ausmaß um ihren ermogelten Titel kämpfte, als “engagierte und profilierte Katholikin” als Botschafterin in den Vatikan zu schicken. Für den gläubigen Katholiken ist dieser Akt nicht nur eine Beleidigung des irdischen Stellvertreter Jesu Christi, sondern für jeden, der sich redlich bemüht, nicht der “Superbia” zu verfallen, eins der sieben Hauptlaster katholischer Morallehre, der Frau Schavan leider bis heute nicht zu entsagen versucht. (Ich möchte ausdrücklich betonen, dass ich selbst zumindest periodisch manchem Laster verfallen bin, Menschen kenne und schätze, denen es nicht anders geht. Aber eine Frau, die so uneinsichtig, sowenig selbstreflexiv mit sich selbst umgeht, wäre für jedes öffentliche Amt eine Zumutung.)
- „Sarrazin ist kein Intelligenzforscher“
Der Soziologe und Anarchist Andreas Kemper (* 11. April 1963) arbeitet zu den Themenschwerpunkten Bildungsbenachteiligung, Klassismus und antifeministische Männerrechtsbewegung. Er ist Autor u.a. von „Rechte Euro-Rebellion: Alternative für Deutschland und Zivile Koalition e. V.“ (edition assemblage, Münster 2013) und „Sarrazins Correctness: Ideologie und Tradition der Menschen- und Bevölkerungskorrekturen“ (Unrast, Münster 2014). Über seine neuen Werke, Direkte Demokratie, Anarchismus, AfD, Sarrazin und antifaschistische Perspektiven sprachen mit ihm Graswurzelrevolution-Redakteur Bernd Drücke, GWR-Mitherausgeber Matthias Schmidt und GWR-Praktikant Volkan.1 (…)
Bernd Drücke: Kannst Du genaueres zum Inhalt Deines neuen Buches „Sarrazins Correctness“ sagen?
Andreas Kemper: Ich gehe kurz im ersten Kapitel auf Sarrazins Thesen ein. Im zweiten Teil erörtere ich seine Korrektionslinien. Vor hundert Jahren gab es in Deutschland Korrektionsanstalten, „correction camps“ im Englischen, da kamen Landstreicher, Prostituierte, Alleinerziehende, Kinder, die von zuhause abgehauen sind, straffällig gewordene Jugendliche usw. rein. Die sollten alle korrigiert werden. Das ist quasi ein Vorläufer des Hartz IV-Systems mit seiner Verfolgungsbetreuung. Die geht dem Sarrazin nicht weit genug. Er sagt, dass die Arbeitslosen noch viel stärker an die Kandare genommen werden müssten. In den Korrektionsanstalten wurde damals festgestellt, dass sich die Menschen gar nicht beliebig korrigieren ließen, also wurde gefolgert, dass sie komplett falsch, dekadent seien. Also müsse man zu Bevölkerungskorrekturen greifen. Daraus hat sich die Rassenhygiene entwickelt. Das ist ein fließender Übergang, den auch Sarrazin vollzogen hat. Ursprünglich hat er klassistisch gegen die Unterschichten gehetzt. Dann kam er plötzlich auf den Trichter, dass es bei einigen gar nicht ginge, die seien bildungsunfähig. Auch die beste Schule könne ein dummes Kind nicht klug machen, da müssten wir dafür sorgen, dass die gar nicht erst geboren werden. Das ist die Eugenik.
Bernd Drücke: Du warst jahrelang Wikipedia-Mitarbeiter und bist ins Visier der Rechten geraten, die rechte Wochenzeitung Junge Freiheit hat 2009 ein ganzseitiges „Porträt“ über Dich gebracht: „Wissen ist Macht. Ein Klassenkämpfer plustert im Online-Lexikon sein Gefieder auf: Fallbeispiel eines Wikipedia-Autoren“. Wie waren da die Hintergründe?
