Eine gigantische Steuerumverteilung – Die Steuerbeschlüsse der großen Koalition spülen bis 2010 fast 140 Milliarden Euro zusätzlich ins Staatssäckel
Mit 60 Milliarden Euro jährlich entlastete die Regierung Schröder mit ihrer Steuerreform im Jahre 2000 vor allem Unternehmen, Kapital- und Vermögenseinkommen, Spitzenverdiener und nur zu einem kleinen Teil die untersten Lohneinkommen. Die große Koalition holt nun durch ihre Steuerbeschlüsse von 2007 bis 2010 mit durchschnittlich 35 Milliarden Euro pro Jahr mehr als die Hälfte der rot-grünen „Steuergeschenke“ wieder zurück und zwar ganz überwiegend von den unteren und mittleren Lohneinkommensbeziehern. Das mittlere Drittel der Beckschen „Dreidrittelgesellschaft“ ist somit durch die Steuerpolitik des ersten Jahrzehnts in diesem Jahrhundert doppelt gekniffen: Es profitierte von der „größten Steuersenkung in der Geschichte“ unter Rot-Grün kaum und die große Koalition greift ihm mit ihren zahlreichen Steuerbeschlüssen jetzt zur „Sanierung“ der durch die Steuergeschenke gerissenen Haushaltslöcher dafür um so kräftiger in den Geldbeutel. Die Unternehmen wiederum sollen um bis zu 16 Milliarden Euro entlastet werden.
Vor allem durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 % ( das ergibt ein Steuereinnahmeplus von rd. 90 Milliarden Euro) zusammen mit der dreiprozentigen Erhöhung der Versicherungssteuer (plus 6,6 Milliarden Euro), dem Auslaufen der Eigenheimzulage (plus 10,4 Milliarden Euro), den Kürzungen bei der Pendlerpauschale (plus 8,7 Milliarden Euro) und durch die anderen Steuerbeschlüsse der großen Koalition (nämlich die Kürzung des Sparerfreibetrags, der Wegfall des Steuervorteils für häusliche Arbeitszimmer, Kindergeld statt bis zum 27. nur noch bis zum 25. Lebensjahr, der Wegfall der Bergmannsprämie, der Wegfall der Freibeträge für Abfindungen und Übergangsgelder, der Wegfall des Freibetrags für Heirats- und Geburtshilfen, der Abschaffung des Sonderabzugs für private Steuerberatungskosten) kassiert der Staat in den kommenden vier Jahren fast 140 Milliarden zusätzlich. Das berichtete die Süddeutsche Zeitung vom 25. 9.06 im Wirtschaftsteil unter Bezugnahme auf ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums an die FDP-Bundestagsfraktion.
Der Löwenanteil dieser Mehreinnahmen wird, wie man aus der oben genannten Liste unschwer entnehmen kann, von den mittleren und kleineren Einkommensbeziehern beigesteuert. Die Spitzeneinkommen sind lediglich durch die Reichensteuer die etwa 4,5 Milliarden bringen soll und teilweise noch durch die Einschränkungen von Steuersparmodellen mit 8 Milliarden besonders herangezogen.
Mit den bisherigen Steuerbeschlüssen der großen Koalition werden in der Summe mehr als die Hälfte der Entlastungen der rot-grünen Steuerreform aus dem Jahr 2000 mit knapp 60 Milliarden Euro pro Jahr wieder „aufgezehrt“, schreibt die SZ.
Bei dieser Rechnung wird allerdings ausgespart, dass mit der rot-grünen Steuerreform die Einnahmen aus der Lohnsteuer auf die Arbeitnehmerentgelte gerade mal von 12, 3 auf 10,9 % (trotz Senkung des Spitzensteuersatzes) zurückgegangen sind, die Steuereinnahmen aus der veranlagten Einkommensteuer, nicht veranlagter Steuer vom Ertrag, Zinsabschlag- und Körperschaftssteuer (einschließlich Rückerstattungen) in Anteilen an den Unternehmens- und Vermögenseinkommen haben sich hingegen auf einen Anteil von 6,7 % halbiert (Jahnke global news 03-11-05).
Es ist also nicht zuviel gesagt, dass die Schröderschen Steuerentlastungen überwiegend den Kapitaleinkommensbeziehern und den Unternehmen zugute kamen, während die Steuermehreinnahmen durch die Steuerbeschlüsse der großen Koalition weit überwiegend von den mittleren und kleineren Einkommen finanziert werden. Eine gigantische Steuerumverteilung von unten und der Mitte nach oben, vor allem zugunsten der Kapitaleinkommen.
Dem aber nicht genug: Durch die geplante Reform der Unternehmenssteuern soll es einen weiteren Steuernachlass für Aktiengesellschaften und GmbHs nicht „nur“ um die öffentlich gehandelten 5 Milliarden, sondern nach Berechnungen des NRW-Finanzministerium sogar um 16 Milliarden Euro geben [PDF – 185 KB]. Die gigantische Steuerumverteilung und die laut Monitor „unglaubliche Entlastung deutscher Unternehmen“ gehen also weiter.