Andreas Kemper: Ich konnte damals aufzeigen, dass ein Wissenschaftler, der bei Wikipedia mitgearbeitet hat, Volkmar Weiss, der Bücher zur Rassenhygiene herausgegeben hat, wo es um Vererbung von Intelligenz usw. ging, in Wikipedia manipuliert und verschiedene Accounts angelegt hat. Das habe ich herausgefunden. Wir sind mit unseren unterschiedlichen Einstellungen sofort aufeinander zugerast wie zwei Dampflokomotiven, er ist aus Wikipedia rausgeflogen. Ich bin kein Administrator, ich konnte das nicht entscheiden, sondern nur zeigen, dass er manipuliert hat – das wurde überprüft, es wurde bestätigt, er ist rausgeflogen. Dann hat er gegen mich eine Kampagne gestartet, er hat beim Institut für Soziologie angerufen, ob ich überhaupt dort studieren würde, meine Intelligenz würde gar nicht ausreichen für eine Dissertation.
Dann gab es plötzlich einen Artikel in der Jungen Freiheit, diesem neurechten Blatt mit rechtsextremen Tendenzen, wo ich pathologisiert werden sollte. Das passt doch ganz gut in das Schema der Korrektionsanstalten. Und der Autor, der da über mich geschrieben hat, war auch der erste, der erkannt hat, dass Sarrazin sich im eugenischen Fahrwasser bewegt. Die benennen das natürlich viel direkter als es Sarrazin lieb ist. Sarrazin hat auch tatsächlich von dem Volkmar Weiss abgeschrieben, also von diesem Wissenschaftler, mit dem ich bei Wikipedia Probleme hatte. Und Sarrazin ist ja alles, nur kein Intelligenzforscher, der hat alles übernommen, zum Teil wortwörtlich abgeschrieben. Sarrazin hat zwar später gesagt, dass er Weiss nur zitiert hätte, wenn es um die DDR gegangen wäre. Aber das stimmt nicht. Da gab es plötzlich ein temporäres „Bündnis“ zwischen mir und diesem Volkmar Weiss, weil wir beide gesagt haben, dass Sarrazin sich sehr wohl bei ihm bedient hätte.
Quelle: Linksnet - Warum ich nicht mehr für die TAZ schreibe
Anfang 2014 bestellte die TAZ bei mir eine Reportage über die Familienangehörigen von Arnaldo Otegi, dem Generalsekretär der baskischen Linkspartei SORTU. Im Februar wurde der Text von der Reportagen-Redaktion mit dem Hinweis, er sei nicht nah genug an den Personen und man erfahre nichts über „ihre Lebenslügen“, abgelehnt. Eine Überarbeitung wurde mir nicht vorgeschlagen, ein Ausfallhonorar nicht angeboten. Auch auf zwei Anschreiben an die Chefredaktion hat die TAZ nicht regiert.
Bei mir verfestigt sich damit der Eindruck, dass es in der TAZ handfeste Formen von politischem Ausschluss und Zensur gibt. […]
Ich weiß, dass sich einige RedakteurInnen in der TAZ sehr um gesellschaftskritischen Journalismus bemühen. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die TAZ oft die Funktion ausübt, rechte Positionen in der Linken durchzusetzen. So werden Militärinterventionen stark gemacht, die Spaltung von Linken in „vernünftige Moderate“ und „durchgeknallte Fundamentalisten“ forciert, soziale Bewegungen diskreditiert usw.
Bislang habe ich versucht, zumindest gelegentlich auch in der Zeitung kritische Gegenpositionen zu formulieren. Aber die Tatsache, dass sich die TAZ selbst den einfachsten Auseinandersetzungen um kontroverse Texte und Themen entzieht, zeigt mir, dass das keinen Sinn mehr hat.
Aus diesem Grund habe ich mich entschieden, für die TAZ auch keine anderen, inhaltlich „unverfänglicheren“ Texte mehr zu liefern.
Quelle: Raul Zelik